ADAC Test: Viele Bike+Ride-Anlagen im Umland von Großstädten sind gut
Wie bequem und sicher sind Bike+Ride-Anlagen im Umland von Großstädten? Der ADAC hat das an 80 Bahnhöfen in Deutschland getestet.
Großteil schnitt gut oder sehr gut ab
Oft zu wenig Platz zum Anschließen der Räder
Umfrage: Bike+Ride hat Potenzial
Mit dem Bike zum örtlichen Bahnhof und dann mit öffentlichen Verkehrsmitteln in die Stadt: Das machen regelmäßig Hunderttausende Menschen – um zur Arbeit zu kommen oder in ihrer Freizeit. Diese Art der Mobilität hält fit und schont das Klima. Doch ist sie auch bequem und sicher? Das hat der ADAC im Umland der zehn Großstädte Berlin, Bremen, Frankfurt am Main, Hamburg, Hannover, Kiel, Köln, Leipzig, München und Stuttgart von April bis Juni 2024 getestet.
Ergebnisse aus dem großen ADAC Test

An 80 Bahnhöfen in den pendlerstärksten Umlandgemeinden hat der ADAC die Quantität und Qualität der Bike+Ride-Anlagen (B+R) gecheckt. Die Ergebnisse: Der Großteil hat "sehr gut" (14) oder "gut" (42) abgeschnitten. Nur wenige sind am Ende mit "sehr mangelhaft" (5) durchgefallen. Bundesweit und auch innerhalb der städtischen Einzugsgebiete gibt es teilweise große Unterschiede. Wie der Test zeigt, ist das Umland von Leipzig trotz einiger gut bewerteter Bahnhöfe am dürftigsten ausgestattet.
In Alfter-Impekoven bei Köln, Korntal und Renningen bei Stuttgart, Sarstedt bei Hannover und dem Bremer Vorort Ritterhude stehen die B+R-Anlagen, die im ADAC Test am besten abschnitten. Die schlechtesten Bewertungen erhielten B+R-Anlagen in Weilerswist bei Köln, Calw bei Stuttgart sowie die Leipziger Vororte Brehna, Gräfenhainichen und Großlehna. An den drei letztgenannten Bahnhöfen existieren entweder nur Vorderradhalter oder es gibt gar keine Bike+Ride-Ausstattung.
Die Detail-Ergebnisse aller getesteten Anlagen finden Sie unten im Artikel.
Felgenkiller sind K.O.-Kriterium
Ihr Augenmerk legten die ADAC Testerinnen und Tester zum Beispiel auf möglichst kurze Entfernungen zum Gleis, kipp- und diebstahlsichere Halter, an denen das Vorderrad und der Fahrradrahmen angeschlossen werden können, Überdachungen und eine ausreichende Zahl an freien Stellplätzen. Je bequemer und sicherer die B+R-Anlagen, desto besser die Ergebnisse im Test. Die Zahlenwerte wurden zum einfacheren Verständnis in Symbole und ADAC Noten übersetzt. Ein K.O.-Kriterium war indes, wenn nur Vorderradhalter, auch Felgenkiller genannt, vorhanden waren.
Die häufigsten Mängel an B+R-Anlagen

Im Rahmen seines Tests hat der ADAC die grundlegende Ausstattung, Lage, freien Kapazitäten und Sonderausstattung der Bike+Ride-Anlagen ausgewertet. Die vier Prüfkategorien wurden in dieser Reihenfolge unterschiedlich stark gewichtet. Generell ist aufgefallen: An den überprüften B+R-Anlagen im Umland großer Städte gab es fast immer freie Kapazitäten. Abschließbare Fahrradgaragen oder -boxen – sofern überhaupt vorhanden – waren oft stärker ausgelastet als offene Stellplätze.
Im Test kam es durchaus vor, dass die nah am Gleis gelegenen und überdachten B+R-Anlagen sehr voll waren, wogegen die weiter entfernten und nicht überdachten eher leer geblieben sind. Die Bewertungen des ADAC beziehen sich daher immer auf das Angebot des gesamten Bahnhofs.
Oft mangelt es an Ausstattung. Einfache Überdachungen und gute Anschließoptionen waren nicht überall ausreichend vorhanden. Zusätzliche Annehmlichkeiten wie Schließfächer, etwa für Helme und Regenbekleidung, sowie Ladestationen für E-Bikes gab es an den getesteten Orten meist nicht. Mit 81 Prozent das häufigste Problem an B+R-Anlagen: zu wenig Platz zum Anschließen des Fahrrads. Abschließbare Fahrradgaragen oder -boxen waren an der Hälfte der Bahnhöfe nicht verfügbar. Beides erschwert es, Bikes schnell und geschützt abzustellen.
Immerhin: Es tut sich etwas. An mehreren Bahnhöfen im Umland der Großstädte werden derzeit neue Abstellmöglichkeiten für Fahrräder gebaut oder sind nach ADAC Informationen geplant.
Umfrage: Viele würden Bike+Ride nutzen
Bike+Ride hat Potenzial. Das zeigt eine bundesweite Umfrage des ADAC aus dem Frühjahr 2024 unter rund 1400 Fahrradfahrerinnen und -fahrern. 50 Prozent können sich vorstellen, diese Art der Mobilität für die Arbeitswege zumindest gelegentlich zu nutzen, und 63 Prozent in der Freizeit – sofern es an einem wohnortnahen Bahnhof die Möglichkeit dazu gibt. Diejenigen, die B+R dagegen nicht nutzen möchten, begründen es in der ADAC Umfrage überwiegend damit, dass sie nie oder nur selten mit dem ÖPNV fahren.
Der Test im Umland von Großstädten zeigt, dass die räumlichen Voraussetzungen oft stimmen. Die meisten Bike+Ride-Anlagen liegen in der Nähe des Bahnhofszugangs: Im Test-Durchschnitt wurden die Anforderungen dieser Kategorie zu 86 Prozent erfüllt.
Ergebnisse aller Bahnhöfe im Detail
Alle Ergebnisse zur Ausstattung der getesteten Anlagen finden Sie hier:
Empfehlungen an Betreiber und Politik
Gute Bike+Ride-Anlagen mit ausreichend Stellplätzen können für viele Pendlerinnen und Pendler ausschlaggebend sein, das Auto stehen zu lassen und auf das Fahrrad und den ÖPNV umzusteigen. Hierfür müssen Betreibergesellschaften und politische Entscheidungsträger in den Kommunen aus Sicht des ADAC noch mehr tun.
Der Mobilitätsclub empfiehlt deshalb, dass B+R-Anlagen ...
... möglichst nah an Bahnhofszugängen liegen, um die Akzeptanz zu erhöhen und zugleich die Anzahl frei abgestellter Fahrräder zu minimieren.
... über genügend Abstellplätze verfügen und überdacht sind, um Wetterschutz zu bieten.
... komfortables, kipp- und diebstahlsicheres Abstellen von Fahrrädern ermöglichen und deshalb über Haltertypen verfügen, an denen man den Rahmen und das Laufrad anschließen kann.
... genügend Abstellplätze in abschließbaren Fahrradgaragen und -boxen vorhalten, damit auch hochwertige Fahrräder oder E-Bikes vor Diebstahl und Vandalismus geschützt sind.
... idealerweise E-Lademöglichkeiten, Schließfächer, Wartungsstationen zum Selbstservice und Abstellplätze für größere Fahrräder (z.B. Lastenräder, Fahrradanhänger) bieten.
... mindestens zweimal jährlich durch angekündigte Säuberungsaktionen im Wissen oder Beisein der Polizei von Schrotträdern befreit werden.
... regelmäßig hinsichtlich ihrer Auslastung überprüft werden, um auf zusätzlichen Bedarf schnell reagieren zu können.
... überall dort eingerichtet werden, wo die Chancen für einen Umstieg vom Auto auf die Kombination von Fahrrad und Bahn besonders groß sind.
... weiterhin gefördert werden, wie im Rahmen der bundesweiten Bike+Ride-Offensive mit Beratungsleistungen und finanziellen Zuschüssen.
So hat der ADAC getestet

Der ADAC Test der Bike+Ride-Anlagen fand zwischen April und Juni 2024 außerhalb der Ferien statt. Damit beauftragt war PGV-Alrutz, ein im Bereich Radverkehr renommiertes Planungsbüro aus Hannover. Einzelne Nachprüfungen gab es im Juli 2024, um zum Beispiel neu gebaute B+R-Anlagen zu begutachten, die zum eigentlichen Testzeitpunkt kurz vor der Eröffnung standen.
Zunächst wurden die zehn einwohnerstärksten Städte Deutschlands ausgewählt, pro Bundesland wurde eine berücksichtigt: Berlin, Bremen, Frankfurt, Hamburg, Hannover, Kiel, Köln, Leipzig, München und Stuttgart. Danach wurden insgesamt 80 pendlerstarke Umlandgemeinden mit maximal 25.000 Einwohnern selektiert, sofern diese einen Bahnanschluss haben oder in einer angemessenen Zeit mit dem Fahrrad erreichbar sind. Der ADAC Test berücksichtigt alle dem Bahnhof zugehörigen Fahrrad-Abstellanlagen im Umkreis von 100 Metern Luftlinie.
Die Testerinnen und Tester prüften somit rund 240 B+R-Anlagen an bundesweit 80 Bahnhöfen. Auf Basis einer Checkliste erfassten sie vor Ort alle wichtigen Merkmale, führten Messungen durch und machten Belegfotos. Mit unterschiedlicher Gewichtung wurden Ausstattung (40 Prozent), Lage (30 Prozent), freie Kapazitäten (20 Prozent) und Sonderausstattungen (10 Prozent) mit Punkten bewertet. Aus diesen mathematischen Ergebnissen entstanden die ADAC Urteile "sehr gut" bis "sehr mangelhaft".