Defekte Diesel-Partikelfilter: Ford ruft 770.000 Autos zurück

Abgasuntersuchung beim TÜV
Seit Mitte 2023 wird bei der AU/HU die Partikelzahl am Auspuff gemessen© ProMotor/T.Volz

Rückrufaktion: Weil auffällig viele Ford-Diesel-Modelle schon beim ersten TÜV (HU/AU) durchgefallen sind, zieht Ford die Reißleine – auch auf Druck des ADAC. Welche Modelle betroffen sind, und wie es jetzt weitergeht.

  • Reparaturkosten bis zu 3000 Euro

  • Ford-Diesel mit Euro-6-Norm müssen in die Werkstatt

  • Alle betroffenen Halter werden angeschrieben

Ford-Diesel bei erster AU durchgefallen

Ein blaues Auto fährt über Land
Fallen mitunter durch eine zu hohe Partikelanzahl auf: Ford-Diesel wie hier der Focus© ADAC/Frank Ratering

Bereits im April 2024 hatte der ADAC darüber berichtet, dass es Probleme bei der AU mit neueren Dieseln gibt. Auffällig waren vor allem Fahrzeuge von Ford. ADAC Mitglieder berichteten, dass ihr Pkw mit Diesel-Partikelfilter (DPF) schon bei der ersten Hauptuntersuchung (HU) und somit nur drei Jahre nach Erstzulassung die Abgasuntersuchung nicht bestanden hat. Den Betroffenen blieb meist nur ein teurer Tausch des Partikelfilters. Kostenpunkt: bis zu 3000 Euro.

Nun zieht Ford die Reißleine und ruft auch auf Druck des ADAC Diesel-Modelle mit der Abgasnorm Euro 6 in die Werkstätten zurück. Laut Kraftfahrt-Bundesamt, das den Rückruf überwacht, handelt es sich dabei weltweit um 768.927 Fahrzeuge, in Deutschland geht es um 164.168 Autos quer durch alle Modellreihen vom Fiesta bis zum Transit.

Rückruf: Ford schreibt alle Betroffenen an

Was müssen Kunden tun? Abwarten bis Post von Ford kommt. Wichtig zu wissen: Es werden alle Betroffenen angeschrieben, aber nicht alle sofort. Zunächst will Ford Kuga-Kunden mit ihren ab Juli 2019 gebauten Fahrzeugen in die Werkstatt bitten, andere Modelle sollen später folgen. Es kann also noch einige Zeit dauern, bis man erfährt, ob das eigene Fahrzeug wirklich mit von der Partie ist.

Ford will ab Ende 2024 beginnen, den Kunden aller betroffenen Fahrzeuge "eine erste Information zuzusenden und den Prozess im Detail zu erklären", heißt es in einer Stellungnahme von Ford. Und weiter: "Ford wird die Kalibrierungssoftware der betroffenen Modelle aktualisieren und bei Bedarf defekte DPF austauschen, um die langfristige Funktion der Abgasnachbehandlung sicherzustellen."

Kunden, die bereits den Partikelfilter auf eigene Kosten ausgetauscht haben, verspricht Ford eine 100-prozentige Kostenübernahme. Voraussetzung: Die Garantiebedingungen wurden erfüllt, es müssen zum Beispiel die Wartungsintervalle eingehalten worden sein. Selbst wer den Filter getauscht hat, muss noch einmal in die Werkstatt – schließlich soll ein Software-Update verhindern, dass sich der Defekt wiederholt.

Was war die genaue Ursache?

Die Software ist wohl das eigentliche Problem und nicht ein Defekt am Filter per se: Wahrscheinlich ist, dass sich zu hohe Temperaturen beim Freibrennen des Filters ("Regeneration") auf die Leistungsfähigkeit des Partikelfilters ausgewirkt bzw. diesen beschädigt haben, wie ADAC Technikchef Reinhard Kolke bereits im Vorfeld vermutet hatte. Das Software-Update sollte das Problem nun – hoffentlich – dauerhaft lösen.

Wann fällt man bei der HU/AU durch?

Coole Perspektive auf einen Diesel Partikelfilter
An der porösen Wand aus Keramik oder Metall bleibt der Ruß hängen © ddp/Jens-Ulrich Koch

Die Partikelzahlmessung für Euro-6-Diesel ist am 1. Juli 2023 in Kraft getreten und ersetzt die bisherige Messung des Absorptionskoeffizienten. Der Grenzwert der Partikelkonzentration liegt bei 250.000 Partikel/cm³. Zum Vergleich: Bei "guten" Partikelfiltern liegt der Wert um 10.000 Partikel/cm³.

Es werden drei Messungen durchgeführt und der Mittelwert gebildet. Der Mittelwert ist ausschlaggebend für ein Bestehen der Abgasguntersuchung (kurz AU). Ein Nichtbestehen der AU wird als erheblicher Mangel gewertet. Damit ist die Hauptuntersuchung (HU) nicht bestanden, und es erfolgt keine Zuteilung der Plakette.

Partikelfilter sind in der Lage, mehr als 90 Prozent des Rußes auszufiltern und zu verbrennen – darunter viele feinste Partikel, die im Verdacht stehen, Krebs zu verursachen. Bei den serienmäßig verbauten Modellen handelt es sich in der Regel um sogenannte geschlossene Wandstromfilter. Die Dieselabgase strömen durch eine poröse Filterwand aus Keramik oder Metall. Die Anziehungskraft der Moleküle verschiedener Stoffe (Adhäsion) hält die Rußpartikel im Abgas an der Wand fest, sie sammeln sich an den Filterinnenseiten an.

Weil sich im Lauf der Zeit immer mehr Partikel im Rußfilter ansammeln, werden diese regelmäßig abgebrannt. Hierfür muss die Abgastemperatur über der Rußzündtemperatur von 550 Grad Celsius liegen. Bei diesem als "Regeneration" bezeichneten Vorgang entstehen hauptsächlich Kohlendioxid (CO₂) und Wasserdampf. Ein kleiner Rest bleibt als Asche im Filter.

TÜV-Statistik: Partikelzahlmessung

Die Probleme bei Ford sind kein Einzelfall. Der TÜV-Verband hat im Februar 2024 eine Auswertung zur Wirksamkeit der Partikelanzahlmessung veröffentlicht. Auswertet wurden Messungen von 950.809 Fahrzeugen zwischen 1. August und 30. Oktober 2023.

Davon haben 32.285 die Prüfung im ersten Anlauf nicht geschafft – was einer Durchfallquote von 3,4 Prozent entspricht. Bei Fahrzeugen mit einer Laufleistung bis 50.000 Kilometer liegt die Durchfallquote bei 2,8 Prozent. In der Gruppe von 50.000 bis 160.000 Kilometern beträgt die Durchfallquote 3,3 Prozent und bei Fahrzeugen mit mehr als 160.000 Kilometern sind es 4,7 Prozent.

Problem: Unterschiedliche Messverfahren

Bei Ford sollte die Problematik durch die Rückrufaktion gelöst sein. Doch auch andere Fahrzeuge können betroffen sein. Allerdings: Wenn bei einem vergleichsweise neuen Fahrzeug die Hauptuntersuchung (HU) bzw. Abgasuntersuchung (AU) wegen Überschreitung der Partikelzahl nicht bestanden wird, besteht ein rechtliches Problem. Die Emissionsprüfung im Rahmen der Fahrzeugtypgenehmigung und die Partikelzahlmessung im Rahmen von HU/AU bei Euro-6-Diesel basieren auf unterschiedlichen Messverfahren inklusive Grenzwerten.

Der Unterschied:

  • Beim Typgenehmigungsverfahren kommt es auf die Einhaltung eines Grenzwerts der Gesamtpartikelanzahl pro Kilometer an.

  • Aufgrund nationaler Vorgaben wird im Rahmen der HU/AU die Anzahl an Partikel pro Volumen Abgas (Konzentration) gemessen.

Das Problem: Eine Messung wie im Typgenehmigungsverfahren wäre für Überwachungsorganisationen wie TÜV oder Dekra für einzelne Fahrzeuge in puncto Kosten und Aufwand nicht leistbar. Deshalb entschied man sich für die Partikelzahlmessung pro Volumen. Es wurden jedoch im Vorfeld Studien mit Vergleichsmessungen durchgeführt. Anhand dieser Ergebnisse wurde ein relativ hoher Grenzwert von 250.000 Partikel/cm³ festgelegt.

AU nicht bestanden: Was kann man tun?

Ein Fühler zur Abgasuntersuchung wird in den Auspuff ins Endrohr eingesteckt
HU/AU: Partikelzahlmessung pro Volumen Abgas© imago images/Karina Hessland

Aber: Rechtlich bindend sind für den Fahrzeughersteller die Werte der Typgenehmigung. Und ein Durchfallen bei der Volumenmessung der HU/AU bedeutet nicht zwingend, dass die im Rahmen der Typgenehmigung gemachten Vorgaben hinsichtlich der Haltbarkeit von Dieselpartikelfiltern verletzt sind. Bei Nichtbestehen der Abgasmessung im Rahmen der HU/AU kann der Fahrzeughalter also nicht ohne Weiteres Ansprüche an den Fahrzeughersteller richten.

Garantie-/Gewährleistungsansprüche gegenüber dem Fahrzeughersteller bestehen in der Regel nicht, wenn das Fahrzeug bei einem Alter von 3 Jahren erstmals zur HU/AU kommt. Allenfalls könnten noch Sachmängelhaftungsansprüche gegen den Verkäufer vorhanden sein (max. zwei Jahre ab Kauf).

Auch Schadenersatzansprüche gegen den Hersteller sind kaum denkbar, weil dies einerseits aus Produkthaftung für das mangelhafte Produkt (Partikelfilter) selbst nicht vorgesehen ist und andererseits überhaupt erst in Betracht kommt, wenn die EU-Grenzwerte nicht eingehalten werden. Damit besteht allenfalls noch die Möglichkeit einer Kostenbeteiligung des Fahrzeugherstellers über Kulanz.

Die Situation ist für betroffene Autofahrer unbefriedigend. Deshalb fordert der ADAC die Automobilindustrie auf:

  • Die Abgasminderungssysteme der Pkw-Modelle müssen so ausgelegt sein, dass diese im normalen Fahrbetrieb ihre Wirksamkeit – auch bei der Messung im Rahmen der HU/AU – gewährleisten.

  • Bei Auffälligkeiten im Rahmen der neuen Partikelzahlmessung bei der Hauptuntersuchung sollte eine Kostenbeteiligung auf Kulanz gewährt werden.

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Partikelfilter und AU: Tipps für Autofahrer

  • Lassen Sie den Filterzustand des Dieselpartikelfilters und die Funktion des Regelkreises per Diagnosetool von einer Fachwerkstatt prüfen und ggf. eine Notregeneration durchführen.

  • Spezialfirmen bieten eine Filterreinigung an. Das kommt in der Regel günstiger als der Tausch des Filters gegen ein Neuteil. Allerdings: Eine Reinigung wird von den Automobilherstellern in der Regel nicht empfohlen.

  • Kommt man um einen Austausch des Partikelfilters nicht herum, empfiehlt es sich, einen Antrag auf Kulanzbeteiligung zu stellen, dies ist jedoch nur über eine Vertragswerkstatt möglich. Erfolgt keine Kostenbeteiligung, empfehlen sich ggf. durch Spezialfirmen aufbereitete Gebrauchtteile. Diese können deutlich günstiger als Neuteile sein und haben auch eine Garantie.