Elektroauto: Was passiert, wenn der Akku leer ist?

Nahaufnahme eines Elektroauto-Displays mit Batteriestatus und Reichweitenanzeige.
Wenn dieses Symbol in der Anzeige wie hier beim BYD erscheint – ist es dann schon zu spät?© ADAC/ABGEDREHT

Wenn der Strom im Akku auszugehen droht, weist das E-Auto darauf hin. Aber was passiert, wenn der Fahrer nicht rechtzeitig zu einer Ladesäule findet? Fährt das Auto dann langsamer? Und wann bleibt es wirklich stehen? Der ADAC hat es herausgefunden.

  • Verschiedene Autos, verschiedene Warnkaskaden

  • Weiterfahrt nur mit eingeschränkter Leistung

  • So weit kommt man mit "leerer" Batterie noch

Irgendwie ist sie nicht totzukriegen: Obwohl Elektroautos schon recht gute Alltags-Reichweiten erzielen und obwohl die öffentliche Ladeinfrastruktur ein ganz ordentliches Niveau in der Flächenabdeckung erreicht hat, spielt die sogenannte Reichweitenangst immer noch eine Rolle.

Und selbstverständlich will man als Fahrer oder Fahrerin eines Elektroautos wissen, was passiert, wenn der Strom dann doch mal nicht reichen sollte bis zum nächsten Ladepunkt. Bleibt der Wagen einfach stehen, und es geht nichts mehr? Ob das Auto rechtzeitig genug warnt und ob es doch noch auf eine versteckte Stromreserve zugreifen kann, hat der ADAC untersucht.

Was passiert, wenn der Akku leer ist?

Elektroautos in Reihen aufgestellt, Draufsicht auf Testfahrzeuge mit Batterie-Schwerpunkt.
Sechs E-Autos wurden leer gefahren: VW ID.3, BYD Seal, Volvo EX40, Nio EL6, Tesla Model Y, Kia EV6© ADAC/ABGEDREHT

Dafür mussten sechs verschiedene Elektroautos zeitgleich auf dem ADAC Testgelände im bayrischen Penzing antreten. Ergebnis: Alle sechs Autos verhalten sich ähnlich, bis sie irgendwann stromlos stehen bleiben. Aber es gibt Unterschiede, wann es passiert und in der Reaktion bis dahin.

Klar ist, dass man einen Akku des Elektroautos genauso wenig leer fahren sollte, wie den Tank eines Pkw mit Verbrennungsmotor. Denn das bedeutet nicht nur Liegenbleiben und Ärger, sondern kann sogar ein Bußgeld und einen Punkt in Flensburg zur Folge haben.

Und wahrscheinlich sind die meisten E-Mobilisten schon mal mit extrem wenig Reichweite an der Ladesäule angekommen. Aber "wenig Reichweite" ist sehr subjektiv. Während manche Menschen schon bei 10 Prozent Rest im Akku gestresst sind, bleiben andere noch bei 2 Prozent relativ entspannt. In einem Punkt sind sich dann aber die meisten doch einig: Niemand will 0 Prozent auf der Anzeige sehen. Denn dann geht nicht mehr viel.

Batterie leer: So wurde getestet

ADAC Ingenieur und Projektleiter Matthias Vogt am Dokumentieren© ADAC/ABGEDREHT

Gestartet wurde zwischen 20 und 30 Prozent Batterieladestand. Dann wurden die Autos auf dem ADAC Gelände, auf der 2,2 Kilometer langen Start- und Landebahn des ehemaligen Fliegerhorsts Penzing, so lange gefahren, bis der Akku leer war. Dabei wurde dokumentiert, wie sich die Autos verhalten.

In der Realität würde ein Autofahrer sicher versuchen durch frühzeitige Sparmaßnahmen noch die maximalen Restkilometer herauszuholen. Bei den Versuchsfahrten wurde dagegen durchgängig so weitergefahren, als wäre der Akkustand kein Problem.

Die Warnkaskaden

Bis es zum jeweiligen Liegenbleiben kam, zeigte jedes E-Auto eine eigene Dramaturgie, bei jedem Fahrzeug wurden die Warnungen anders umgesetzt.

1. Warnung: Noch kein Problem

Die erste Warnung kommt bei den meisten Autos ziemlich früh, wenn noch 40 bis 80 Kilometer Reichweite bzw. 15 bis 20 Prozent Batterieladestand angezeigt werden. Oft färbt sich das Batteriesymbol dann orange oder ein Hinweis erscheint: "Batterieladung niedrig" oder "Bitte bald laden". In diesem Bereich ist beim Fahren noch nichts bemerkbar. Alles funktioniert wie gewohnt, und man hat noch ausreichend Puffer.

2. Stufe: Fahrzeug warnt energischer

Lenkrad- und Cockpitansicht eines Elektroautos mit Batterieanzeige im Display.
Langsam wird es knapp: Ladestand 9%, Prognose 30 km© ADAC/ABGEDREHT

Wird weitergefahren, ohne zu laden, nehmen die Warnungen zu – teilweise nun auch akustisch. Je nach Modell verändert sich die Anzeige und es wird energischer erinnert. Manche Fahrzeuge schlagen auch Sparmaßnahmen vor wie den Wechsel auf den Eco-Modus oder die Drosselung von Heizung oder Klimaanlage.

Fahren lässt sich das Auto in dieser Phase weiterhin noch recht unauffällig – nur bei kräftigem Beschleunigen steht zum Teil nicht mehr die volle Leistung zur Verfügung. Spätestens jetzt sollte man die Autobahn verlassen und eine Lademöglichkeit ansteuern.

3. Stufe: Leistung wird gedrosselt

Sobald die angezeigte Restreichweite einstellig wird, drosseln viele Fahrzeuge spürbar die Leistung. Das E-Auto wirkt nun träge und signalisiert unmissverständlich: Jetzt wird es ernst. Trotzdem lässt sich das Auto auch in diesem Zustand noch fahren – wenn auch mit reduzierter Dynamik. Ein Verkehrshindernis ist man damit üblicherweise noch nicht. Aber: Auf der Autobahn hat man zu diesem Zeitpunkt nichts mehr verloren.

Wer jetzt immer noch nicht geladen hat und weiterfährt, sieht als Nächstes im Display die Null bei der Restkilometeranzeige und beim Batterieladestand. Bei vielen E-Autos leuchtet nun auch ein Schildkrötensymbol. Der BYD zeigte bereits beim Ladestand von 5 Prozent nur noch Striche anstatt der Restreichweite an, die anderen Testkandidaten zählten die Reichweite ganz bis Null herunter.

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Batterie auf 0: Das Auto fährt weiter

Doch im Test gingen die E-Autos nicht wie ein Handy einfach aus, sondern dann ging es an die sogenannte Notlaufreserve. Das ist ein Puffer, den sich das Auto noch für Notfälle aufspart. Im Versuch kamen die sechs E-Autos mit dieser Notlaufreserve noch zwischen 15 und 20 Kilometer weit, bis sie dann letztlich nicht mehr die von den Testern geforderten 50 km/h geschafft haben.

In diesem Reservebereich wird die Leistung immer stärker reduziert, das Fahren wird zunehmend schwieriger. Die mögliche Geschwindigkeit wird niedriger und die Beschleunigung sehr träge. Wenn man Glück hat, reicht es gerade noch bis zur nächsten Ladesäule.

Kein Verlass auf die Notlaufreserve

Die Warnblinkanlage eines Elektroautos auf der Testfläche
Am Ende: Der VW ID.3 will nicht mehr© ADAC/ABGEDREHT

Aber Achtung! Im Bereich der Notlaufreserve muss man damit rechnen, dass das Fahrzeug jederzeit ausgehen kann und sicher abgestellt werden muss – etwa am Straßenrand oder auf einem Parkplatz.

Im Versuch zeigte sich, dass die E-Autos am Rande ihrer Kräfte ziemlich zügig ganz abschalten, wenn sie unter die 50 km/h Marke gefallen sind. Falls das Auto dann nicht sicher steht, kann man versuchen, es nochmals zu starten. Manche Modelle lassen sich dann noch ein paar Meter rangieren. Oft geht aber gar nichts mehr.

Verlassen kann man sich auf die Notlaufreserve also nicht und man sollte sie auch nach Möglichkeit nicht antasten. Denn gerade im Winter bei kalten Temperaturen, bei einer kräftigen Steigung oder wenn ein Akku schon deutlich gealtert ist, kann es sein, dass diese Notlaufreserve kaum oder gar nicht mehr vorhanden ist und das Fahrzeug früher und unvermittelter abschaltet, als das in diesem Versuch bei Idealbedingungen der Fall war. Die meisten Testfahrzeuge waren noch recht jung, die Teststrecke nahezu eben und die Temperaturen mild.

Tipps für Elektroauto-Liegenbleiber

Ein Techniker läd das Elektrofahrzeug mit einer Starter-Batterie
Eine Powerbank kann helfen, aber nur für ein paar Kilometer© ADAC/ABGEDREHT
  • Wer es trotz allem nicht zur Ladesäule geschafft hat, der sollte den Abschlepper rufen und das Auto zur Ladesäule bringen lassen.

  • Im Regelfall dürfen E-Autos nicht auf eigenen Rädern gezogen werden, da sonst der E-Motor Spannung erzeugen und die Elektrik zerstören könnte.

  • Prinzipiell ist es möglich, mittels einer Powerstation ein E-Auto wieder aufzuladen. Das Laden dauert jedoch extrem lange. Und macht es Sinn, für den unwahrscheinlichen Notfall immer eine Powerbank im Auto mitzuführen?

  • Es gibt auch Elektroautos, die über den Typ-2-Stecker Strom abgeben und dadurch einem anderen E-Auto eine Notladung geben können. Das Aufladen aus einem anderen E-Auto dauert aber gut und gerne 30 bis 60 Minuten, bis wieder Reichweite für 5 bis 10 km geladen wurden. Da muss man schon einen geduldigen "Stromspender" finden.

Video: Was tun bei leerer Batterie?

Empfehlungen für E-Fahrer

  • Die Fahrstrecke nicht so knapp planen, dass die Batterie bis Null leergefahren werden muss. Besser einmal mehr kurz laden.

  • Puffer für Unvorhergesehenes wie Umleitungen, defekte oder belegte Ladesäulen einplanen.

  • Nicht auf die Notlaufreserve verlassen. Es ist nicht sicher, dass sie auch im Winter oder mit gealtertem Akku voll genutzt werden kann.

  • Das E-Auto nie mit fast leerem Akku abstellen, ohne es wieder zu laden. Denn das kann der Batterie auf Dauer schaden und über Nacht könnte der Akkustand gerade bei Kälte zusätzlich sinken.

  • Wenn es knapp werden könnte, frühzeitig Sparmaßnahmen ergreifen:

    – In den Eco-Modus wechseln.

    – Heizung reduzieren bzw. Klimaanlage ausschalten.

    – Langsam und vorausschauend fahren.

    – Sofern möglich Windschatten nutzen, dabei aber auf den Sicherheitsabstand achten.

    – Kräftiges Beschleunigen vermeiden.

Bericht und fachliche Beratung: Matthias Vogt/ADAC Technik Zentrum