Was bringt Chip-Tuning?

Mechaniker liest Fehler an Auto aus
Chip-Tuning kann durch andere Software für mehr Motorleistung sorgen.© iStock.com/Minerva Studio

Bis zu 50 Prozent mehr Motorleistung verspricht das Chip-Tuning. Aber was bringt es tatsächlich? Verbraucht ein Auto mit Eco-Tuning weniger Sprit? Und wie sieht es mit Garantie, Haftung und Versicherungsschutz aus? Wir antworten auf die elf wichtigsten Fragen.

Es gibt beim Chip-Tuning vier technische Wege, die zu einer Steigerung der Motorleistung von Fahrzeugen führen:

  • Zehn-Cent-Tuning: Ein Widerstand zwischen einem Temperaturgeber und dem Motorsteuergerät täuscht falsche Werte vor. Das führt dazu, dass mehr Kraftstoff eingespritzt wird.

  • Zwischenstecker („Black-Box“, „Power-Box“): Elektronikmodul, das zwischen Motorsteuergerät und Einspritzdüsen bzw. Sensoren gesteckt wird. Es gaukelt falsche Sensorwerte vor, so dass mehr Kraftstoff eingespritzt wird.

  • Neuprogrammieren des Motorsteuergerätes: Veränderung der Software im Motorsteuergerät – entweder über die OBD-Buchse oder direkt am Chip auf der Platine bzw. durch Ersetzen des Chips. In Abhängigkeit von diversen Messwerten (z.B. Ansaugluft-Temperatur und -Menge, Motordrehzahl, Gaspedalstellung) sorgt das Chiptuning für Änderungen an Einspritzmenge, Zünd- und Einspritzzeitpunkt, Ladedruck, Abgas-Rückführrate usw.

  • "Power-Pedal": Eine Elektronikbox zwischen Gaspedal und Motorsteuergerät fordert schon bei leichtem Druck auf das Gaspedal eine hohe Motorleistung an. Tatsächlich ändert sich die Maximalleistung des Motors nicht, sondern nur sein Ansprechverhalten.

Eco-Tuning hingegen soll nicht die Motorleistung erhöhen, sondern den Kraftstoffverbrauch verringern. Es kann prinzipiell auf denselben technischen Wegen erfolgen wie Chiptuning mit dem Ziel einer Leistungssteigerung.

Was versprechen die Anbieter von Tuning-Software?

Anbieter versprechen eine Steigerung der Motorleistung. Aber: Je billiger das Angebot ist, desto größer das Risiko, dass die versprochene Leistungssteigerung nicht erreicht wird. Und dass außerdem die Abgas-Grenzwerte überschritten werden. Insbesondere Widerstands- und Zwischenstecker-Lösungen sind oft nicht individuell an die jeweiligen Motoren angepasst.

Eine Neuprogrammierung des Steuergeräts bietet mehr Möglichkeiten der Abstimmung. Freilich hängen die erzielbare Leistungssteigerung und – oft noch viel wichtiger – die Leistungsentfaltung stark vom Können des Programmierers ab. Es gibt Fahrzeuge, die nach einem Chip-Tuning fast unfahrbar sind, weil sie so unberechenbar beschleunigen. Vom Anstieg des Schadstoff-Ausstoßes ganz zu schweigen.

Daher sollte ein Kaufinteressent unbedingt auf einem Prüfgutachten bestehen, das wenigstens die Einhaltung der bisherigen Schadstoffklasse bestätigt.

Was kostet Chip-Tuning?

Die Bandbreite der Preise bewegt sich von 15-Euro-Angeboten für Zwischenstecker im Internet bis hin zu fast 10.000 Euro für teure, seltene Fahrzeuge, bei denen die Entwicklungskosten auf wenige Kunden umgelegt werden. Die Neuprogrammierung des Motor-Steuergerätes bei einem gängigen Modell der unteren Mittelklasse (zum Beispiel VW Golf) kostet etwa 300 bis 500 Euro.

Was muss bei der technischen Ausführung beachtet werden?

Da es unterschiedliche Systeme gibt, sind auch die Anforderungen an die technische Ausführung verschieden. Viele Fahrzeuge lassen sich heute durch Anstecken eines Programmiergerätes an die OBD-Schnittstelle leistungssteigern. Teilweise gibt es auch Geräte, die der Kunde selbst anschließen kann. Bei anderen Modellen ist es erforderlich, dass der Anbieter das Motorsteuergerät ausbaut und öffnet. Das kann jedoch für bleibende Spuren sorgen. Manche Fahrzeughersteller statten ihre Motorsteuergeräte mit einem Schutz vor Chiptuning aus, der jedoch vielfach rasch „geknackt“ wird.

Erhöht oder verringert sich der Kraftstoff-Verbrauch?

Da Chip-Tuning zumeist die Einspritzmenge erhöht, ist mit einem teilweise deutlich höheren Kraftstoff-Verbrauch und auch Schadstoff-Ausstoß zu rechnen. Insbesondere beim vollen Ausschöpfen der Leistungssteigerung. Stellenweise wird aber –vor allem  bei Turbodiesel-Motoren - auch eine Minderung des Verbrauchs versprochen, Stichwort Eco-Tuning. Hierzu liegen dem ADAC noch keine belastbaren neutralen Untersuchungen vor.

Benötigt man eine Genehmigung?

Jegliche Veränderung an der Motorleistung muss über eine Genehmigung verfügen. Wenn der Anbieter kein Prüfgutachten hat, ist eine Einzelabnahme nötig, die mehr kosten kann als das Chip-Tuning selbst. Liegt keine entsprechende Genehmigung vor, erlischt die Betriebserlaubnis des Fahrzeugs– mit fatalen Folgen für den Fahrzeugeigner. Da das Chip-Tuning auch Auswirkungen auf das Risiko in der Versicherung haben kann, muss die Motor-Mehrleistung auch dem Versicherer gemeldet werden, der dann unter Umständen die Prämie erhöht. Eine Änderung der Leistung muss darüber hinaus auch unverzüglich der Zulassungsbehörde gemeldet werden, da in diesem Fall eine Anpassung der Zulassungsbescheinigung Teil I und Teil II erforderlich ist.

Gibt es Garantien beim Chip-Tuning?

Viele Anbieter geben auf das Chip-Tuning sowie zum Teil auf Antriebsstrang und Fahrwerk eine Garantie. Freilich ist im Schadensfall oft schwer zu beweisen, was den Defekt tatsächlich ausgelöst hat. Oftmals schaffen das noch nicht einmal Sachverständigen-Gutachten - mit dem Ergebnis, dass der Fahrzeugbesitzer auf den Reparaturkosten sitzen bleibt.

Welche Auswirkungen hat Tuning auf die HU?

Eine veränderte Software des Motorsteuergerätes kann zur Folge haben, dass Werkstatt-Tester keine korrekten Werte mehr anzeigen. Auch bei der Haupt-Untersuchung (HU) kann es zu Problemen kommen. Vereinzelt ist es nicht mehr möglich, mit dem Diagnosetester den Fehlerspeicher auszulesen. Bei Software-Updates des Fahrzeugherstellers für das Motorsteuergerät wird häufig das Chip-Tuning gelöscht und der Ursprungszustand bei Auslieferung wiederhergestellt.

Sind Abweichungen bei der Leistungssteigerung möglich?

Welche Mehrleistung tatsächlich herauskommt, lässt sich nur durch einen Vergleich vorher/nachher auf einem Leistungsprüfstand (zum Beispiel in den ADAC-Prüfzentren) ermitteln. Dabei zeigt sich auch, ob das Fahrzeug im Serienzustand die im Prospekt genannte Leistung innerhalb der gesetzlich zugelassenen Bandbreite erreicht. Laut Typprüfung gilt eine Streuung von plus/minus fünf Prozent als zulässig, vor Gericht werden sogar Abweichungen von zehn Prozent toleriert.

Welche Risiken gibt es beim Tuning?

  • Nicht funktionierende Steuergeräte, weil das neue Chip-Tuning-Kennfeld nicht läuft.

  • Überhöhte Temperaturen, Einspritzdrücke und Turbolader-Drehzahlen können zu Defekten führen.

  • Erhöhte Belastung des Antriebsstranges (Kupplung, Getriebe, Antriebswellen, Reifen) des Fahrwerks und der Bremsanlage; ggf. sind Umbauten und/oder Reifen mit höherem Geschwindigkeitsindex erforderlich.

  • Die Abgaswerte können sich verschlechtern („Rußen“ bei Diesel-Motoren).

  • Der Versicherungsschutz erlischt, wenn das Tuning nicht in die Fahrzeugpapiere eingetragen und der Versicherung gemeldet ist.

  • Der Besitzer eines getunten Autos muss mit dem Verlust der Hersteller-Gewährleistung oder -Garantie rechnen.

  • Der Käufer eines chipgetunten Gebrauchtwagens ist ohne Betriebsgenehmigung unterwegs, wenn er nicht vom Chip-Tuning weiß und dieses auch nicht in den Papieren eingetragen ist.

  • Wurde das Chip-Tuning vor dem Verkauf eines Autos wieder entfernt, kann das Fahrzeug einen deutlich höheren Verschleiß (aufgrund der Mehrleistung) haben, als angesichts der Laufleistung zu erwarten ist. Dies ist jedoch sowohl für den Käufer als auch für Experten kaum erkennbar, falls das Chip-Tuning nicht genannt wurde.

Wie stehen die Auto-Hersteller zum Tuning?

Chip-Tuning ist eine technische Veränderung des Fahrzeugs. Damit erlischt die gesetzliche Sachmängelhaftung bzw. Herstellergarantie auf die betreffenden Bauteile. Da Chip-Tuning die Haltbarkeits-Reserven von Motor-, Antrieb- und Bremsanlage verringert oder gar aufbraucht, lehnen die Fahrzeug-Hersteller Chip-Tuning ab. Manche Motorsteuergeräte sind mit einem „Tuning-Schutz“ ausgestattet, der Tuningversuche entweder unterbinden oder aber für die spätere Beweisführung speichern soll. Auch wenn zwischenzeitlich wieder die Original-Software zurückgespielt wurde. Doch dieser Schutz wird oft umgangen.

Wie können Gebrauchtwagen-Käufer erkennen, ob das Auto getunt ist?

Wird ein Auto gebraucht verkauft, ist es für den Käufer schwer zu erkennen, ob das Auto vorher chipgetunt war oder noch ist. Daher sollte dieser Punkt ausdrücklich schriftlich in den Kaufvertrag festgehalten sein. Zum Beispiel mit Formulierungen wie: „Auto war von … bis chipgetunt und hatte laut Anbieter xy PS Mehrleistung“ oder „,Auto ist derzeit chipgetunt und hat laut Anbieter xy PS Mehrleistung“. Ist das Auto laut Verkäufer nicht chipgetunt, können potentielle Käufer darum bitten, dies in den Kaufvertrag mit aufzunehmen: „Auto war nie chipgetunt“.

Wie hat Ihnen der Artikel gefallen?