So können Spurhalteassistenten Unfälle verhindern
Spurhalteassistenten können im Ernstfall schwere Unfälle vermeiden – und sind deshalb ab 2024 für alle Neufahrzeuge Pflicht. Daten aus der ADAC Unfallforschung und der Stand der Technik.
Spurhalteassistenten sind Pflicht für EU-Neuwagen
Systeme können auch im Notfall lenkend eingreifen
Euro NCAP testet die Assistenten regelmäßig
Moderne Assistenzsysteme der aktuellen Fahrzeugmodelle können Unfälle effektiv verhindern. Auch die EU-Kommission hat den Nutzen dieser Assistenzsysteme mittlerweile erkannt. Deshalb wurden 2022 Notfall-Spurhalteassistenten verpflichtend für neue Fahrzeugtypen eingeführt. Seit Juli 2024 muss jeder neu verkaufte Pkw in der EU einen Spurhalteassistenten an Bord haben, der durchgezogene Fahrbahnmarkierungen erkennt.
Unfallursache: Verlassen der Fahrspur
Das Abkommen von der Fahrspur ist mit knapp 40 Prozent eine der häufigsten Unfallursachen, die von der ADAC Unfallforschung registriert werden. Sie wertet mithilfe der ADAC Luftrettung Daten von Unfällen aus, die sich außerorts ereignen, da die ADAC Luftrettung nur dort bei Verkehrsunfällen zum Einsatz kommen kann.
Fahrer sind oft unaufmerksam

Oft ist die Ursache für den Unfall mangelnde Aufmerksamkeit des Fahrers bzw. der Fahrerin, in den meisten Fällen auch auf gerader Fahrbahn. Eine Fehleinschätzung bei Kurvenfahrten führt zudem häufig zu schweren Kollisionen mit dem Gegenverkehr oder mit Hindernissen wie Bäumen. Eine weitere Ursache für das Verlassen der Fahrspur sind nicht befestigte Fahrbahnränder. Sie führen regelmäßig zu sogenannten Bankett-Unfällen. Dabei gerät das rechte Vorderrad des Fahrzeugs in das oft tiefer ausgefahrene Bankett neben der Fahrbahn, ein instinktiv starkes Gegenlenken des Fahrers führt dann häufig zum abrupten Ausscheren des Fahrzeugs in den Gegenverkehr, wenn das rechte Vorderrad plötzlich wieder auf die Fahrbahn kommt.
LKA und ELK: Unterschiedliche Systeme
Die Fahrzeughersteller bauen unterschiedliche Typen von Fahrspurassistenten in Pkw:
Spurhalteassistenten (LKA – Lane Keeping Assist) unterstützen den Fahrer bei der Kurskorrektur, wenn das Fahrzeug langsam von der Fahrspur abzuweichen droht. Häufig wird der Fahrer durch eine akustische Warnung auf die nötige Kurskorrektur hingewiesen, aber diese Systeme können in Maßen auch aktiv in den Lenkvorgang eingreifen, um dem Verlassen der Fahrspur entgegenzuwirken.

Notfall-Spurhalteassistenten (ELK – Emergency Lane Keeping) oder aktive Spurhalteassistenten reagieren dagegen erheblich beherzter, allerdings nur bei Erfassung kritischer Situationen. Der ELK greift beispielsweise dann stark in den Lenkvorgang ein, wenn das Fahrzeug von der Straße abzukommen droht oder in den Gegenverkehr gerät. Am sinnvollsten sind laut ADAC Systeme, die anzeigen, ob das Auto die Fahrbahnbegrenzung erkennt, und nur dann sanft eingreifen, wenn Gefahr besteht, dass die Spurbegrenzung überfahren wird.
Euro NCAP testet die Systeme
Euro NCAP* verleiht Punkte für LKA- und ELK-Spurhalteassistenten auf Basis von standardisierten Tests auf einer Teststrecke. Beide Systemtypen werden mit unterschiedlichen Straßenmarkierungen einschließlich durchgezogener und gestrichelter Linien sowie bei unmarkierten Fahrbahnrändern getestet. Die Leistungsbewertung richtet sich danach, wie nahe das Fahrzeug den Spurmarkierungskanten oder Fahrbahnrändern kommt und ab wann ein Eingriff erfolgt.
Eine ADAC Auswertung der bisherigen Euro-NCAP-Tests zeigt, dass aktuell schon viele Modelle serienmäßig über gute Spurassistenten verfügen. Hinsichtlich der Feinabstimmung, wie stark und ab wann ein System eingreift, hapert es jedoch oft noch – besonders in den unteren Fahrzeugklassen.
Wichtig: Automatische Aktivierung
Laut ADAC ist es wichtig und richtig, dass die Systeme beim Fahrzeugstart automatisch aktiviert werden und nicht nach einer manuellen Deaktivierung ausgeschaltet bleiben.
Nach Ansicht des ADAC sollte aber noch besser sichergestellt sein, dass Fahrspurassistenten auch Straßenränder ohne Fahrbahnmarkierungen erkennen. Da diese Markierungen auf vielen engen und gefährlichen Überlandstrecken fehlen, hätten solche Systeme ein erhebliches Potenzial, um Unfälle, darunter die oft folgenschweren Bankett-Unfälle zu vermeiden.
Manche Systeme haben auch noch Verbesserungspotenzial in Baustellen: Bei doppelten Weiß-Gelb-Markierungen wird die Intention der Markierung nicht eindeutig erkannt.
Dass Spurhalteassistenten als Hilfe akzeptiert werden, setzt voraus, dass sie möglichst reibungslos funktionieren. Werden Systeme nämlich als störend empfunden und verstehen die Personen am Steuer die Funktionsweise nicht hinreichend, besteht die Gefahr, dass die Technik bei Fahrtantritt jeweils manuell deaktiviert wird. Dann aber wäre das Potenzial verloren, Unfälle zu vermeiden.
Fachliche Beratung: Burkhard Böttcher, ADAC Technik Zentrum