Tipps gegen Abzocke auf Kaffeefahrten

Fünf Millionen Deutsche nehmen Schätzungen zufolge jährlich an Busfahrten mit Verkaufsveranstaltung, sogenannte Kaffeefahrten, teil. Deren Veranstalter haben häufig nur ein Ziel: Den Busgästen überteuerte Waren zu verkaufen. So schützt man sich.
Verkauf von Medizinprodukten und Finanzdienstleistungen verboten
Pauschalreiserecht schützt nur bei mehrtägigen Kaffeefahrten
14-tägiges Widerrufsrecht beim Kauf von Waren
Was ist eigentlich eine Kaffeefahrt? Schon der Name ist irreführend. Es geht den Veranstaltern und Veranstalterinnen natürlich nicht um einen schönen Ausflug mit gemütlichem Kaffeetrinken, sondern fast immer darum, Produkte wie Kochtöpfe, Laptops, Rheumadecken, Vitaminpillen oder andere Heilmittelchen überteuert zu verkaufen. Der günstige Tages- oder Mehrtagesausflug dient dabei nur als Rahmen.
Abzocke: So laufen Kaffeefahrten ab
Zielgruppe dieser Verkaufs- oder Werbefahrten sind oft ältere Personen. Viele Reiselustige nehmen für Geselligkeit und Abwechslung für wenig Geld in Kauf, dass auch eine Verkaufsveranstaltung auf dem Programm steht. Häufig werden die künftigen Teilnehmer und Teilnehmerinnen durch Werbeschreiben in Zeitungen und Hauswurfsendungen mit niedrigen Preisen, kleinen Geschenken, einem leckeren Mittagessen und natürlich vielen Schnäppchen bei der Verkaufsshow gelockt. Im Nachhinein stellt sich aber fast immer heraus, dass die erworbenen Produkte ihr Geld nicht wert sind.
Auch der Ausflug entspricht in den wenigsten Fällen den Erwartungen, selbst wenn der Preis auf den ersten Blick niedrig ist. Die von den Kaffeefahrt-Veranstaltern angepriesenen Ausflugsziele werden in der Regel überhaupt nicht angesteuert. Stattdessen landet man in abgelegenen Landgasthöfen und wird dort gezwungen, an einer mehrstündigen Verkaufsveranstaltung teilzunehmen. Weder davor noch danach findet sich Zeit für das ursprünglich versprochene Reiseziel.
Diese dreiste Masche gehört bei den Kaffeefahrten ebenfalls häufig dazu: Die Teilnehmenden müssen für Leistungen (zum Beispiel Busfahrt oder Essen) zahlen, die entweder gar nicht oder als kostenlos angekündigt waren.
Kaffeefahrten: Angebote oft unseriös
Die Verkäufer oder Verkäuferinnen gehen rhetorisch derart geschickt vor, dass selbst skeptische Personen bereit sind, etwas zu kaufen. Die Geschäftsprofis nutzen überdies skrupellos die Sorgen von Senioren um Gesundheit und Wohlergehen aus.
Tipp: Bei Werbe- und Verkaufsfahrten aller Art sind erhöhte Wachsamkeit und Skepsis angezeigt. Schnäppchenangebote oder Gewinnversprechen sind in vielen Fällen nicht seriös. Denn eins ist klar: Kein gewerblicher Anbieter hat etwas zu verschenken. Er hat stets seinen finanziellen Vorteil im Blick.
Das Angebot einer Kaffeefahrt – besonders das Kleingedruckte – sollten Sie vor Buchung einer Fahrt sehr sorgfältig lesen! Sämtliche Kosten – auch zusätzliche Extras – und sonstige Teilnahmebedingungen vorher ermitteln und prüfen! Bei Ungereimtheiten lieber zu Hause bleiben oder bei der Verbraucherschutz-Organisation nachfragen, ob der Veranstalter generell als seriös eingeschätzt wird. Übrigens: Es ist immer ein schlechtes Zeichen, wenn Sie zu einem Abschluss der Reise gedrängt werden!
Wenn die Veranstalter Sie daran hindern wollen, den Verkaufssaal zu verlassen, oder gar die Türen blockieren, sollten Sie sich nicht scheuen, über den Notruf 110 die Polizei zu alarmieren.
Lassen Sie EC-Karten oder Kreditkarten zu Hause und nehmen Sie nur kleine Mengen an Bargeld mit. Dann kommen Sie erst gar nicht in Versuchung, ein überteuertes Produkt zu kaufen. Ein No-Go: das Angebot annehmen, sich zu einer Bank fahren zu lassen, um Geld abheben zu können.
Sollten Sie während der Verkaufsveranstaltung ein Produkt erwerben, so vereinbaren Sie nach Möglichkeit eine Bezahlung im Lastschriftverfahren. Denn dann kann der von Ihrem Konto abgebuchte Betrag innerhalb von acht Wochen ab Abbuchung von Ihrer Bank zurückgeholt werden. Bei einer Überweisung ist das nicht möglich, geschweige denn bei einer Barzahlung. Leider verlangen die Kaffeefahrt-Verkäufer meistens eine Barzahlung.
Das Geld ist meistens nicht zurückzubekommen, wenn der Vertrag später rückgängig gemacht werden soll.
Unterlagen, die zur Unterschrift vorgelegt werden, müssen Sie unbedingt auf Richtigkeit prüfen: Unterschreiben Sie nichts, was Sie nicht genau verstanden haben. Eine geleistete Unterschrift ist grundsätzlich bindend und keine reine Formsache. Ganz besonders genau hinsehen sollten Sie beim Datum des Kaufvertrags. Unseriöse Anbieter versuchen oft, das 14-tägige Widerrufsrecht durch die Rückdatierung eines Vertrags auszuhebeln. Befindet sich auf dem Vertragsformular keine Anschrift des Verkäufers (inklusive Straße und Hausnummer), sondern lediglich eine Postfachadresse oder eine Adresse im Ausland, ist das ein Indiz dafür, dass Sie es mit einem unseriösen Anbieter zu tun haben. Achten Sie auch darauf, dass Sie eine Durchschrift der Abmachung erhalten.
Lassen Sie sich bei Unterzeichnung des Kaufvertrags zumindest den Personalausweis des Verkäufers vorlegen, damit Sie vergleichen können, ob der Verkäufer wirklich die Person ist, die er mit seiner Unterschrift auf dem Kaufvertrag vorgibt zu sein. Verweigert er Ihnen die Vorlage seines Personalausweises, so ist davon auszugehen, dass er seinen wahren Namen nicht nennen möchte.
Preist der Verkäufer das ausgewählte Produkt mit ganz bestimmten Angaben an, so lassen Sie sich von ihm eine schriftliche Bestätigung geben, dass das verkaufte Produkt tatsächlich diese Eigenschaften hat. Verweigert der Verkäufer Ihnen diese Bestätigung, so lassen Sie unbedingt die Finger davon!
Haben Sie ein Smartphone dabei, informieren Sie sich im Internet über die üblichen Preise. So wird schnell deutlich, was wirklich günstig ist.
Abzocke: Diese Rechte haben Opfer
Opfer von Kaffeefahrt-Abzockern müssen sich nicht alles gefallen lassen. Jeder Geprellte kann sich von Verbraucherschutz-Organisationen über das weitere Vorgehen beraten lassen.
Damit Polizei, Ordnungsamt oder Rechtsanwälte etwas gegen Betrüger oder Betrügerinnen unternehmen können, brauchen sie genügend Beweise und am besten Zeugen, zum Beispiel andere Mitreisende. Da Wirte und Busunternehmen beziehungsweise Busfahrer häufig von der Betrugsmasche profitieren, scheiden diese als Zeugen meist aus.
Vertraglich vereinbarte Leistung
Veranstalter oder Busfahrer dürfen beispielsweise eine zuvor zugesicherte, kostenfreie Rückfahrt nicht verweigern, wenn nichts gekauft oder bestellt wurde. Bei Problemen sollten Namen des Busunternehmers und des Fahrers sowie das Kennzeichen des Busses für eine Beschwerde notiert werden. Reisende sollten auf die Mitnahme bei der Rückfahrt pochen. Ebenso hat der Teilnehmende einen Anspruch auf die Verpflegung, wenn dies vertraglich vereinbart wurde. Zusätzliche Kosten darf er rundum ablehnen.
Preisminderung bei Reisemangel
Ist die Erbringung einer Leistung mangelhaft, kommt eine Reisepreisminderung in Betracht. Voraussetzung ist die Buchung einer Pauschalreise, das heißt, mindestens zwei verschiedene Reiseleistungen wie etwa Busfahrt und Hotel müssen enthalten sein.
Für die meisten Kaffeefahrten kommt aber keine Reisepreisminderung in Frage, denn: Das Pauschalreiserecht gilt nicht für Reisen, die weniger als 24 Stunden dauern, keine Übernachtung umfassen und maximal 500 Euro kosten. Das heißt konkret: Tagesausflüge ohne Übernachtung sind durch das Reiserecht nicht geschützt, wenn sie bis zu 500 Euro kosten.
Kaufvertrag widerrufen
Ein Kaufvertrag kann widerrufen werden, wenn dieser außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen wurde. Möglich ist die Ausübung des Widerrufsrechts (schriftlich mit Zugangsnachweis!) innerhalb von 14 Tagen. Bei nicht erfolgter oder nicht ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrung geht das sogar länger, da die Widerrufsfrist nicht zu laufen beginnt.
Anfechtung wegen Täuschung
Sind Busgäste über ein Produkt getäuscht worden, zum Beispiel weil die Anpreisungen nicht stimmen, kommt eine Anfechtung der Willenserklärung in Betracht. Aber: Die Beweispflicht liegt beim Käufer bzw. der Käuferin.
Nichtigkeit wegen Wucher
Ein Rechtsgeschäft kann beispielsweise nichtig sein, wenn ein Unternehmen die Unerfahrenheit eines Käufers ausnutzt und ein sehr überteuertes Produkt verkauft. Aber: Ob ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung und damit Wucher vorliegt, muss im Einzelfall beurteilt werden.
Gewinnzusage
Werden Gewinne in Aussicht gestellt und nicht ausgezahlt, kann der Preis eingefordert werden. Voraussetzung für eine erfolgreiche Klage ist aber, dass die Formulierungen eindeutig sind.
Anzeige erstatten
Wenn die Veranstalter die Teilnehmenden daran hindern wollen, den Verkaufssaal zu verlassen, oder gar die Türen blockieren, kann das Freiheitsberaubung sein. Eine Nötigung kann zum Beispiel vorliegen, wenn jemand zum Kauf eines Produktes gezwungen wird. Dies kann man bei der Polizei anzeigen.

Kaffeefahrt-Abzocke im Ausland
Bei Verträgen, die in Deutschland geschlossen werden, findet grundsätzlich deutsches Recht Anwendung. Schließt der Verbraucher bei einer Verkaufsfahrt im Ausland einen Vertrag mit einer ausländischen Firma ab und wählen die Vertragsparteien kein anderes Recht, gilt das Recht des ausländischen Staates. Hat man etwa in der Türkei einen Teppich erstanden, beurteilt sich ein möglicher Widerruf nach türkischem Recht – auch wenn der Teppich nach Deutschland geliefert werden soll.
Nach deutschem Recht kommt ein Widerruf eines im Ausland geschlossenen Vertrags nur dann in Betracht, wenn einer der folgenden Aspekte zutrifft:
Der Verkäufer hat die Reise mit dem Ziel herbeigeführt, den Verbraucher zum Vertragsabschluss zu veranlassen
Der Besuch einer Verkaufsstätte gehört zum Gesamtprogramm der Pauschalreise und kann vom Reisenden nur durch Erstattung von Sonderkosten vermieden werden (OLG Stuttgart, Urteil vom 18.5.2015, Az.: 5U 147/14)
Teilnehmer seit 2022 besser geschützt
Der Bundestag hat die Regeln für Kaffeefahrten verschärft, um Verbraucher besser vor Abzocke zu schützen. Mit dem am 28. Mai 2022 in Kraft getretenen Gesetzespaket wird bei solchen Veranstaltungen der Verkauf von zum Beispiel Versicherungen, Bausparverträgen, Medizinprodukten und Nahrungsergänzungsmitteln grundsätzlich verboten. Außerdem müssen die Teilnehmer auf solchen Fahrten vom Veranstalter besser auf ihre Rechte (zum Beispiel das Widerrufsrecht) hingewiesen werden. Das Bußgeld bei Verstößen wurde von 1000 Euro auf 10.000 Euro angehoben.
Anbieter von Kaffeefahrten müssen künftig schon in der Werbung wichtige Angaben machen. So verlangt es die neue Fassung der Gewerbeordnung (GewO) in § 56a Absatz 4. Die Werbung muss Folgendes enthalten:
Art der Waren, die zum Verkauf angeboten werden
Ort der Veranstaltung
Name und Anschrift des Veranstalters
Kontaktmöglichkeiten zum Veranstalter per Telefon und E-Mail
Informationen über ein Widerrufsrecht