Kleinkind fährt Auto: Mutter haftet

Ein kleiner Junge steht auf dem Fahrersitz eines Autos und lenkt das Auto
Achtung, Nachwuchsfahrer: Eltern müssen ihre Kinder beaufsichtigen© Shutterstock/Bk87

Kleine Kinder können Dinge anstellen, mit denen man nicht rechnet. Ob eine Mutter ihre Aufsichtspflicht verletzt, wenn ihr Kind ein Auto in Bewegung setzt, hatte das Oberlandesgericht Oldenburg zu entscheiden.

Der Fall: Eine Mutter besuchte mit ihrem zweieinhalb-jährigen Sohn eine Familienfeier. Gegen Ende der Veranstaltung setzte sie den Kleinen in den Kindersitz auf dem Beifahrersitz ihres Autos, schnallte ihn aber nicht an. Sie legte den Autoschlüssel auf das Armaturenbrett und ging noch einmal ins Haus. Der Junge krabbelte vom Kindersitz, nahm den Fahrzeugschlüssel und startete das Auto. Der Wagen machte einen Satz nach vorn und verletzte die Großmutter, die circa eineinhalb Meter entfernt auf einer Bank saß. Sie erlitt schwere Verletzungen an beiden Knien, die im Krankenhaus behandelt werden mussten.

Kind fährt mit Auto los: Großmutter verletzt

Die Krankenkasse der Großmutter verlangte die Behandlungskosten von der Mutter ersetzt. Sie argumentierte, die Mutter hätte ihre Aufsichtspflicht verletzt, als sie ihr Kind allein im Auto sitzen ließ. Die Mutter war der Meinung, sie habe mit dem Verhalten ihres Sohnes nicht rechnen müssen, weil das Starten des Autos eine komplexe Abfolge von Handlungen sei. Außerdem sei sie nur ein oder zwei Minuten weg gewesen und habe die Autotüren weit offen gelassen. Die Sache ging vor Gericht.

Kleine Kinder ständig beaufsichtigen

Vor dem Landgericht Osnabrück bekam die Mutter in erster Instanz Recht. Es liege eine ganz außergewöhnliche Kausalkette vor, mit der umsichtige Eltern nicht zu rechnen brauchten, begründete das Gericht seine Entscheidung. Die Krankenkasse legte Berufung ein.

Das Oberlandesgericht Oldenburg entschied zugunsten der Krankenkasse. Die Mutter müsse wegen der Verletzung ihrer Aufsichtspflicht haften. Der Umfang der Aufsicht richte sich nach den Umständen des Einzelfalles und erhöhe sich je nachdem, wie gefährlich eine Situation sei.

Aufsichtspflicht verletzt: Mutter muss zahlen

Kleinkinder bedürften generell ständiger Aufsicht, führten die Richter aus. Durch das Alleinlassen des Jungen und das Zurücklassen des Autoschlüssels habe die Mutter eine erhebliche Gefahr geschaffen. Was weiter passierte, sei nicht völlig außergewöhnlich gewesen. Denn kleine Kinder griffen gerne nach Schlüsseln und versuchten, sie in Schlösser zu stecken und die Erwachsenen nachzuahmen, so die Richter.

Die Mutter hätte ihr Kind anschnallen, den Autoschlüssel mitnehmen oder jemanden mit der Beaufsichtigung beauftragen müssen. Weil sie das nicht getan hat, müsse sie für den Schaden einstehen. Der genaue Umfang des Schadenersatzes muss aber noch geklärt werden.

OLG Oldenburg, Urteil vom 20.4.2023, Az.: 14 U 212/22