Unfall mit dem Bierbike – Schadenersatz und Schmerzensgeld für den Zapfer
Der Betreiber eines so genannten "Bierbike" muss Schadenersatz und Schmerzensgeld bezahlen, wenn der in der Mitte des Bierbikes stehende "Zapfer" wegen mangelhaften Sicherheitsvorkehrungen stürzt und sich verletzt. Das hat das Amtsgericht Hannover entschieden.
Ein Mann nahm an einer Tour mit einem so genannten Bierbike teil. Ein Bierbike wird von mehreren Teilnehmern, die an Tresen um einen Ausschank herumsitzen, radelnderweise angetrieben. Mit an Bord des Bierbikes, das von einem Mitarbeiter des Veranstalters gelenkt und gebremst wird, ist ein 20-Liter Bierfass.
Ein im Bierbike stehender Teilnehmer schenkt das Bier über eine Zapfanlage an die Radler am Tresen aus. Im konkreten Fall hatte der Zapfer dabei keine spezielle Sicherung oder Haltegriffe. Er konnte sich nur an Metallstreben des Bierbikes festhalten.
Haltegriffe für Zapfer fehlen
Der Mann übernahm während der Junggesellentour den Ausschank an die anderen Teilnehmer. Als die Mitarbeiterin des Veranstalters das Bierbike über einen abgesenkten Bordstein lenkte und abbremste, stürzte der Zapfer auf das Bierfass und zog sich einen Bruch des Brustbeins zu. Er verlangte vom Veranstalter Schmerzensgeld und Schadenersatz. Dieser wollte nicht bezahlen und argumentierte, dass der Zapfer an der Fahrt auf eigenes Risiko teilgenommen hätte. Der Zapfer klagte.
Zapfer stürzt auf Bierfass
Die Richter des AG Hannover gaben dem Zapfer recht und entschieden, dass der Betreiber des Bierbike wegen mangelhafter Sicherheitsvorkehrungen haftet, weil er seine vertragliche Schutzpflichten gegenüber dem Zapfer verletzt hat. Der Betreiber hätte den Teilnehmer der Bierbike-Fahrt vor Körper- und Gesundheitsschäden schützen müssen.
Dazu hätten z.B. Haltegriffe für den Zapfer angebracht sein müssen, um den Zapfer vor Stürzen zu schützen. Es reicht nach Ansicht der Richter nicht aus, dass sich der Zapfer an den Streben für die Dachbefestigung oder an der Zapfanlage festhalten konnte.
Veranstalter muss Bierbike sichern
Der Veranstalter muss nach Ansicht der Richter einkalkulieren, dass der Zapfer nicht immer in der Lage ist, bei plötzlichen Fahrmanövern die Hände frei zu haben und sicheren Halt zu finden. Immerhin wird das Bierzapfen – das sahen die Richter als allgemein bekannt an – beidhändig ausgeführt, weil mit einer Hand der Zapfhahn bedient und mit der anderen Hand der Krug gehalten wird.
Außerdem muss der Veranstalter damit rechnen, dass der Zapfer nicht nur Bier austeilt, sondern auch selbst trinkt und deshalb weniger aufmerksam und vorsichtig ist, so die Richter.
Auch mit plötzlichen Fahrmanövern muss der Bierbike-Betreiber nach Ansicht der Richter rechnen. Daher hätte er das Bierbike mit einem Sicherungssystem (z.B. Gurt oder Griffe) für den Zapfer ausstatten müssen.
Den Aufwand dafür hielten die Richter relativ gering und daher zumutbar. Außerdem hätte die Mitarbeiterin das Bierbike rechtzeitig und vorsichtig abbremsen müssen.
Mitverschulden wegen unvorsichtigem Verhalten
Allerdings kürzten die Richter den Anspruch auf Schmerzensgeld um ein Drittel, weil sich der Zapfer unvorsichtig verhalten hatte. Den Zapfer traf daher ein Mitverschulden an seinem Sturz. Er hätte die Gefahr durch das Fahrmanöver voraussehen und sich darauf einstellen können, so die Richter. Der Zapfer hätte die ganze Fahrt über einen Überblick über bevorstehende Fahrmanöver haben und sich rechtzeitig festhalten müssen.
AG Hannover, Urteil vom 29.7.2020, Az.: 512 C 15505/19
Hinweis: Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.