ADAC Test: So oft werden rote Ampeln ignoriert
Bei Rot über die Ampel – mit dem Auto, Fahrrad, E-Scooter oder zu Fuß. Wie oft das passiert, hat der ADAC in Hamburg, Berlin, Köln, Leipzig und München untersucht.
Im ADAC Test mehr als 2800 Rotlichtverstöße
Besonders auffällig sind E-Scooter-Fahrer
Spezielle KI-Kameras, anonyme Erfassung
Die ADAC Tester wählten in jeder Stadt vier Kreuzungen aus. Die Kameras liefen im Oktober 2024 an einem Werktag zwischen 7 und 11 Uhr. Dabei nutzte der Club erstmalig bei einem solchen Test künstliche Intelligenz – sie ermöglichte eine präzise und anonyme Registrierung der Verstöße. Knöllchen gab es für die Rotsünder nicht.
Rot ist nicht gleich Rot
Entscheidend ist erstmal der Unterschied zwischen einem Haltelinien- und einem Rotlichtverstoß. Wer über die Haltelinie einer roten Ampel fährt, aber dann vor der eigentlichen Kreuzung zum Stehen kommt, begeht einen Haltelinienverstoß (10 Euro Verwarnungsgeld). Fährt man jedoch in die Kreuzung ein und das bis einschließlich eine Sekunde nachdem die Ampel umgesprungen ist, spricht man von einem einfachen Rotlichtverstoß.
Ist die Ampel schon länger als eine Sekunde rot, handelt es sich um einen qualifizierten Rotlichtverstoß. Auch Frühstarts sind nicht erlaubt: Wer vor Grün losfährt, etwa weil der Querverkehr zum Stehen gekommen ist, begeht ebenfalls einen qualifizierten Verstoß. Eine Ausnahme sind Fußgänger: Über Rot gehen zählt für sie immer zu den einfachen Verstößen.
E-Scooter besonders auffällig
Über alle Städte hinweg erfasste der ADAC mehr als 2800 Rotlichtverstöße. In rund einem Drittel der Fälle kam es zu einem qualifizierten Rotlichtverstoß (knapp 33 Prozent).
Besonders ungeduldig sind Fahrrad- oder E-Scooter-Fahrende und Fußgänger: Je länger eine Rotphase dauert und je weniger Verkehr an der Kreuzung fließt, umso höher ist die Bereitschaft Rot zu ignorieren. Auch in der Nähe von Bus- oder Straßenbahn-Haltestellen häufen sich Rotlichtverstöße, insbesondere zwischen 8 und 10 Uhr.
Rund acht Prozent der im ADAC Test erfassten Rotlichtverstöße entfielen auf Radfahrende und Fußgänger. Auto-, Motorrad- und Lkw-Fahrer kamen auf knapp zwei Prozent.
Auffällig waren E-Scooter-Fahrerinnen und -Fahrer: Von insgesamt 338 begingen rund 15 Prozent einen Verstoß, in 90 Prozent aller Fälle war die Ampel schon länger rot. Folge: ein qualifizierter Rotlichtverstoß.
Verkehrspsychologe Ulrich Chiellino erklärt: "E-Scooter-Fahrende sind meist sorgloser als andere Verkehrsteilnehmer unterwegs. Das besondere Fahrgefühl kann den unbekümmerten Eindruck noch verstärken. Hinzu kommt, dass meistens Leih-Scooter genutzt werden, bei denen man für jede Minute zahlt. Auf Kurzstrecken, wo sie überwiegend im Einsatz sind, sinkt dann die Hemmschwelle bei roten Ampeln."
Punkte, Bußgelder und Fahrverbote
Die Verstöße, die während der ADAC Erhebung registriert wurden, hätten bei polizeilicher Erfassung beachtliche Konsequenzen gehabt: Über 150.000 Euro Bußgelder, mehr als 1500 Punkte im Fahreignungsregister in Flensburg und 164 einmonatige Fahrverbote.
Bei einem einfachen Rotlichtverstoß mit einem Kraftfahrzeug gibt es einen Punkt und ein Bußgeld von 90 Euro. Ein qualifizierter Rotlichtverstoß wird mit zwei Punkten, einem Bußgeld von 200 Euro und einem Monat Fahrverbot geahndet.
Für einfache Verstöße mit dem Fahrrad oder dem E-Scooter gibt es 60 Euro und einen Punkt. Bei einem qualifizierten sind es 100 Euro und ebenfalls ein Punkt.
Fußgängerinnen und Fußgänger, die bei Rot über die Ampel gehen, zahlen fünf Euro. Wer mehrfach erwischt wird, dem drohen auch Punkte in Flensburg. Bei einer Gefährdung oder einem Unfall können Fußgänger zudem für Personen- und Sachschäden haftbar gemacht werden.
Für alle, die einen Führerschein machen wollen, können Punkte im Fahreignungsregister Probleme bedeuten. Wer wiederholt auffällig geworden ist, dem kann die Fahreignung abgesprochen werden. In der Probezeit kann außerdem eine Teilnahme an einem Aufbauseminar angeordnet werden.
Ampel der Zukunft

Die von der EU mit dem Excellence in Road Safety Award ausgezeichnete Ampel der Zukunft soll die Verkehrsführung effizienter und sicherer machen. Die Ampel priorisiert Einsatzfahrzeuge und passt Grünphasen an. So schützt sie etwa große Gruppen, Rollstuhlfahrer oder ältere Menschen, die mehr Zeit als andere brauchen, um eine Straße zu überqueren.
Eine Ampel der Zukunft wird seit April 2024 im bayerischen Landshut getestet. In München gibt es ebenfalls ein Pilotprojekt mit einer intelligenten Lichtsignalanlage. Auch die Stadt Hamm testet seit 2023 eine KI-Ampel, zwischenzeitlich kam es jedoch zu Problemen im Verkehrsfluss.