FDP-Verkehrsexperte Luksic: "Ich befürchte, dass Mobilität zum Luxusgut wird"
Oliver Luksic ist Verkehrsexperte der FDP im Bundestag. Im ADAC Interview wirbt er für mehr Regulierung bei Daten im Auto und warnt vor einer Preisexplosion bei Kleinwagen durch Elektromobilität.
ADAC Redaktion: Haben Autos mit Verbrennungsmotor noch eine Zukunft?
Oliver Luksic: Der Verbrennungsmotor ist nicht das Problem. Sondern die Frage, was verbrannt wird. Wir sollten kurzfristig einen rechtlichen Rahmen schaffen, der die Beimischung von alternativen und synthetischen Kraftstoffen erhöht und langfristig ganz auf synthetische Kraftstoffe umstellen. Das ist auch mit Blick auf die vielen Millionen Autos
mit Benzin- oder Dieselantrieb sinnvoll, die derzeit in Deutschland zugelassen sind.
Auf welche Antriebe würden Sie setzen?
Derzeit setzt die Politik ausschließlich auf batteriebetriebene E-Mobilität. Das halte ich für falsch. Es wäre besser, wenn das der Wettbewerb regelt. Kurzfristig wird die Batterie auf kürzeren Distanzen und in Städten eine große Rolle spielen. Aber auf längeren Strecken und bei größeren Fahrzeugen halte ich andere Lösungen für sinnvoll: zum Beispiel Hybrid und Wasserstoff bei größeren SUV sowie vor allem Nutzfahrzeugen.
Sie sprechen weitere Strecken an. Brauchen wir noch mehr Autobahnen? Winfried Hermann, Verkehrsminister in Baden-Württemberg, hat bei uns im Interview gesagt, dass er Deutschland für weitgehend erschlossen hält.
Die Grünen haben eine Asphalt-Allergie. Dabei wird auch aus Bundesländern, in denen sie weiter mitregieren, auch Bedarf an neuen Straßen angemeldet. Wir sollten im Bundesverkehrswegeplan den Fokus auf Erhalt und Sanierung von Straßen und Brücken legen. Aber wir brauchen auch ein wenig Neubau von Straßen, um Lücken zu schließen. Deshalb ist so ein apodiktisches Vorgehen wie von den Grünen falsch.
Wie sollten Verkehrswege finanziert werden? Mit Steuergeldern oder einem neuen Anlauf auf eine Maut?
Autofahrer zahlen schon heute über Kfz-, CO₂- und Mineralölsteuer sehr viel mehr, als in die Straßen investiert wird. Noch stärker sollten sie nicht belastet werden, zumal die Anschaffung von Autos massiv verteuert wird. Autofahren darf nicht zu einer sozialen Frage werden.
Sie sagen, dass neue Fahrzeuge immer teurer werden. Sind sie vor diesem Hintergrund für Kaufprämien?
Kaufprämien sind höchstens für eine Übergangsphase geeignet, aber in der Höhe wie jetzt sehe ich das sehr kritisch. Durch die CO₂-Flottengrenzwerte gibt es quasi Strafzahlungen für die Hersteller. Die müssen deshalb E-Fahrzeuge in den Markt drücken, mit denen sie kein Geld verdienen. Und die werden quersubventioniert durch Verbrenner. E-Autos kosten schnell bis zu 10.000 Euro mehr als konventionelle Pkw, das fällt bei Kleinstfahrzeugen besonders ins Gewicht. Der VW up oder der Opel Adam wurden vom Markt genommen, das Einstiegssegment wird teurer, weil es sich nicht mehr lohnt, sie herzustellen.
Daten im Auto spielen eine immer größere Rolle. Wem gehören sie aus Ihrer Sicht?
Die Menge an Daten in einem Auto ist bald größer als die in einem Kampfflugzeug. Da bedarf es, das wollen Liberale nur selten, einer Regulierung. Im Moment hat der Autofahrer so gut wie keinen Einfluss darauf, was mit den Daten geschieht, die er nach dem Kauf eines Fahrzeugs generiert.
„Der Staat muss regulieren, wer zu welchen Daten den Zugang bekommt. Sonst entsteht ein Monopol.“
Oliver Luksic, Bundestagsabgeordneter, FDP
Bei Sicherheits- und Motordaten verstehe ich, dass es ein Stück weit Exklusivität für den Hersteller gibt. Aber es gibt Informationen, die für den Autofahrer und das große Ökosystem, in dem er sich bewegt, relevant sind. Das sind etwa Versicherer, Start-ups oder Prüforganisationen. Hier muss der Staat regulieren, wer zu welchen Daten den Zugang bekommt. Sonst entsteht ein Monopol.
Viele Menschen gehen sehr locker mit Daten um. Wie kann die Politik hier sensibilisieren? Steht Datenschutz weit genug oben auf der politischen Agenda?
Sie können aus dem Auto alles herauslesen. Sie können sehen, wer wann wohin gefahren ist, und wie viele Menschen im Auto waren. Der Kunde hat noch gar nicht verstanden, welchen Datenschatz er gratis weitergibt. Da muss man ihn sensibilisieren.
Also muss der Staat für klare Regeln sorgen?
Ja. Hier geht es auch um Wertschöpfungsketten, um berechtige Interessen von Dritten. Und der Autofahrer ist in dieser Gleichung bisher kaum vorgesehen. Er gibt mit dem Kauf des Fahrzeugs seine Rechte an seinen Daten quasi ab. Diese Diskussion spielt ja auch beim autonomen Fahren eine große Rolle.
Derzeit wird ein Gesetz zum autonomen Fahren vorbereitet. Wo sehen Sie Verbesserungsbedarf?
Der aktuelle Ansatz ist gut und richtig. Schwierig wird es beim Kleingedruckten. Mich stört, dass das Ministerium zuerst lange für seinen Entwurf braucht, und Verbänden und Unternehmen dann nur ein paar Tage für Feedback gibt. Ein Knackpunkt ist auch hier der Zugang zu den Daten, die ein autonomes Fahrzeug erzeugt. Mein Eindruck: Das Verkehrsministerium will diese komplexen Diskussionen abwürgen.
Können deutsche Behörden autonome Fahrzeuge prüfen und überwachen?
Tatsächlich muss man die Frage stellen, ob das Kraftfahrtbundesamt derzeit über die Kompetenzen verfügt, diese Verfahren zu durchdringen. Es gibt ein großes Ungleichgewicht zwischen Staat und Industrie, Letztere ist viel schneller unterwegs. Ein gutes Beispiel sind
die automatischen Updates, die Tesla für seine Autos anbietet. Rechtlich bewegt man sich dabei in einer Grauzone, eigentlich müssten neue Funktionen einer Typgenehmigung
unterzogen werden. Aktuell gibt es hier ein Regulierungsdefizit.
Vertrauen Sie auf die neue Technologie?
Ja. Die Unfallstatistiken zeigen, dass der Mensch mit großem Abstand Risikofaktor Nummer eins im Straßenverkehr ist. Verbesserungen sind meist durch Technik entstanden.
Wer muss in Zukunft bei Unfällen mit autonomen Autos haften?
Es wird noch eine Weile eine Übergabe während der Fahrt geben, vom Mensch zur Maschine und wieder zurück. Während der autonomen Fahrt muss der Hersteller haften. Nur: Wann genau die Haftung an den Fahrer und seine Versicherung übergeht – über die rechtliche Klärung dieser Frage müssen wir noch diskutieren.
Das wird übrigens auch psychologisch ein Problem bleiben. Der Sinn eines autonomen Fahrzeugs ist ja, dass der Fahrer entlastet wird, abschalten kann. Nur: Er wird noch lange relativ schnell dazu in der Lage sein müssen, ins Lenkrad zu greifen. Man ist also ständig unter Druck, aufmerksam zu bleiben.
Die Digitalisierung des Verkehrs wird immer wieder gefordert. Was muss konkret passieren?
Beim Straßenverkehr hat die intelligente Verkehrslenkung ein riesiges Potenzial. Leider haben die Kommunen oft nicht das Rüstzeug, um bei diesem Thema voranzuschreiten. Es fehlt an Software, Abstimmung, Schnittstellen zwischen den verschiedenen Programmen und zwischen den Kommunen.
Im Augenblick entwickeln viele Kommunen ihre eigenen Insellösungen, auch der Bund hat seine Versprechen nicht gehalten. Wir brauchen hier staatliche Rahmenbedingungen. Das Gleiche gilt für den ÖPNV, wo auch viele Verkehrsbetriebe vor sich hin entwickeln. Viel Potenzial hat auch die Bahn: Als geschlossenes System wäre die Digitalisierung dort eigentlich recht einfach. Und auch bei der Infrastruktur muss mehr passieren, etwa bei Sensoren, die den Zustand von Brücken überwachen.
Tut es Ihnen rückblickend leid, dass die FDP 2017 nicht in die Regierung gegangen ist?
Regierungsverantwortung macht Spaß, wenn man gestalten kann. Beim letzten Mal hat das leider nicht geklappt, ich hoffe, das wird nach der nächsten Wahl eine Option. Gerade im Verkehrsbereich müssen wir dringend auf Wirtschaftlichkeit, Technologieoffenheit und Bezahlbarkeit für den Verbraucher achten. Meine große Befürchtung ist, dass sich Mobilität bei einem grünen Verkehrsminister massiv verteuert und zum Luxusgut wird.