ADAC holt frühgeborene Zwillinge aus Bosnien
Gleich nach einem Not-Kaiserschnitt wurde Adna H. von ihren zu früh geborenen Zwillingen getrennt. Vater Tarik H. erzählt, wie der ADAC Ambulanzjet die Familie aus Bosnien nach Hause brachte.
"Meine Frau war so dankbar", sagt Tarik H. heute bewegt. Als Adna H. ihre Kinder das erste Mal in die Arme schließen konnte, habe sie nur geweint. Denn unmittelbar nach der Geburt mussten Mutter und Zwillinge getrennt in weit voneinander entfernten Kliniken in Bosnien-Herzegowina behandelt werden. Erst ein ADAC Ambulanz-Flug brachte die Familie schließlich in Karlsruhe zusammen. Dort nahm eine Odyssee mit viel Angst und Schrecken ihr Ende.
Eigentlich war die schwangere Adna mit ihrem Mann Tarik und der ersten Tochter Hana, 16 Monate, zu einem langen Urlaub in die ursprüngliche Heimat Bosnien-Herzegowina aufgebrochen. Der betreuende Arzt hatte keine Einwände gegen die anstrengende Autofahrt in den Süden. Auch beim Besuch bei einem bosnischen Gynäkologen wies nichts auf das kommende Drama hin. Daher wollte die Familie eine Woche auf der kroatischen Insel Brac verbringen. Während der Anfahrt aber erkrankte Tochter Hana: Erbrechen, Durchfall. Die Familie brach die Fahrt ab und kehrte nach Bosnien zurück.
Schlimme Vorahnung
Abends bemerkte Adna, dass es ihr nicht gut ging. "Ich ahnte schon, dass Schlimmes passieren wird, als wir auf dem Weg in die Ambulanz nach Bihac waren", erzählt Ehemann Tarik. Aber da das Ehepaar noch auf eine kurze Untersuchung hoffte, hatte es nichts weiter dabei, die 16 Monate alte Tochter blieb bei der Familie.
Unterwegs setzten die Wehen ein. Als das Paar in der Klinik ankam, versuchten die Ärzte die drohende Risiko-Frühgeburt zu verhindern. "Es waren ja gut 80 Tage bis zum regulären Geburtstermin, die Kinder noch viel zu klein", erzählt Tarik.
Frühgeborene kaum versorgt
Aber plötzlich ging alles ganz schnell: Die Ärzte mussten die Zwillinge in einer Notoperation per Kaiserschnitt holen. Der Junge – später nannte die Familie ihn Isa – schaffte es ganz gut auf die Welt. Aber das Mädchen – Nadine – atmete zunächst nicht. Sie musste im Krankenhaus reanimiert werden, bevor ihr Leben begann. "Das war eine schreckliche Situation, meine Frau zudem noch narkotisiert." Außerdem stand die Versorgung der Neugeborenen in Frage: Die Klinik in Bihac verfügte weder über Inkubatoren, noch war sie auf die Versorgung von Frühgeborenen eingestellt.
Nadine ohne Sauerstoff
"Ich hatte große Angst um unsere Kinder und um meine Frau. Sie war nach der Notoperation noch nicht richtig bei sich, die Zwillinge viel zu früh geboren, und die Tochter kämpfte um ihr Leben." erzählt Tarik H. Nadine war ohne Sauerstoff und schon bläulich. Selbst wenn sie überleben würde, drohten lebenslange Behinderungen, warnten die Ärzte. Die Mediziner entschieden, dass die Kinder mit dem Notarztwagen nach Sarajewo gebracht werden müssten. In der fast sechs Autostunden entfernten Klinik würden ihre Überlebenschancen steigen. "Allerdings musste meine Frau im Krankenhaus in Bihac bleiben. Das war schlimm, weil wir ja nicht wussten, ob die Kinder diese Strapazen überleben würden. Adna hatte ihre Kinder noch nicht einmal gesehen", beschreibt Tarik die Lage.
Stundenlange Fahrten
In Sarajewo kamen die Kinder in einem schlechten Zustand an, erfuhren Tarik und Adna später am Telefon. Aber sie lebten. "Ich fuhr diese lange Strecke immer wieder zu unseren Zwillingen. Aber ich durfte sie nur zehn Minuten anschauen, berühren durfte ich unsere Kleinen nicht." Nach den Besuchen in Sarajewo fuhr Tarik wieder in die Klinik in Bihac zu seiner Frau. Immerhin erreichten das Ehepaar nach wenigen Tagen aufmunternde Nachrichten über das Telefon. Nadine und Isa erholten sich.
Erleichternder Anruf
Inzwischen rief Tarik H. als ADAC Premium-Mitglied beim ADAC Ambulanz-Service an und erklärte die schwierige Situation. "Nach dem Gespräch fühlte ich mich seit Tagen zum ersten Mal erleichtert. Denn die betreuende Ärztin sagte mir: 'Wir holen Ihre Familie, wir kümmern uns!'" Tarik schickte einige Unterlagen wie den Mutterpass, nannte die beteiligten Ärzte und Kliniken, dann übernahm der Ambulanz-Service aus München die Regie. Die mehrsprachigen Ärzte telefonierten mit den Kollegen in Sarajewo, die "ehrlich gesagt überrascht waren, dass der ADAC das alles übernimmt", so Tarik. Der Ambulanz-Service klärte die diversen Diagnosen, prüfte, ob Tariks Frau und seine Kinder flugfähig wären, und informierte die Familie über jeden Schritt. "Das tat sehr gut."
Alle Patienten am Flughafen
Dann kam der wirklich erlösende Anruf: "Wir holen Ihre Frau und Ihre Kinder morgen Mittag in Sarajewo ab!" Betten waren in einer heimatnahen Klinik gefunden, Adna, Nadine und Isa galten als transportfähig. "Das war irgendwie auch ein Schock, weil jetzt Adna schnell von Bihac nach Sarajewo gebracht werden musste." Aber jeder Schritt war gut vorbereitet und klappte: Alle Patienten erreichten pünktlich den Flughafen, wo eine Dornier 328 des ADAC, die medizinische Crew und die Piloten warteten.
Die junge Familie landete gut 1,5 Flugstunden später in Karlsruhe. Ein Transport brachte die drei Patienten umgehend in eine spezialisierte Klinik. Nach den nötigen Untersuchungen nahm Adna ihre Kinder erstmals in den Arm. "Sie weinte vor Glück und Dankbarkeit", erzählt Tarik, der die lange Strecke mit Tochter Hana im Auto zurückgelegt hatte.
Heute ist die Familie oft beisammen, die Klinik nur 20 Minuten vom Wohnort entfernt. Die Zwillinge Nadine und Isa sind auf einem sehr guten Weg und brauchen nur noch ab und zu Sauerstoff. Nadine hat sich vollständig erholt, bewegt sich normal und hat sich – wie auch Isa – gut entwickelt.