Kreuzfahrt in Asien: ADAC holt Herzkranken heim

Dr. Julian Sterr, Leiter des Medizinischen Kompetenz-Centers des ADAC, ist Flugarzt beim ADAC Ambulanz-Service. Er erzählt, wie er einen herzkranken Patienten aus Vietnam zurückholte.
"Der 64-jährige Patient mit Herzschwäche meldete sich auf der Notruf-Hotline des ADAC Ambulanz-Service aus Vietnam: Erst hatte er auf einer Kreuzfahrt in Südost-Asien lebensbedrohliche Herzrhythmusstörungen bekommen. Deshalb setzte der implantierte Defibrillator während eines Halts in Hongkong einen Schock ab. Das Gerät verhindert im Notfall mit Elektroschocks den plötzlichen Herzstillstand. In einer Klinik in Hongkong wurde der 64-Jährige untersucht. Die dortigen Ärzte erklärten, dass alles in Ordnung sei und er die Kreuzfahrt fortsetzen könne.
Hilferuf aus Vietnam
Wenige Tage später gab der Defibrillator bei einem Zwischenstopp in Vietnam erneut Schocks ab. Diesmal nahm eine Klinik in Da Nang den 64-Jährigen auf. Dort konnte der Defibrillator nicht ausgelesen werden. Damit konnten die Ärzte die Ursache der Schockabgabe nicht diagnostizieren, während es gleichzeitig zu immer weiteren Schockabgaben kam. In dieser Situation meldete sich der 64-Jährige bei uns und bat um Hilfe.
"Wir holen Sie nach Deutschland"

Wir ließen den Herzkranken in das beste Krankenhaus der Region in Hué verlegen, wo das Auslesen allerdings zunächst auch nicht möglich war. Uns gelang es aber, den Hersteller des Defibrillators zu kontaktieren und dafür zu sorgen, dass ein Techniker mit dem Auslesegerät ins Krankenhaus geschickt wurde.
Jetzt konnten die vietnamesischen Ärzte die richtige Diagnose stellen und mit der lebensrettenden Therapie beginnen. Klar war aber, dass der 64-Jährige in Vietnam nicht ausreichend versorgt war: Sobald er sich stabilisiert hatte, wollten wir ihn sofort nach Deutschland holen.
Arzt und Sanitäter fliegen ein
Mit der Optimierung der Therapie und der richtigen Programmierung des Defibrillators erholte sich der 64-Jährige zwar. Aber es war in diesem komplexen Fall wichtig, dass ich als verantwortlicher Arzt den Zustand des Patienten vor Ort persönlich einschätzte. Außerdem konnte ich so beim geplanten Transport im schlimmsten Fall eingreifen.
Als die Klinik in Vietnam uns mitteilte, dass der 64-Jährige transportfähig war, veranlassten wir in München alles organisatorisch Notwendige und ich flog gemeinsam mit einem erfahrenen Notfallsanitäter sofort nach Vietnam. Dort überprüften wir den Zustand des Patienten, sprachen mit den vietnamesischen Ärzten und bereiteten den 64-Jährigen auf den Transport vor.
Vital-Werte ständig überwacht

Mit der nötigen Ausrüstung für alle Eventualitäten gewappnet, gelang es uns schließlich nach einer weiteren Therapieoptimierung vor Ort den Patienten auf einer Linienmaschine sicher und unbeschadet nach Deutschland zu bringen. Während des Flugs überwachte ich permanent die Vital-Werte des Patienten und gab ihm regelmäßig lebenswichtige Medikamente.
Schließlich landeten wir nach über 24 Stunden Flug- und Reisezeit in Frankfurt am Main. Ein Krankenwagen brachte den Patienten zur Weiterbehandlung in eine Klinik nahe seines Wohnorts. Der Fall zeigt, wie wichtig die persönliche Betreuung sein kann.“
47.000 Mal Hilfe
Als Leiter des Medizinischen Kompetenz-Centrums entscheidet Dr. Julian Sterr täglich mit, welches Transportmittel für welchen Erkrankten sinnvoll ist. Der ADAC Ambulanz-Service hilft jedes Jahr rund 47.000 verunglückten oder erkrankten Menschen im Ausland: In vielen Fällen organisiert der Ambulanz-Service in enger Absprache mit den Kliniken und Angehörigen von München aus einen Kranken-Rücktransport, sei es mit dem Krankenwagen oder mit einem Platz in der Linienmaschine.
Manchmal reicht es, einen Fahrer zu schicken, der die verunfallte Person in ihrem eigenen Fahrzeug aus dem Urlaubsort zurückfährt. In schweren Fällen fliegt einer der vier ADAC Ambulanz-Jets zum Erkrankten. Die Maschinen sind teilweise fliegende Intensiv-Stationen und retten über 1000 Mal im Jahr Leben.