Eine ADAC Untersuchung vom September 2021 zeigt: Während sich die meisten Autofahrenden auf Landstraßen sicher fühlen, spricht die Unfallstatistik eine andere Sprache. Einschätzungen und Fakten. Die meisten Befragten überschätzen die Sicherheit auf Landstraßen Etwa jeder Zweite fährt dort schneller als erlaubt Für strengere Regeln auf Landstraßen gibt es keine Mehrheit Hier lagen viele daneben: Der ADAC wollte wissen, welche Straßenarten Verkehrsteilnehmende für sicherer halten – innerorts, außerorts, Autobahnen? Außerdem beantworteten sie Fragen nach dem eigenen Verhalten. Untersucht und ausgewertet wurde im September 2021 – mit spannenden Ergebnissen. Das sagt die Unfallstatistik Unfallschwerpunkt sind Außerortsstraßen, Autobahnen nicht eingeschlossen. Hier gibt es seit Jahren rund 60 Prozent der Todesopfer im Straßenverkehr. Noch über diesem Durchschnitt lagen diese Werte 2020 bei Pkw-Insassen (knapp 73 Prozent, 849 Tote), Motorradfahrenden (fast 76 Prozent, 418 Tote) sowie Pedelec-Fahrenden. Diese Verkehrsbeteiligten gehen dort also ein erhebliches Unfallrisiko ein. Doch auch innerhalb dieser Ortslagen-Kategorie existieren Unterschiede. So gibt es auf Bundesstraßen mit ihrer überdurchschnittlich hohen Kfz-Fahrleistung pro Kilometer etwa doppelt so viele Todesopfer wie auf Landesstraßen, die in Bayern und Sachsen als Staatsstraßen bezeichnet werden. Auf den Kreis- und sonstigen Außerortsstraßen liegen Unfalldichte und durchschnittliche Verkehrsbelastung deutlich niedriger. Die Umfrageergebnisse Den Fakten aus der Unfallstatistik stehen die Kenntnisse und Einschätzungen der Befragten gegenüber. Bezüglich des Verkehrsunfallgeschehens gibt es erhebliche Abweichungen zwischen den statistisch erfassten Daten und den Einschätzungen. Das Unfallgeschehen – oft falsch eingeschätzt Dass die mit Abstand meisten Verkehrstoten auf Landstraßen zu beklagen sind, ist vielen Verkehrsteilnehmern nicht bekannt. So hielten nur 40 Prozent der Motorradfahrenden die Landstraße für die Ortslage mit den meisten Verkehrstoten, 43 Prozent der Fahrerinnen und Fahrer von Fahrrädern oder langsamen Kfz sowie 50 Prozent der Pkw-Fahrenden. Nur 20 Prozent derjenigen, die auf Landstraßen unterwegs sind, nannten auf die Frage, wo die meisten Verkehrstoten zu beklagen sind, die richtige Rangfolge: außerorts, innerorts, auf Autobahnen. Das Sicherheitsgefühl – große Unterschiede Auf die Frage, wie sicher man sich auf Landstraßen fühlt, gaben die unterschiedlichen Verkehrsteilnehmer sehr unterschiedliche Antworten. Sicher fühlen sich 74 Prozent der Pkw-Fahrenden, 59 Prozent der Motorradfahrenden, aber nur 31 Prozent der Fahrrad- oder langsame Kfz-Fahrenden. Aus dieser dritten Gruppe fühlt sich fast ein Drittel beim Fahren auf Landstraßen (überhaupt) nicht sicher. Das Tempo – jeder Zweite ist oft zu schnell Auf die Frage, wie schnell man üblicherweise auf Landstraßen ohne örtliches Tempolimit und bei "freier Fahrt" unterwegs ist, gaben 48 Prozent der Pkw-Fahrenden an, schneller als erlaubt unterwegs zu sein, allein elf Prozent fahren (sehr) häufig schneller. Und: Biker sind im Vergleich zu Autofahrenden häufiger schneller auf Landstraßen unterwegs als erlaubt. Langsamer als mit 100 km/h ist etwa die Hälfte der befragten Autofahrenden unterwegs, bei den Motorradfahrenden 43 Prozent. Am Steuer von Pkw spielen zwei Faktoren eine Rolle: Alter und Geschlecht. Auf Landstraßen fahren Jüngere häufiger schneller als Ältere und Männer tendenziell eher als Frauen. Überholen – eine kritische Situation Jeder fünfte Pkw-Fahrende erlebt beim Überholen auf Landstraßen (sehr) häufig kritische Situationen, und zwar eher als Überholter. Als aktiver Teil ziehen Autofahrende meist an Traktoren vorbei. Motorradfahrende sind überholfreudiger und lassen am häufigsten Autos hinter sich. Jeder Vierte erlebt dabei riskante Situationen, und zwar meist als aktiver Teil des Überholvorgangs. Und: Mehr als die Hälfte der Motorradfahrenden nennt eigenes Fehlverhalten als Ursache einer gefährlichen Überholsituation. Die drei häufigsten Ursachen für Gefahrensituationen beim Überholvorgang sind Gegenverkehr, plötzliche Beschleunigung und das Ausscheren des zu Überholenden. Auf eine sichere Gelegenheit zum Überholen zu warten, macht rund drei Vierteln der Auto- und Motorradfahrenden nichts aus. Sicherheit – Radfahrende fühlen sich bedrängt Fahrerinnen und Fahrer von langsamen Kfz, Fahrrädern oder Pedelecs erleben im Straßenverkehr häufig belastende Situationen. Besonders unsicher fühlen sie sich, wenn andere ihnen zu nahe kommen. Typische Situationen: Sie werden an ungeeigneten oder unübersichtlichen Stellen überholt bzw. ihnen kommen dort Fahrzeuge entgegen, der Seitenabstand beim Überholen ist zu gering, oder Fahrzeuge fahren mit hoher Geschwindigkeit von hinten heran. Mehrheit für Beibehaltung der Regeln Die Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h erachten 72 Prozent der Pkw-Fahrenden und 65 Prozent der Motorradfahrenden als sinnvoll. Ihr Absenken würde das Sicherheitsgefühl der Verkehrsteilnehmer nur eingeschränkt erhöhen. Vor allem Männer, Autofahrende unter 50 Jahren und solche, die viel fahren, würden sich von einer niedrigeren Höchstgeschwindigkeit beeinträchtigt fühlen. Ein generelles Überholverbot auf einspurigen Landstraßen befürwortet nur gut ein Drittel der Pkw- und Motorradfahrenden. Damit halten sich Ablehnung und Befürwortung in etwa die Waage. Wege zu mehr Sicherheit So wurde untersucht Im September 2021 gaben 3261 Verkehrsteilnehmer ab 16 Jahren, die an mindestens zehn Tagen pro Jahr auf Landstraßen fahren, Auskunft zu ihrem Verhalten sowie zu ihren Einstellungen. Je rund ein Drittel der Personen beantwortete Fragen als Fahrerinnen und Fahrer von Pkw, von Motorrädern mit amtlichen Kennzeichen ab 45 km/h und von Fahrrädern einschließlich Pedelec/E-Bike oder Kfz mit Versicherungskennzeichen bis 45 km/h. Die Nürnberger infas quo GmbH führte die Untersuchung als Online-Befragung durch. Die Umfrageergebnisse sind repräsentativ.