Wasserunfall: Wenn das Auto ins Wasser stürzt
Ein Auto stürzt in ein Gewässer und versinkt. Um sich rechtzeitig zu befreien, ist es in dieser lebensbedrohlichen Situation wichtig, schnell und überlegt zu handeln.
Elektrische Fensterheber funktionieren im Wasser nur noch kurze Zeit
Seitenfenster so schnell wie möglich öffnen und Fahrzeug verlassen
Einschlagen der (Seiten-)Fenster unter Wasser kaum möglich
Wenn ein Fahrzeug in ein Gewässer stürzt oder fährt, bleibt nicht viel Zeit für die Rettung. Deshalb lautet die zentrale Verhaltensregel für die Fahrzeuginsassen: Verlassen Sie nach dem Aufprall im Wasser das Fahrzeug so schnell wie möglich durch die Seitenfenster oder auch durch das Schiebedach.
Unter Wasser: Das passiert mit dem Auto
Abhängig von Fallhöhe, Aufschlagwinkel und Geschwindigkeit prallt das Fahrzeug mehr oder weniger hart auf. Dabei kann es kurz unter die Wasseroberfläche absacken. Doch dann schwimmt es in der Regel mit den Rädern nach unten auf dem Wasser. Diese Phase kann einige Minuten dauern.
Dann dringt Wasser durch die Karosserie ein, das Auto beginnt unterzugehen. Fahrzeuge mit Frontmotor sacken tendenziell nach vorn, solche mit Heckmotor nach hinten weg. Beim Absinken kann sich das Fahrzeug drehen und auch trudeln – abhängig von Faktoren wie Strömungen bei fließenden Gewässern oder auch der Gewichtsverteilung. Die Insassen können durch diese unkontrollierten Fahrzeugbewegungen leicht die Orientierung verlieren.
Sturz ins Wasser: Das sollten Sie tun
Die Experten des schweizerischen Automobilclubs TCS und ADAC Fachleute empfehlen:
Schnallen Sie sich nach dem Aufprall auf dem Wasser sofort ab und fordern Sie weitere Insassen auf, dies umgehend auch zu tun.
Schalten Sie die Warnblinkanlage ein, Helfer können das Fahrzeug im Wasser besser orten.
Lassen Sie alle Seitenfenster herunter oder öffnen Sie das Schiebedach. Auch bei Wassereintritt funktionieren elektrisch betriebene Fensterheber und/oder Schiebedach in der Regel noch für einen kurzen Zeitraum.
Verlassen Sie dann das Fahrzeug so schnell wie möglich durch die Seitenfenster oder das Schiebedach. Handeln Sie dabei bewusst und möglichst ohne Panik.
Versuchen Sie in jedem Fall, das Auto vor dem Untergehen zu verlassen.
Gelingt es Ihnen nicht, eine Seitenscheibe oder ein Schiebedach zu öffnen, sollten Sie versuchen, die Seitenscheiben mit einem harten und kantigem Gegenstand einzuschlagen und das Fahrzeug über diesen Fluchtweg zu verlassen. Ganz wichtig zu wissen: Die Seitenscheiben sind meist aus Einscheiben-Sicherheitsglas, nur da ist ein Einschlagen überhaupt möglich. Bei Verbundglas (Frontscheibe) geht das nicht. In der Praxis wird ein Einschlagen der Seitenfenster vor allem unter Wasser aber nur sehr schwer oder gar nicht gelingen.
Ein hilfreiches Rettungswerkzeug kann hier ein sogenannter Federkörner sein, der mittels eines kleinen Bolzens ohne allzu große Kraftanstrengung die Scheibe zertrümmert. In die kleinen Geräte ist meist auch ein Gurtschneider integriert.
Helfen Sie hinten sitzenden Insassen durch Ziehen und Schieben durch die Fensteröffnung oder das Schiebedach zu kommen.
Fehler vermeiden: Das sollten Sie nicht tun
Versuchen Sie nicht reflexartig, die Tür zu öffnen. Der Wasserdruck von außen verhindert in der Regel ein (einfaches) Öffnen der Tür.
Warten Sie auf keinen Fall ab, bis das Auto geflutet ist – auch wenn sich die Türen dann unter Wasser von innen öffnen lassen könnten. Der enorme Stress der Situation sorgt für die größte Gefahr. Denn Angst schlägt rasch in Panik um.
Öffnen Sie auf keinen Fall die Tür zur Rettung, wenn sich auf dem Rücksitz noch weitere Passagiere befinden – deren Chancen sinken durch das rasch eindringende Wasser rapide.
Gibt es Besonderheiten bei E-Autos?
Die genannten Tipps sind grundsätzlich auch auf Elektroautos übertragbar. Alle Stecker und Kontakte des Hochvoltsystems sowie die Hochvoltbatterie sind wasserdicht, und es besteht auch bei zeitweiliger Wassereinwirkung kein Stromschlagrisiko.
Die Bordelektronik ist wie bei Verbrennern mit einer 12-Volt-Batterie ausgestattet. Elektrische Seitenscheiben, Schließmechanismen usw. sollten sich nach Einschätzung von Experten ähnlich verhalten.
Die Bergung und anschließende Begutachtung von E-Fahrzeugen, die längere Zeit unter Wasser waren, sollte nur von qualifizierten Experten durchgeführt werden.
Was tun, wenn Angst in Panik umschlägt?
ADAC Experten weisen darauf hin, dass ein oben beschriebener Wasserunfall ein extrem seltener Vorfall ist. Dennoch kann es helfen, wenn man sich als Fahrer, der häufig oder regelmäßig an Wasserstraßen wie Flüssen oder Kanälen unterwegs ist, prinzipiell gedanklich wappnet. Weil Angst leicht in Panik umschlagen kann, empfiehlt ADAC Verkehrspsychologe Ulrich Chiellino, sich mit den oben beschriebenen Abläufen und Verhaltensregeln auseinanderzusetzen und dabei die Rettung ruhig einmal im Geist durchzuspielen. Auch die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft DLRG folgt dieser Linie.
Das können Zeugen tun
Hilfe von außen ist in der Extremsituation Wasserunfall enorm wichtig. In einigen Fällen – etwa wenn es sich um Rettungsaktionen in fließenden Gewässern handelt – ist sie sogar unerlässlich, weil nur Rettungskräfte mit Spezialausrüstung das Fahrzeug sichern und die Rettung durchführen können.
Das sollten Sie tun:
Alarmieren Sie sofort die Rettungskräfte.
Unterstützen Sie die Insassen beim Verlassen des Fahrzeugs. Achten Sie dabei aber auf Ihre eigene Sicherheit und handeln Sie nach den genannten Verhaltensempfehlungen.
Ursachen für einen Wasserunfall
Ein Wasserunfall passiert meistens, wenn jemand die Kontrolle über sein Fahrzeug verliert. Zum Beispiel bei Ausweichmanövern zur Vermeidung eines Unfalls. Auch wetterbedingte Probleme wie Aquaplaning, Eis oder Schnee können Ursachen sein, genauso wie schlechte Sicht durch Regen, Nebel oder Dunkelheit.
Mit Material der DLRG. Technische Beratung: Matthias Zimmermann, Burkhard Böttcher