Test: Winterreifen für Fahrräder
Spezielle Winterreifen für Fahrräder versprechen den Bikern mehr Sicherheit bei Eis und Schnee. Doch lohnt sich der Wechsel? Der TCS (Touringclub der Schweiz) hat acht Modelle getestet.
Im Test: Winterreifen mit und ohne Spikes
Klare Vorteile auf Schnee und Eis
Preise: von 25 bis 55 Euro
Plus: Fahrtipps für den Winter
Die Zeiten, als Fahrräder nur dafür genutzt wurden, um mal bei schönem Wetter in den Biergarten zu radeln, sind längst vorbei. Inzwischen sind Fahrräder mit und ohne Motor echte Alltagsgeräte, die von vielen Bikern und Bikerinnen z.B. als Pendler zu allen Jahreszeiten, bei Wind und Wetter genutzt werden.
Der Winter stellt mit lockerem und festgefahrenem Schnee, Schneematsch, Eis und Reifglätte die größten Herausforderungen an die Ganzjahresfahrenden. Denn die generellen Stabilitätsgrenzen des einspurigen Fahrrads machen auf allen Untergründen ein Minimum an Grip erforderlich. Unterhalb dieser Grenze sind Stürze unvermeidbar.
Spezielle Winterreifen für Bikes – ohne oder mit für Fahrräder erlaubten Spikes – versprechen, die Grenze für diesen minimalen Grip zumindest geringfügig zu verschieben. Wer also mit seinem Fahrrad auch im Winter bei jedem Wetter unterwegs sein will, sollte die Chancen für eine sturzfreie Fahrt durch das Umrüsten der Laufräder auf geeignete Reifen erhöhen.
Im TCS-Test: Acht Winterreifen mit und ohne Spikes
Der ADAC Partnerclub TCS (Touringclub der Schweiz) hat vier Fahrrad-Winterreifen ohne Spikes mit vier Winterreifen mit Spikes und einem Referenzsommerreifen bezüglich der Fahreigenschaften auf den unterschiedlichen Fahrbahnzuständen Eis, Schnee und Asphalt verglichen. Getestet wurde auf einem Trekking-Rad mit – je nach Verfügbarkeit – den Dimensionen 37-622, 40-622 und 42-622.
Im Test mit dabei war auch ein modulares Reifenmodell, das erlaubte, über den Standardmantel mit Sommereignung einen zweiten Winterreifenmantel mit Spikes aufzuziehen. Dieser zusätzliche "Überzug" wird seitlich mit umlaufenden Reißverschlüssen in der Nähe der Felgenhörner fixiert. Damit ist ohne Radausbau ein vergleichsweise schneller Wechsel der Laufflächen möglich.
TCS-Testergebnisse
Klarer Testsieger wurde beim Schweizer Touringclub der Winter Traveler Skin der norwegischen Firma Retyre mit seinem modularem Reifensystem: Über den Basis-Reifen mit glattem Straßenprofil für Sommereinsatz lässt sich bei Bedarf mit einem Reißverschluss der stark profilierte Spike-Reifen mit 160 Spikes aufziehen.
Diese Möglichkeit einer schnellen Anpassung der Reifen an die verschiedenen und eben auch winterlichen Untergründe kommt dem Ideal in Sachen Flexibilität schon ziemlich nahe: Die meiste Zeit des Jahres wird mit dem Sommerprofil gefahren – und wenn Schnee liegt oder gar Eis zu erwarten ist, wird vergleichbar einer Schneekette beim Pkw der Wintermantel übergezogen.
Winterreifen: Vorteile auf Schnee
Die Umrüstung auf echte Winterreifen mit entsprechend offener Profilierung und weicherer Mischung bietet im Vergleich zu den unterschiedlich stark befüllten Sommerreifen deutliche Gripverbesserungen. Dies macht sich vorrangig bemerkbar auf lockeren und festgefahrenen Schneefahrbahnen sowie auf Schneematsch.
Auf fest gefahrenem Schnee verkürzen sich bei Reifendrücken von 2 bar die Bremswege der Winterreifen im Verhältnis zu denen der Sommerreifen im Mittel um 16 Prozent. Auf glattem und ebenem Eis ist der Gewinn durch Winterreifen ohne Spikes im Vergleich zu Sommerreifen deutlich geringer.
Der Grip-Trick mit Sommerreifen
Wer keine speziellen Winterreifen aufgezogen hat, kann bei Schnee oder Eis die Gripverhältnisse an den Aufstandsflächen der Standard-Reifen durch die Absenkung des Reifendrucks auf 2 bis 3 bar (abhängig von dem Fahrzeuggesamtgewicht) verbessern – auch wenn dadurch der Rollwiderstand steigt. Denn bei gleicher Last vergrößert sich mit sinkendem Druck die Aufstandsfläche, wodurch höhere Kräfte übertragen werden können.
Mit Spikes: Guter Grip auf Eis
Auf Eis schlägt die Stunde der Winterreifen mit Spike-Besatz. Diese helfen, in dieser heiklen Situation den Bremsweg auf weniger als die Hälfte zu reduzieren. Auch bauen die Spikes durch den teilweisen Formschluss mit dem Eis höhere Seitenkräfte auf, wodurch eine – wenn auch stark begrenzte – Schräglage für die Kurvenfahrt möglich ist. Auch auf Schnee sind die Spike-Reifen den Kollegen ohne Spike-Besatz zumindest leicht überlegen: Ihre Bremswege fallen im Mittel ca. 10 Prozent kürzer aus.
Je nach Einsatz: Die Umrüstung kann sich lohnen
Der TCS-Test beweist: Winterreifen und Spike-Reifen für Fahrräder sind im Winter eine echte Option für Pendler und alle, die bei winterlichen Bedingungen unterwegs sein müssen. Welche Reifenart die bessere Wahl ist, hängt von den individuellen Einsatzbedingungen ab.
Spike-Reifen zeigen sowohl auf Schnee als auch auf Eis klare Vorteile gegenüber ihren Mitbewerbern, sind aber auf der harten Unterlage unangenehm zu fahren. Spike-Reifen sind somit besonders da zu empfehlen, wo im Winter die Straßen nicht geräumt werden und man tatsächlich zumeist auf Schneeunterlage unterwegs ist.
Winterreifen mit weicherer Gummimischung haften messbar besser als Sommerreifen, verkürzen auf Glatteis die Bremswege zwar nur geringfügig, auf Schnee jedoch erheblich. Wer sich also ab und zu mit schneebedeckten Straßen konfrontiert sieht, kann mit Winterreifen seine Sicherheit erhöhen und trotzdem komfortabel unterwegs sein.
Wer einen Reifen haben will, der bei jeder Witterung einsetzbar ist, hat mit dem modularen Reifen-System von Retyre sogar die Möglichkeit, je nach Bedingungen das Profil mittels Reißverschluss zu wechseln.
So kommen Sie sicher durch den Winter
Fahrten auf großflächig blankem Eis (z.B. Blitzeis, Regen auf durchgefrorenem festen Belag) sollten mit allen Bereifungsarten im öffentlichen Straßenverkehr vermieden werden. Fast alle Fahrmanöver bergen das Risiko von Stürzen mit unkalkulierbaren Folgen. Erste Wahl unter diesen Bedingungen sind bei sehr vorsichtiger Fahrweise Reifen mit Spikes.
Wer überwiegend oder mehrheitlich auf lockerem oder festgefahrenem Schnee und kleinen Eisflächen oder einer Mischung aus diesen Elementen unterwegs ist, wird mit Spike-Winterreifen am besten zurechtkommen.
Dauerhafte und längere Fahrten mit Spike-Reifen auf schnee- und eisfreien festen Untergründen sind wenig komfortabel und sollten zum Schutz der Spikes vermieden werden.
Auf lockerem oder festgefahrenem Schnee sowie Schneematsch bieten Winterreifen im Vergleich zu reinen Sommerreifen deutliche Vorteile bei Grip und Traktion. Dies wird vorrangig beim Bremsen deutlich.
Auf festen Untergründen ohne winterliche Beläge unterscheiden sich die Sommer- und Winterreifen nur wenig. Es muss allerdings davon ausgegangen werden, dass Winterreifen wegen ihrer weicheren Mischungen bei sommerlichen Temperaturen deutlich schneller verschleißen als Sommerreifen.
Der Einsatz der Vorderradbremse sollte auf winterlichen Straßenbelägen grundsätzlich mit Bedacht erfolgen. Dies gilt im Besonderen, wenn keine Spikes im Spiel sind. Die Hinterradbremse und die Neigung des Hinterrades zur Blockade können auch als Indikator für unklare Gripverhältnisse genutzt werden.
Fachliche Beratung: Ruprecht Müller, ADAC Technik Zentrum