ADAC Test: Airbag-Westen für Motorradfahrer

Crash eines Motorradfahrers mit Alpinstars-Airbag-Jacke beim ADAC Motorrad-Airbag-Jacken-Test
Die Airbag-Westen mussten sich in einem harten Crash-Verfahren beweisen© ADAC/Uwe Rattay

Der ADAC hat die neueste Generation von Airbag-Jacken für Motorradfahrer im Crashtest überprüft. Im Ergebnis überzeugen alle Systeme – doch Wirkung hängt von der gefahrenen Geschwindigkeit ab.

  • Drei verschiedene Airbag-Westen/-Jacken im Test

  • Alle Produkte bieten zusätzlichen Schutz im Brust- und Rückenbereich

  • Erhöhtes Schutzpotenzial wirkt vorrangig nur bei Unfällen bis 50 km/h

Für Motorradfahrer hat ein Unfall oft schwerwiegendere Folgen als für Autofahrer. Vor allem beim Aufprall auf andere Fahrzeuge sind Autofahrer dank einer stabilen Fahrgastzelle und zahlreicher Airbags besser geschützt. Doch inzwischen können auch Motorradfahrer von Airbags profitieren, die in Jacken oder Westen integriert sind.

Im Test: Airbag-Jacken und Airbag-Westen für Biker

Um zu überprüfen, wie leistungsfähig moderne Airbag-Bekleidungssysteme sind, hat der ADAC drei Produkte einem Crashtest unterzogen: Das Tech-Air Street-e System von Alpinestars, die Smart Jacket von Dainese und die eVest von HELD. Ergebnis: alle getesteten Produkte erreichten die Testnote "gut".

Airbag-Jacken Test
Der ADAC hat drei moderne Airbag-Bekleidungssysteme getestet© ADAC e.V.
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Wie schnell zünden die Airbags der Jacken und Westen?

Dummy mit Held-Airbag-Jacke beim ADAC Motorrad-Airbag-Jacken-Test vor dem Crash
Das System von HELD erfordert eine zur Airbag-Weste passende Jacke© ADAC/Uwe Rattay

Die Gewichte der Kleidungsstücke liegen zwischen ca. 1,7 kg (HELD) und 2,2 kg (Alpinestars). Während Alpinestars und Dainese jeweils über zwei Gasgeneratoren zum Aufblasen der Airbags verfügen, belässt es HELD bei einem. Alle Produkte müssen vor dem ersten Einsatz durch den Händler oder Nutzer über die Website des Herstellers freigeschaltet werden. Entscheidend beim Crashtest war die so genannte Interventionszeit (Dauer vom ersten Anstoß bis zum vollständigen Aufblasen des Airbags), die im Idealfall unter 120 Millisekunden betragen sollte.

Dadurch ist die schützende Wirkung der integrierten Airbags bei allen Produkten bereits vor dem Anprall des Motorradfahrers am Auto gegeben. Im ADAC Vergleich betrug die Interventionszeit bei allen drei Fabrikaten ca. 80 Millisekunden.

Große Unterschiede bei den Airbag-Systemen für Biker

Dummy liegend mit Alpinstars-Airbag-Jacke beim ADAC Motorrad-Airbag-Jacken-Test nach dem Crash
Das System von Alpinestars ist mit 2,2 Kilo das schwerste im Vergleich© ADAC/Uwe Rattay

Die Handhabung der verschiedenen Systeme ist unterschiedlich. So kann die Weste von HELD nach dem Auslösen vom Nutzer selbst wieder in Stand gesetzt werden. Bei den Produkten von Dainese und Alpinestars muss dazu der Händler beziehungsweise der Hersteller bemüht werden. Ein weiterer Unterschied: Während die Weste von Dainese als einzige über oder unter einer bereits vorhandenen Schutzkleidung – wie zum Beispiel der eigenen Lederkombi – getragen werden kann, erfordern die Produkte von HELD und Alpinestars eigene, kompatible Jacken des jeweiligen Herstellers.

Airbag-Jacken für Biker: Verbesserte Technik

Crash eines Motorradfahrers mit Dainese-Airbag-Jacke beim ADAC Motorrad-Airbag-Jacken-Testbeim ADAC Motorrad-Airback-Jacken-Test
Vom Anprall ans Auto bis zum Aufblasen der Airbags vergehen nur 80 Millisekunden© ADAC/Uwe Rattay

Bereits 2013 hat der ADAC die erste elektronische Airbag-Jacke von Dainese getestet. Damals waren die Sensoren für das Auslösen der Airbags noch am Fahrzeug installiert und es mussten zusätzliche Komponenten an der Maschine angebracht werden. Die Jacke funktionierte daher nur in Verbindung mit dem entsprechend ausgestatteten Motorrad. Alle aktuell getesteten Jacken verfügen über eine eigenständige ins Produkt integrierte Sensorik und sind somit unabhängig vom jeweiligen Motorrad nutzbar.

ADAC Empfehlungen an die Hersteller der Airbag-Systeme

  • Die alltägliche Inbetriebnahme der Airbag-Bekleidung sollte so unkompliziert wie möglich sein, eine einmalige Kontrolle einer gut erkennbaren Anzeige muss genügen

  • Die Bedienungsanleitungen müssen eindeutig formuliert und verständlich sein

  • Die Abdeckungsbereiche des Airbags sollten größer gewählt werden, der Airbag sollte im Kragenbereich zum Schutz der Halswirbelsäule eine noch bessere Stabilisierung des Helmes sicherstellen

  • Wünschenswert wäre mehr Fokus auf den Brustbereich, denn hier zeigt sich bei Betrachtung der Motorradunfälle aus der ADAC Unfallforschung mehr Bedarf

  • Die Batterielaufzeit pro Ladung sollte verlängert werden

  • Die Interventionszeit könnte bei Unfällen mit Fahrzeuganstoß noch verkürzt werden, wenn zusätzlich zu den Sensoren in der Kleidung auch Sensoren am Fahrzeug (z.B. an der Gabel) die Unfallsituation früher erkennen. Empfehlenswert sind ca. 40 bis 50 Millisekunden

Motorrad-Airbag-Jacken: Tipps für Biker

  • Den eigenen Bedarf klären: Lieber eine Airbag-Weste über der vorhandenen Motorradschutzkleidung oder eine Airbag-Weste unter neu zu beschaffender Jacke?

  • Die Hersteller sehen meist zusätzlich zum Airbag-Schutz eine Ergänzung durch feste Protektoren vor. Vom Händler hierzu beraten lassen: Was ist sinnvoll kombinierbar?

  • Soweit möglich Bedienungsanleitungen der Produkte im Internet beschaffen und vorab studieren. Mit diesem Wissen können beim Beratungsgespräch vor dem Kauf die relevanten Fragen gestellt werden

  • Eine ausgiebige Probefahrt mit der Airbag-Weste und der passenden Jacke durchführen. Hierbei besonders auf die Bewegungsfreiheit und das Gewicht der Kleidung achten

  • Je nach Hersteller-Vorgabe: Produkt und Nutzer registrieren und System aktiv schalten (lassen). Wenn möglich, passende App auf Smartphone oder Tablet laden

  • Regelmäßiges und rechtzeitiges Laden des Akkus nicht vergessen, ggf. Powerbank für das Aufladen unterwegs mitnehmen. Nicht während der Fahrt aufladen!

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