Nachtzüge in Europa: Verbindungen im ADAC Check
Reisen im Nachtzug liegt im Trend, doch wie gut ist das Angebot? Der ADAC hat 21 Verbindungen in Europa untersucht und enorme Unterschiede festgestellt: bei Fahrtdauer, Komfort, Preis und Buchungsmöglichkeiten.
Im Check: Nachtzüge in Metropolen von Stockholm bis Rom
Abfahrt aus sieben deutschen Großstädten
Zu wenig Direktverbindungen, teils über 20 Stunden Reisezeit
Tipps fürs Suchen und Buchen von Nachtzügen
Inhaltsverzeichnis
Großes Interesse an Nachtzügen
Der Nachtzug war lange eher ein Verkehrsmittel für eingeschworene Bahnfans, jetzt wird er zum Reisetrend. Ständig kommen neue Verbindungen hinzu, mit dem Ausbau der Strecken wächst offenbar auch das Interesse: 42 Prozent der Deutschen können sich grundsätzlich vorstellen, mit einem Nachtzug in den Urlaub zu starten, von den Jüngeren zwischen 18 und 39 Jahren sogar 52 Prozent. Das zeigt eine Umfrage des ADAC im Rahmen seiner Nachtzug-Studie. Als Vorteile des Nachtzugs nannten die meisten Befragten: entspannter reisen und erholt ankommen.
Doch wie sieht es in der Realität aus? Wie gut sind die Verbindungen, Informationen und Buchungsmöglichkeiten? In einem umfassenden Internet-Check hat der ADAC das aktuelle Angebot für Zugreisen bei Nacht geprüft.
So lief der ADAC Nachtzug-Check
Für den Realitätscheck versuchte das Team, 21 Städteverbindungen über verschiedene Onlineportale zu buchen. Geprüft wurden Verbindungen aus sieben deutschen Startmetropolen (Berlin, Hamburg, München, Köln, Stuttgart, Dresden, Hannover) in zwölf beliebte Zielstädte in Europa: Paris, London, Madrid, Barcelona, Rom, Mailand, Brüssel, Wien, Budapest, Stockholm, Amsterdam und Florenz. Zur besseren Vergleichbarkeit wurde lediglich die Hinfahrt betrachtet. Ermittelt wurde immer das günstigste Angebot mit Liegemöglichkeit. Mehr zum Testverfahren lesen Sie hier.
Karte: 21 Nachtzug-Verbindungen im ADAC Check
Gute Direktverbindungen
Sieben ausgewählte Verbindungen erwiesen sich im ADAC Check als gute Direktverbindungen: Sie erfordern kein Umsteigen, bieten akzeptable Abfahrts- und Ankunftszeiten und erreichen in maximal rund 15 Stunden ihr Ziel. Allerdings ändert sich das Angebot ständig, es ist möglich, dass Verbindungen aus dem ADAC Check nicht ganzjährig zur Verfügung stehen. Daher sollte man immer den aktuellen Stand überprüfen.
Strecke | Zugnummer | Fahrtdauer (Std.) | Preis (€) |
---|---|---|---|
Berlin – Stockholm | EN 346 | 15:20 | 96,90 |
Berlin – Wien | NJ 457 | 11:21 | 144,90 |
München – Rom | NJ 295 | 13:00 | 154,90 |
München – Amsterdam | NJ 420 | 12:07 | 54,90 |
Stuttgart – Budapest | EN 50237 | 12:50 | 54,00 |
Dresden – Brüssel | ES 452 | 12:57 | 69,00 |
Hannover – Wien | NJ 491 | 11:20 | 139,90 |
Mehr zu den Direktverbindungen
EN 346
Abfahrt 18:37 Uhr, Ankunft 9:57 Uhr
Gesamtdauer 15:20 Stunden
Zustiegsmöglichkeit Hamburg
NJ 457
Abfahrt 19:39 Uhr, Ankunft 7:00 Uhr
Gesamtdauer 11:21 Stunden
Zustiegsmöglichkeit Dresden-Neustadt, Dresden, Bad Schandau
NJ 295
Abfahrt 20:10 Uhr, Ankunft 9:10 Uhr
Gesamtdauer 13 Stunden
Zustiegsmöglichkeit München-Ost, Rosenheim
NJ 420
Abfahrt 22:52 Uhr, Ankunft 10:59 Uhr
Gesamtdauer 12:07 Stunden
Zustiegsmöglichkeit Rosenheim, Augsburg, Nürnberg, Würzburg, Köln
EN 50237
Abfahrt 20:29 Uhr, Ankunft 9:19 Uhr
Gesamtdauer 12:50 Stunden
Zustiegsmöglichkeit Göppingen, Ulm, Augsburg, München Ost, Rosenheim
ES 452
Abfahrt 20:30 Uhr, Ankunft 9:27 Uhr
Gesamtdauer: 12:57 Stunden
Zustiegsmöglichkeit Bad Schandau, Dresden-Neustadt, Berlin-Ostbahnhof, Berlin, Bad Bentheim
NJ 491
Abfahrt 21:57 Uhr, Ankunft: 9:17 Uhr
Gesamtdauer 11:20 Stunden
Zustiegsmöglichkeit Hamburg-Altona, Hamburg-Harburg, Hannover, Göttingen, Würzburg, Nürnberg, Regensburg, Passau
Attraktive Verbindungen mit Umstieg
Bei sieben Verbindungen, die in der ADAC Studie untersucht wurden, ist zwar ein Umstieg aus dem Nacht- in einen Fernverkehrszug nötig, aber zu einem zumutbaren Zeitpunkt: nicht früher als 6:30 Uhr morgens, bei den meisten erst nach 8 oder 9 Uhr. Die Reisenden müssen nicht allzu früh aufstehen, um den Zug zu wechseln. Und der Nachtzug-Anteil an der Fahrt ist mit über acht Stunden lang genug, um Schlaf zu finden.
Strecke | Zugnummer Nachtzug | Dauer (Std.) | Preis (€) |
---|---|---|---|
Berlin – London | ES 452 | 13:01 | 166,00 |
Hamburg – Paris | NJ 471 | 11:28 | 250,90 |
Stuttgart – Florenz | NJ 237 | 14:10 | 213,80 |
München – London | NJ 40468 | 11:45 | 207,90 |
Köln – Budapest | NJ 40421 | 13:52 | 120,90 |
Stuttgart – Rom | NJ 237 | 15:31 | 175,80 |
Dresden – Mailand | EN 40458 | 15:40 | 247,00 |
Mehr Info: Attraktive Verbindungen mit Umstieg
ES 452
Abfahrt 22:56 Uhr, Umstieg aus Nachtzug in Brüssel 9:27 Uhr, Ankunft 11:57 Uhr
Gesamtdauer 13:01 Stunden, Anteil Nachtzug 10:31 Stunden
Zustiegsmöglichkeit Bad Schandau, Dresden, Dresden-Neustadt, Berlin-Ostbahnhof, Bad Bentheim
NJ 471
Abfahrt 22:07 Uhr, Umstieg aus Nachtzug in Offenburg 6:37 Uhr, Ankunft 9:35 Uhr
Gesamtdauer 11:28 Stunden, Anteil Nachtzug 8:30 Stunden
Zustiegsmöglichkeit Hamburg-Altona, Hamburg-Dammtor, Hamburg-Harburg, Bremen, Verden (Aller), Hannover, Karlsruhe, Umstieg aus Nachtzug in Offenburg
NJ 237
Abfahrt 20:29 Uhr, Umstieg aus Nachtzug in Venedig 8:22 Uhr, Ankunft 10:39 Uhr
Gesamtdauer 14:10 Stunden, Anteil Nachtzug 11:53 Stunden
Zustiegsmöglichkeit Göppingen, Ulm, Augsburg, München-Ost, Rosenheim
NJ 40468
Abfahrt 00:12 Uhr, Umstieg aus Nachtzug in Brüssel 9:46 Uhr, Ankunft 11:57 Uhr
Gesamtdauer 11:45 Stunden, Anteil Nachtzug 9:44 Stunden
Zustiegsmöglichkeit Rosenheim, Mainz, Koblenz, Bonn-Beuel, Aachen
NJ 40421
Abfahrt 22:27 Uhr, Umstieg aus Nachtzug in Wien 9:17 Uhr, Ankunft 12:19 Uhr
Gesamtdauer 13:52 Stunden, Anteil Nachtzug 10:50 Stunden
Zustiegsmöglichkeit Würzburg, Nürnberg, Regensburg, Passau
NJ 237
Abfahrt 20:29 Uhr, Umstieg aus Nachtzug in Venedig 8:22 Uhr, Ankunft 12:00 Uhr
Gesamtdauer 15:31 Stunden, Anteil Nachtzug 11:53 Stunden
Zustiegsmöglichkeit Göppingen, Ulm, Augsburg, München-Ost, Rosenheim
EN 40458
Abfahrt 21:10 Uhr, Umstieg aus Nachtzug in Zürich 9:05 Uhr, Ankunft 12:50 Uhr
Gesamtdauer 15:40 Stunden, Anteil Nachtzug 11:55 Stunden
Zustiegsmöglichkeit Bad Schandau, Dresden-Neustadt, Riesa, Leipzig, Frankfurt a. M., Mannheim, Karlsruhe, Baden-Baden, Offenburg, Freiburg i. B.
Unattraktive Verbindungen mit Umstieg
Die Probleme bei der Nachtzug-Nutzung zeigen diese sieben Verbindungs-Beispiele: Manche Reisen dauern über 23 Stunden (von Berlin nach Madrid oder von Hamburg nach Barcelona). Teils sind drei, einmal sogar vier Umstiege nötig, manchmal gegen sechs Uhr morgens. Der Anteil der Fahrt im Nachtzug liegt z.B. bei den Verbindungen von Köln nach Florenz und Barcelona nur bei rund sechseinhalb Stunden – zu kurz für erholsamen Schlaf und rechtzeitiges Aufstehen vor dem Umsteigen.
Manche Nachtzüge starten erst gegen Mitternacht oder noch später. Zudem sind sie auch noch vergleichsweise teuer: Über 600 Euro kostet beispielsweise die Hinfahrt von Hamburg nach Rom.
Strecke | Zugnummer Nachtzug | Dauer (Std.) | Umstiege | Preis (€) |
---|---|---|---|---|
Berlin – Madrid | ES 452 | 23:44 | 3 | 275,42 |
Hamburg – Rom | NJ 471 | 19:33 | 2 | 607,80 |
Hamburg – Barcelona | NJ 471 | 23:20 | 4 | 321,15 |
Köln – Florenz | NJ 403 | 13:22 | 2 | 224,90 |
Dresden – Paris | EN 40458 | 12:25 | 1 | 297,00 |
Köln – Barcelona | NJ 403 | 16:51 | 3 | 226,35 |
Hannover – Florenz | NJ 471 | 16:34 | 2 | 267,80 |
Mehr Info: Unattraktive Verbindungen mit Umstieg
ES 452
Abfahrt 22:56 Uhr, Umstieg aus Nachtzug in Brüssel 9:27 Uhr, Ankunft 22:40 Uhr
Gesamtdauer 23:44 Stunden, Anteil Nachtzug 10:31 Stunden
Zustiegsmöglichkeit Bad Bentheim
NJ 471
Abfahrt 22:07 Uhr, Umstieg aus Nachtzug in Zürich 10:05 Uhr, Ankunft 17:40 Uhr
Gesamtdauer 19:33 Stunden, Anteil Nachtzug 11:58 Stunden
Zustiegsmöglichkeit Bremen, Verden (Aller), Hannover, Karlsruhe, Offenburg
NJ 471
Abfahrt 22:07 Uhr, Umstieg aus Nachtzug in Basel 8:10 Uhr, Ankunft 21:27 Uhr
Gesamtdauer 23:20 Stunden, Anteil Nachtzug 10:03 Stunden
Zustiegsmöglichkeit Hamburg-Altona, Hamburg-Dammtor, Hamburg-Harburg, Bremen, Verden (Aller), Hannover, Karlsruhe, Offenburg, Freiburg i. B.
NJ 403
Abfahrt 23:42 Uhr, Umstieg aus Nachtzug in Basel 6:20 Uhr, Ankunft 13:04 Uhr
Gesamtdauer 13:22 Stunden, Anteil Nachtzug 6:38 Stunden
Zustiegsmöglichkeit Bonn-Beuel, Offenburg, Freiburg i. B.
EN 40458
Abfahrt 21:10 Uhr, Umstieg aus Nachtzug in Offenburg 5:45 Uhr, Ankunft 9:35 Uhr
Gesamtdauer 12:25 Stunden, Anteil Nachtzug 8:35 Stunden
Zustiegsmöglichkeit Bad Schandau, Dresden-Neustadt, Riesa, Leipzig, Karlsruhe, Baden-Baden, Umstieg aus Nachtzug in Offenburg
NJ 403
Abfahrt 23:42 Uhr, Umstieg aus Nachtzug in Basel 6:20 Uhr, Ankunft 16:33 Uhr
Gesamtdauer 16:51 Stunden, Anteil Nachtzug 6:38 Stunden
Zustiegsmöglichkeit Bonn-Beuel, Offenburg, Freiburg i. B.
NJ 471
Abfahrt 0:30 Uhr, Umstieg aus Nachtzug in Zürich 10:05 Uhr, Ankunft 17:04 Uhr
Gesamtdauer 16:34 Stunden, Anteil Nachtzug 9:35 Stunden
Zustiegsmöglichkeit Hamburg-Dammtor, Hamburg, Hamburg-Harburg, Bremen, Verden (Aller), Hannover, Karlsruhe, Offenburg, Freiburg i. B.
Überblick: Alle Nachtzüge aus sieben deutschen Städten
Zu welchen beliebten Städtereisezielen in Europa kann man aus den sieben deutschen Metropolen überhaupt mit dem Nachtzug fahren? Von 105 theoretisch möglichen Zugverbindungen (7 Startstädte x 15 Zielmetropolen) erfüllten nur die 55 in der folgenden Tabelle die Nachtzug-Kriterien.
Stadt | Angebot Nachtzüge |
---|---|
Berlin | Amsterdam, Barcelona, Brüssel, Budapest, London, Madrid, Paris, Stockholm, Wien |
Hamburg | Barcelona, Budapest, Florenz, Mailand, Paris, Prag, Rom, Stockholm, Wien |
München | Amsterdam, Brüssel, Budapest, Florenz, Kopenhagen, London, Mailand, Paris, Rom, Stockholm, Wien |
Köln | Barcelona, Budapest, Florenz, Mailand, Paris, Rom, Wien |
Stuttgart | Budapest, Florenz, Rom, Wien |
Dresden | Amsterdam, Brüssel, Budapest, Florenz, London, Mailand, Paris, Rom, Wien |
Hannover | Budapest, Florenz, Mailand, Prag, Rom, Wien |
Zu diesen Städten in Europa fahren Nachtzüge
Hier die Übersicht nach Zielen: Zu diesen 15 beliebten Städtezielen in Europa ermittelte das Team bei der Vorab-Recherche für den ADAC Marktcheck Nachtzug-Verbindungen aus den sieben deutschen Metropolen. Nach Lissabon wurden gar keine ausreichenden Angebote gefunden, Verbindungen nach Kopenhagen und Prag waren zum Testzeitpunkt nicht buchbar.
Stadt | Angebot Nachtzüge |
---|---|
Paris | Berlin, Dresden, Hamburg, Köln, München |
London | Berlin, Dresden, München |
Madrid | Berlin |
Barcelona | Berlin, Hamburg, Köln |
Rom | Dresden, Hamburg, Hannover, Köln, München, Stuttgart |
Mailand | Dresden, Hamburg, Hannover, Köln, München |
Lissabon | – |
Brüssel | Berlin, Dresden, München |
Wien | Berlin, Dresden, Hamburg, Hannover, Köln, München, Stuttgart |
Budapest | Berlin, Dresden, Hamburg, Hannover, Köln, München, Stuttgart |
Stockholm | Berlin, Hamburg, München |
Kopenhagen | München |
Prag | Hamburg, Hannover |
Amsterdam | Berlin, Dresden, München |
Florenz | Dresden, Hamburg, Hannover, Köln, München, Stuttgart |
Mehr Verbindungen zum Beispiel bei der Nachtzug-Initiative Back on track
10 Tipps: Nachtzüge richtig suchen und buchen
Rechtzeitig buchen: Spätestens vier bis sechs Wochen vor Reiseantritt buchen, für Ferienzeiten möglichst noch früher.
Für Onlinerecherche und Buchung das Portal der Deutschen Bahn oder App DB Navigator nutzen: Im Vergleich zu anderen Buchungsportalen finden Kundinnen und Kunden hier die meisten Verbindungen, Infos und oft die günstigsten Tickets.
Bei der Verbindungssuche variieren: Manche Nachtzüge starten nicht von großen Bahnhöfen und nur an bestimmten Tagen. Daher besser nur die Stadt in die Suchmaske eingeben. Wenn dies nicht möglich ist, mehrere Bahnhöfe in der Start- und Zielmetropole ausprobieren. Das gilt auch für das Reisedatum.
Verbindungssuche gegebenenfalls von der Ticketbuchung trennen: Falls die gewünschte Verbindung im Portal nicht buchbar ist, Ticket direkt über die Webseiten der nationalen Bahngesellschaften buchen oder vor Ort am DB-Serviceschalter kaufen.
Notfalls Teilstrecken einzeln buchen: Direktverbindungen sind nicht immer buchbar. Falls die Gesamtverbindung nicht auf einem Ticket gekauft werden kann, empfiehlt es sich, Teilstrecken einzeln zu buchen. Bei der DB werden Betreiber der einzelnen Fahrabschnitte angezeigt.
Preise vergleichen: Sofern die Verbindung vorhanden ist, kann sich ein Preisvergleich auf Trainline, Rail Europe oder direkt bei den Anbietern lohnen.
Interrail-Ticket (Tages- und Monatspässe) durchrechnen: Vor allem bei sehr langen Fahrten mit mehreren Umstiegen kann sich das lohnen.
Spezialabteile buchen: In vielen Nachtzügen können eigene Abteile für Frauen, Mobilitätseingeschränkte oder Familien (als Privatabteile) reserviert werden.
Verspätungen einplanen: Um Anschlüsse sicherzustellen, sollte die Umsteigezeit nicht zu knapp bemessen sein.
Fahrgastrechte prüfen: Information über Gültigkeit des Tickets bei verpasstem Anschluss einholen.
Probleme: Viel zu wenig Direktverbindungen
Für Bahnkundinnen und -kunden, die das Glück haben, eine direkte Verbindung zu finden, kann die Nachtzugfahrt durchaus komfortabel sein. Laut ADAC Umfrage würden immerhin 58 Prozent der Passagiere, die innerhalb der letzten 12 Monate einen Nachtzug benutzt haben, diese Art des Reisens sehr wahrscheinlich oder wahrscheinlich weiterempfehlen, bei den 18- bis 39-Jährigen sogar 72 Prozent.
Der Realitätscheck zeigte jedoch die Probleme deutlich: Jenseits der immer noch viel zu wenigen Direktverbindungen gestaltet sich die Suche nach Nachtzugverbindungen von Deutschland in touristisch attraktive Städte in Europa eher unkomfortabel. Oft müssen die Passagiere zu nachtschlafender Zeit sogar mehrmals umsteigen. Gut die Hälfte der akzeptablen Verbindungen im Check erfordern mindestens einen Umstieg.
Nachtzug-Buchung: Online schwierig
Da das Nachtzuggeschäft in Deutschland von verschiedenen internationalen Staatsbahnen und privaten Anbietern betrieben wird, gibt es kein einheitliches länderübergreifendes Buchungsportal. Die Online-Recherche von Fahrzeiten, Preisen oder Komfortkategorien erwies sich daher oft als verwirrend und sehr zeitintensiv. Die beim ADAC Check genutzten Buchungsportale Deutsche Bahn, Trainline und Rail Europe werfen zum Teil unterschiedliche, Trainline und Rail Europe oft auch gar keine oder viel zu umständliche Verbindungen aus.
Die Online-Buchung gleicht dann nicht selten einem Lotteriespiel, denn im zweiten Schritt ist die zuvor recherchierte Verbindung oft nicht buchbar. Entweder sind die Züge bereits ausgebucht oder sie erscheinen einfach nicht mehr. Von 21 Verbindungen, die das ADAC Team in einem ersten Testlauf als buchbar identifiziert hatte, standen fünf am nächsten Tag schon nicht mehr zur Verfügung. Der ADAC rät deshalb zur schnellen Buchung.
Laut ADAC Marktforschung buchen 53 Prozent der befragten Nachtzugreisenden ihre Fahrt daher auch lieber am Schalter oder in einem Reisebüro als selbst online. Obwohl der Anteil der jüngeren Kundinnen und Kunden, die in der Regel die Internetbuchung bevorzugen würden, gerade bei Nachtzügen deutlich höher ist.
Als nutzerfreundlichstes Portal zeigte sich bei den ADAC Recherchen das der Deutschen Bahn (DB). Es fand immerhin 19 der 21 ausgewählten Test-Verbindungen und stellte die meisten Informationen bereit, u.a. zu Betreibern, Fahrtverlauf, Zwischenhalten und Services an Bord. Es folgten Rail Europe (15 von 21) und Trainline (7 von 21). Die Daten für die geprüften Verbindungen wurden daher bei der DB erhoben (nur zwei Reisen, die dort nicht auftauchten, über Rail Europe).
Nachtzug-Preise: Extreme Unterschiede
Vor allem bei der Preisangabe hapert es bei den Portalen erheblich. Auch bei der DB waren die Preise für die 21 Testverbindungen nicht durchgängig abrufbar: Heißt es "Preisauskunft nicht möglich", müssen die Kundinnen und Kunden direkt beim jeweiligen internationalen Anbieter (z.B. SJ, European Sleeper, Eurostar) anfragen oder vor Ort am Schalter buchen. Andererseits: Bei drei Viertel der Anfragen des ADAC Teams überzeugte die DB mit dem günstigsten Angebot, Rail Europe lieferte immerhin bei der Hälfte der parallel recherchierten 21 Verbindungen den günstigsten Preis.
Extrem hoch sind die Preisunterschiede zwischen den verschiedenen Komfortkategorien innerhalb eines Zuges. Während die Fahrt in einem Sechser- oder Vierer-Liegewagen oft unschlagbar günstig ist, steigt der Preis für eine Nacht im Schlafwagen schnell in den dreistelligen Bereich. Die Spanne beim Gesamtpreis der 21 untersuchten Verbindungen liegt zwischen 54 und 607,80 Euro.
Schlafwagen, Liegewagen oder Sitzwagen?
In der ADAC Studie suchte das Team jeweils nach dem günstigsten Angebot mit Liegemöglichkeit: ein Einzelplatz im Liege- und Schlafwagen für vier bis sechs Personen. Aber was ist eigentlich der Unterschied zwischen Schlaf-, Liege- und Sitzwagen? Hier beispielhaft die Komfortkategorien der beiden Betreiber, die die meisten Nachtzüge im ADAC Check und einen großen Teil der Verbindungen ab Deutschland anbieten:
Kategorien im ÖBB Nightjet
Die Österreichischen Bundesbahnen ÖBB bieten eigene Nightjets (Zugnummern mit Kürzel NJ) an, auf einigen Strecken bereits in Wagen einer neuen komfortableren Generation, zu der künftig 33 Züge gehören sollen. Außerdem in Kooperation mit Partnerbahnen EuroNight-Züge (EN), bei denen Serviceumfang und Wagenmaterial vom ÖBB Nightjet-Standard abweichen können.
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Kategorien im European Sleeper
Das 2021 gegründete belgisch-niederländische Bahnunternehmen European Sleeper (ES) bietet Nachtzüge zwischen Brüssel und Berlin an (und die Weiterfahrt über Dresden nach Prag, die jedoch keine Nachtzugverbindung aus Deutschland darstellt).
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Frühstück im Nachtzug meist inklusive
Die ADAC Tester fanden fast immer Plätze in der gewünschten zweiten Liegewagenklasse (ohne Stornierungsoption). Allerdings konnten sie auch den Reisetag innerhalb des Zeitraums 27. Mai bis 23. Juni flexibel wählen. Nur in zwei Fällen mussten sie auf das teurere Komfortticket ausweichen, weil das Sparangebot nicht mehr buchbar war. Nur einmal mussten sie die erheblich teurere erste Klasse nehmen. Bei den meisten Bahngesellschaften ist das Frühstück inklusive, im European Sleeper musste es jedoch extra dazu gebucht werden.
Reisedauer: Nachtzug als Alternative zu Flug und Auto?
Taugt der umweltverträgliche Nachtzug innerhalb Europas als Alternative zum Flugzeug und Auto? Laut den Ergebnissen des ADAC Teams durchaus, wenn man direkte Züge mit einer Reisezeit von zehn bis maximal rund 15 Stunden nehmen kann. Jedoch nicht bei Fahrten über große Entfernungen, die mehrere Umstiege erfordern und weit über 20 Stunden dauern, wie z.B. Berlin – Madrid im besten Fall 23 Stunden und 44 Minuten. Die Reisedauer im gesamten Check betrug zwischen 11:20 und 23:44 Stunden, bei acht von 21 untersuchten Verbindungen war sie länger als 15 Stunden.
Fahrgastrechte: Risiko Umstieg
Auch bei kürzeren Entfernungen gilt: Mit jedem Umstieg steigt das Risiko, einen Anschlusszug zu verpassen. Eine Anschlussgarantie gibt es vor allem dann nicht, wenn man für Teilabschnitte der Reise Tickets von verschiedenen Bahngesellschaften gebucht hat, wie z.B. den Nightjet nach Paris und als Folgezug den privat betriebenen Eurostar nach London. Zwar gibt es ein Agreement von 16 europäischen Bahnbetreibern, dass gestrandeten Passagieren die Weiterfahrt kostenlos zu ermöglichen sei, doch einen Rechtsanspruch darauf haben Kundinnen und Kunden nicht. Infos zu Fahrgastrechten finden Sie hier.
Fazit des ADAC Teams: So erfreulich der bisherige Ausbau des Nachtzug-Netzes in Europa ist – es gibt noch zu viel zu tun.
10 ADAC Empfehlungen für Nachtzug-Betreiber und Politik
Planung und Buchung vereinfachen: Einheitliche Buchungsplattform für grenzübergreifende Tickets schaffen, die alle Anbieter und Verbindungen zusammenfasst und einen Preisvergleich zwischen verschiedenen Anbietern ermöglicht (z.B. Buchungsklasse, Ausstattung, Frühstück inklusive).
Online-Recherche erleichtern: Die Suchmasken für die gezielte Recherche nach Nachtzügen rüsten: entsprechenden Button oder Dropdown einrichten. Eingabe "Start- und Zielstädte“ ohne Vorauswahl des Bahnhofs ermöglichen und so das uneingeschränkte Verbindungsangebot zwischen Städten anzeigen. Zeitraum-Funktion über mehrere Tage (wie bei Flugportalen) anbieten, da viele Nachtzüge nur an bestimmten Tagen fahren.
Buchungszeitraum erweitern: Die Buchung von Nachtzügen sollte auch mehr als sechs Monate im Voraus ermöglicht werden (wie bei Flugportalen), dies kann auch unter Vorbehalt von Fahrplanänderungen geschehen.
Preise attraktiver und transparenter gestalten: höheres Kontingent für günstige Plätze anbieten und Preisspanne innerhalb der 1. bzw. 2. Klasse geringer halten. Für mehr Transparenz und Übersichtlichkeit Preise gestaffelt nach Flexibilität und Stornierbarkeit der Tickets anordnen. Auf dem Online-Portal der Deutschen Bahn (DB) statt "Preisauskunft nicht möglich“ Hinweis auf Verkaufsstelle geben, z.B. den Direktanbieter.
Mehr Liegemöglichkeiten bereitstellen: Anzahl der entsprechenden Abteile erhöhen und auch Doppeldeckerwagen einsetzen.
Europäisches Nachtzugangebot ausbauen: durch zusätzliche Verbindungen, mehr Direktverbindungen und weniger Umstiege attraktiver machen.
Nachtzüge einbeziehen: bei der Schienennetzentwicklung für Personen- und Güterverkehr Bedarf für Erweiterung des Nachtzugnetzes berücksichtigen.
Bessere Trassenplanung: auch Nutzung durch Nachtzüge berücksichtigen.
Fahrgastrechte stärken: Erweiterung des Verbraucherschutzes auch auf Verbindungen mit mehreren Fahrabschnitten, die von unterschiedlichen Betreibern durchgeführt werden, z.B. bei verpassten Anschlüssen (sog. Durchgangsfahrkarten). Förderung des Angebots von Durchgangsfahrkarten auch durch private Bahngesellschaften.
Grenzüberschreitende Zusammenarbeit fördern: Europäische Bahnbetreiber sollten das Agreement on Journey Continuation (AJC) weiter ausbauen.
So wurde getestet
Gesucht wurde ein Angebot für den Kurztrip einer 35-jährigen einzelnen Person mit leichtem Gepäck (ohne Bahncard oder sonstige Rabatte). Die Reise sollte mit einem Nachtzug starten, ein Umstieg in einen gewöhnlichen Fernverkehrs-Zug war möglich.
Diese Kriterien für einen Nachtzug wurden unter anderem angelegt: Die Fahrt sollte mindestens zehn Stunden dauern, davon mindestens sechs Stunden im Nachtzug, und höchstens drei Umstiege haben. Da viele Züge nur an bestimmten Wochentagen verkehren, wurden stets alle Optionen zwischen Montag und Sonntag ausprobiert.
Ermittelt wurde immer das günstigste Angebot mit Liegemöglichkeit: ein Einzelplatz im Liege- und Schlafwagen für vier bis sechs Personen, 2. Klasse, Sparpreis inkl. Reservierung ohne Stornierungsmöglichkeit. Gab es das nicht, wurde die preislich nächste Option gewählt. War keine Liegemöglichkeit verfügbar, wurde auf einen Sitzwagen ausgewichen. Die Buchungsanfragen erfolgten zwischen 2. und 7. Mai 2024 für ein Reisedatum zwischen 27. Mai und 23. Juni 2024, also vier bis sieben Wochen im Voraus, was laut ADAC Marktforschung dem Buchungsverhalten von Bahnkunden entspricht.
Von 105 theoretisch möglichen Zugverbindungen (7 Startstädte x 15 Zielmetropolen) erfüllten nur 55 die Nachtzug-Kriterien, für drei Ziele (Lissabon, Kopenhagen, Prag) wurden gar keine ausreichenden Angebote gefunden beziehungsweise sie waren zum Testzeitpunkt nicht buchbar. Für den Realitätscheck wurden 21 ausgewählt, davon jeweils sieben Direktverbindungen, sieben akzeptable Verbindungen mit einem Umstieg und sieben unattraktive mit mehreren Umstiegen, spätem Start oder früher Umsteigezeit. Ziel der Dreiteilung war es, mögliche Probleme besser identifizieren zu können.