Führerscheinprüfung: TÜV wünscht sich bessere Vorbereitung

Eine junge Frau bei der praktischen Führerschehinprufung
Führerscheinprüfung: Rund 42 Prozent fallen im ersten Anlauf durch© ADAC/Markus Hannich

Im ADAC Interview spricht Richard Goebelt vom TÜV-Verband über die hohe Durchfallquote bei Führerscheinprüfungen, sagt, was Fahrschulen besser machen können und nennt die häufigsten Mängel bei der Hauptuntersuchung.

ADAC Redaktion: TÜV und Dekra haben bei Führerscheinprüfungen ein Monopol. Das will die Regierungskoalition ändern. Fürchten Sie Konkurrenz?

Richard Goebelt: Bei der Fahrerlaubnisprüfung handelt es sich um eine hoheitliche Aufgabe des Staates, mit der die Bundesländer die Technischen Prüfstellen beauftragt haben. Die Gebühren für die Prüfungen decken nur die Kosten für den Personal- und Sachaufwand nach einem einheitlichen Gebührenrahmen.

Wer Veränderungen fordert, sollte sich immer klarmachen, dass es um die Zulassung von Personen zur Teilnahme am Straßenverkehr geht. Da sollte ausschließlich auf die Unabhängigkeit, Neutralität und auf hohe Qualitätsstandards der Prüfungen Wert gelegt werden.

Wettbewerb, Konkurrenz oder die freie Auswahl des Prüfers sollten eine Umgestaltung des Systems nicht bestimmen. Sonst wäre aus unserer Sicht die Verkehrssicherheit gefährdet.

Wie kommt die Regierungskoalition dann darauf, hier etwas zu ändern?

Vielleicht ist nicht allen bekannt, dass die Fahrerlaubnisprüfung kein typisches Wirtschafts- oder Marktmodell ist. Oftmals werden auch längere Wartezeiten auf Prüfungstermine, die in Folge der Pandemie entstanden sind, als Begründung angeführt.

Würden Sie sich einer Ausschreibung stellen?

Eine Ausschreibung ist wohl eines der Modelle, über die momentan nachgedacht wird. Wir würden uns keiner Veränderung verweigern. Letztlich bleibt die Gestaltung des Systems die Entscheidung des Gesetzgebers.

Im Moment müssen viele sehr lange auf Fahrprüfungstermine warten. Wann wird das besser?

Während der langen Lockdowns 2020 und Anfang 2021 hat sich ein enormer Prüfungsbedarf angehäuft, den wir abarbeiten mussten. Wir haben alles nur Denkbare unternommen, um für kürzere Wartezeiten zu sorgen.

Die Wartezeit hat mittlerweile in den allermeisten Regionen ein Normalmaß erreicht. Wir gehen davon aus, dass der angestaute Prüfungsbedarf bis Ende März insgesamt abgearbeitet ist.

Richard Goebelt Leiter des Geschäftsbereiches Fahrzeug und Mobilität beim TÜV

Bei der Fahrprüfung passieren an Einmündungen und Kreuzungen sehr viele Fehler.

Richard Goebelt, Geschäftsbereichsleiter Fahrzeug und Mobilität beim TÜV-Verband ©ThomasRosenthal.de

42 Prozent sind 2020 bei der Führerscheinprüfung durchgefallen. Wie lässt sich das ändern?

Fahrschülerinnen und -schüler müssen bestmöglich auf die Prüfung vorbereitet werden. Die Fahrschulen sollten regelmäßig Lernkontrollen und Prüfungsreife-Feststellungen durchführen. So kann die Bestehensquote wirksam und ohne großen Aufwand erhöht werden.

Das prüft der TÜV

TÜV ist die Abkürzung für Technischer Überwachungsverein*. In Deutschland gibt es sechs TÜV-Organisationen: TÜV Hessen, TÜV NORD, TÜV Rheinland, TÜV Saarland, TÜV SÜD und TÜV Thüringen. Vom Staat beauftragt und kontrolliert, übernehmen diese Privatunternehmen gesetzlich vorgeschriebene Prüfungen wie Führerscheinprüfungen oder die Hauptuntersuchung von Autos.

Weltweit prüft der TÜV auch technische Anlagen wie Aufzüge, Skilifte, Tankstellen, Lagerstätten für entzündliche Stoffe oder Druckbehälter in chemischen Anlagen. Auch Produkte aller Art, zum Beispiel Haushaltsgeräte, Werkzeug, Spielzeug, Medizinprodukte oder Sportgeräte, durchlaufen den TÜV-Check.

Außerdem zertifizieren TÜV-Mitarbeitende Software für Cybersicherheit oder Smart-Home-Geräte. Und sie sind bei Großprojekten wie dem Bau von Flughäfen, Bahnstrecken, Tunneln oder Windenergie-Parks ebenso aktiv wie bei der Verbesserung betrieblicher Abläufe.

Lassen die Fahrschulen ihre Schüler zu früh in die Prüfung gehen?

Das kann man nicht pauschal sagen. Es liegt natürlich immer auch am Prüfling. Eine verpflichtende Prüfungsreife-Feststellung sowohl am Ende der Theorieausbildung als auch zum Abschluss der fahrpraktischen Ausbildung hätte aber sehr wahrscheinlich einen positiven Effekt, auch auf die Bestehensquote.

Was sind die häufigsten Fehler in der Fahrprüfung?

In der praktischen Prüfung bereitet der Fahrkompetenzbereich "Verkehrsbeobachtung" den Bewerberinnen und Bewerbern oft Schwierigkeiten. Besonders an Einmündungen und Kreuzungen passieren sehr viele Fehler.

Wie schulen Sie Ihre Prüfer für den Umgang mit aufgeregten Fahrschülern?

Wer Prüfungsangst hat, trifft in der Fahrprüfung in komplexen Verkehrssituationen oft falsche Entscheidungen, reagiert zu langsam oder zu schnell. Das kann zum Abbruch der Prüfung führen.

Unsere Prüfer werden so geschult, dass sie einem Bewerber mit Prüfungsangst mit Empathie, Wertschätzung und Sensibilität begegnen, um eine bessere Atmosphäre in der Prüfungssituation zu schaffen. Der Prüfer kann zur Reduzierung der Prüfungsangst beitragen, indem er etwa den Prüfungsablauf transparent erklärt, rechtzeitig die Fahrstrecke ansagt und zu Beginn zunächst leichtere Aufgaben stellt.

Gibt es ein Beschwerdesystem?

Ja, man kann sich beim Leiter der Technischen Prüfstelle oder bei der Fahrerlaubnisbehörde beschweren, wenn man der Meinung ist, man sei falsch bewertet worden. Dann gibt es ein Verfahren, in dem der Sachverhalt aufgeklärt wird.

Der Führerschein ist teuer. Jetzt gibt es auch noch das Feedbackgespräch, das digitale Prüfprotokoll. Das erhöht den Preis weiter. Ist es das wert?

Früher war das Feedback sehr kurz. Ich bin auch durch die Prüfung gefallen und habe nur gesagt bekommen: Das war's. Durchgefallen! Tausenden anderen Prüflingen ist es wohl ähnlich ergangen, und das ist unbefriedigend. Durch das Feedbackgespräch erfahren die Fahrschüler, wo sie sich noch verbessern müssen oder worauf sie in den ersten Monaten der Fahrpraxis achten sollten.

Außerdem erhalten sie eine schriftliche Leistungsrückmeldung, und zwar unabhängig davon, ob sie die Prüfung bestanden haben oder nicht. Auch die Fahrschulen können so ihre Ausbildung noch besser an die Bedürfnisse ihrer Schüler anpassen. Also: Ja, das ist es wert.

Richard Goebelt Leiter des Geschäftsbereiches Fahrzeug und Mobilität beim TÜV

Oft würde eine bessere Kontrolle vor der Prüfung helfen. Eine kaputte Rückleuchte beispielsweise lässt sich leicht erkennen und ist relativ einfach und günstig zu reparieren.

Richard Goebelt, Geschäftsbereichsleiter Fahrzeug und Mobilität beim TÜV-Verband ©ThomasRosenthal.de

Bekannt ist der TÜV vor allem für die HU. Warum fallen die Autos durch?

Über den TÜV-Report, der seit 50 Jahren erscheint, können wir das gut auswerten. 17,9 Prozent der bei den TÜV-Prüfstellen vorgestellten Pkw hatten 2021 erhebliche oder gefährliche Mängel, den größten Anteil haben die Komponenten Licht, Fahrwerk und Bremsen. Aber auch austretendes Öl an Motor und Getriebe wird sehr häufig von unseren Prüfern beanstandet.

Oft würde eine bessere Kontrolle vor der Prüfung helfen. Eine kaputte Rückleuchte beispielsweise lässt sich leicht erkennen und ist relativ einfach und günstig zu reparieren.

Ein Auto bei der TÜV Untersuchung
Hauptuntersuchung beim TÜV: Licht, Fahrwerk und Bremsen sind die häufigsten Mängel© TÜV Süd

Werden unsere Autos besser?

Ja, die Pkw in Deutschland sind sicherer geworden. 1968 gab es in Deutschland 14 Millionen Autos. 45 Prozent, also weniger als die Hälfte, waren mängelfrei. 2021 hatten wir einen Pkw-Bestand von 48 Millionen. 73 Prozent waren mängelfrei. Aus unserer Sicht trägt die HU wesentlich dazu bei, dass die Anzahl der Getöteten im Straßenverkehr deutlich gesunken ist.

Welche Erfahrungen machen Sie mit E-Autos?

Auffällig sind die Bremsenkomponenten, da sie im Vergleich zu Verbrennern deutlich seltener benutzt werden und deshalb häufiger korrodieren. Grund ist die Rückgewinnung der Bremsenergie, also die Rekuperation. Sobald der Fahrer den Fuß vom Gaspedal nimmt, verzögert das E-Fahrzeug automatisch.

Auch das Fahrwerk wird stärker beansprucht. Das liegt zum einen an dem enormen Drehmoment und zum anderen an den schweren Batterien. Achsaufhängung und Querlenker werden dabei besonders beansprucht.

Heißt, die Fahrwerke sind zu schwach ausgelegt?

Ja, das legen zumindest die Ergebnisse unserer Sonderauswertung nahe. Die Hersteller sollten bei der Weiterentwicklung der E-Autos ein Augenmerk auf diese Komponenten legen.

Moderne Autos haben auch immer mehr Sensoren – ein Thema für den TÜV?

Die Überprüfung der Fahrerassistenzsysteme sollte vom Gesetzgeber verpflichtend eingeführt werden. Unfälle, Alterung oder Reparaturen können auf die Dauer das ordnungsgemäße Funktionieren der Assistenzsysteme beeinträchtigen.

Heißt, der TÜV wird teurer?

Nein. Ich gehe davon aus, dass sich Mehr- und Minderaufwand die Waage halten wird – bei E-Autos fällt natürlich die Abgasuntersuchung weg, dafür kommen andere Prüfpunkte wie die Hochvoltbatterie, Kabel und Isolierungen bei Elektrofahrzeugen hinzu.

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