Führerscheinprüfung: TÜV wünscht sich bessere Vorbereitung

Im ADAC Interview spricht Richard Goebelt vom TÜV-Verband über die hohe Durchfallquote bei Führerscheinprüfungen, sagt, was Fahrschulen besser machen können und nennt die häufigsten Mängel bei der Hauptuntersuchung.
ADAC Redaktion: TÜV und Dekra haben bei Führerscheinprüfungen ein Monopol. Das will die Regierungskoalition ändern. Fürchten Sie Konkurrenz?
Richard Goebelt: Bei der Fahrerlaubnisprüfung handelt es sich um eine hoheitliche Aufgabe des Staates, mit der die Bundesländer die Technischen Prüfstellen beauftragt haben. Die Gebühren für die Prüfungen decken nur die Kosten für den Personal- und Sachaufwand nach einem einheitlichen Gebührenrahmen.
Wer Veränderungen fordert, sollte sich immer klarmachen, dass es um die Zulassung von Personen zur Teilnahme am Straßenverkehr geht. Da sollte ausschließlich auf die Unabhängigkeit, Neutralität und auf hohe Qualitätsstandards der Prüfungen Wert gelegt werden.
Wettbewerb, Konkurrenz oder die freie Auswahl des Prüfers sollten eine Umgestaltung des Systems nicht bestimmen. Sonst wäre aus unserer Sicht die Verkehrssicherheit gefährdet.
Wie kommt die Regierungskoalition dann darauf, hier etwas zu ändern?
Vielleicht ist nicht allen bekannt, dass die Fahrerlaubnisprüfung kein typisches Wirtschafts- oder Marktmodell ist. Oftmals werden auch längere Wartezeiten auf Prüfungstermine, die in Folge der Pandemie entstanden sind, als Begründung angeführt.
Würden Sie sich einer Ausschreibung stellen?
Eine Ausschreibung ist wohl eines der Modelle, über die momentan nachgedacht wird. Wir würden uns keiner Veränderung verweigern. Letztlich bleibt die Gestaltung des Systems die Entscheidung des Gesetzgebers.
Im Moment müssen viele sehr lange auf Fahrprüfungstermine warten. Wann wird das besser?
Während der langen Lockdowns 2020 und Anfang 2021 hat sich ein enormer Prüfungsbedarf angehäuft, den wir abarbeiten mussten. Wir haben alles nur Denkbare unternommen, um für kürzere Wartezeiten zu sorgen.
Die Wartezeit hat mittlerweile in den allermeisten Regionen ein Normalmaß erreicht. Wir gehen davon aus, dass der angestaute Prüfungsbedarf bis Ende März insgesamt abgearbeitet ist.
„Bei der Fahrprüfung passieren an Einmündungen und Kreuzungen sehr viele Fehler.“
Richard Goebelt, Geschäftsbereichsleiter Fahrzeug und Mobilität beim TÜV-Verband ©ThomasRosenthal.de
42 Prozent sind 2020 bei der Führerscheinprüfung durchgefallen. Wie lässt sich das ändern?
Fahrschülerinnen und -schüler müssen bestmöglich auf die Prüfung vorbereitet werden. Die Fahrschulen sollten regelmäßig Lernkontrollen und Prüfungsreife-Feststellungen durchführen. So kann die Bestehensquote wirksam und ohne großen Aufwand erhöht werden.
TÜV ist die Abkürzung für Technischer Überwachungsverein. In Deutschland gibt es sechs TÜV-Organisationen: TÜV Hessen, TÜV NORD, TÜV Rheinland, TÜV Saarland, TÜV SÜD und TÜV Thüringen. Vom Staat beauftragt und kontrolliert, übernehmen diese Privatunternehmen gesetzlich vorgeschriebene Prüfungen wie Führerscheinprüfungen oder die Hauptuntersuchung von Autos.
Weltweit prüft der TÜV auch technische Anlagen wie Aufzüge, Skilifte, Tankstellen, Lagerstätten für entzündliche Stoffe oder Druckbehälter in chemischen Anlagen. Auch Produkte aller Art, zum Beispiel Haushaltsgeräte, Werkzeug, Spielzeug, Medizinprodukte oder Sportgeräte, durchlaufen den TÜV-Check.
Außerdem zertifizieren TÜV-Mitarbeitende Software für Cybersicherheit oder Smart-Home-Geräte. Und sie sind bei Großprojekten wie dem Bau von Flughäfen, Bahnstrecken, Tunneln oder Windenergie-Parks ebenso aktiv wie bei der Verbesserung betrieblicher Abläufe.
Lassen die Fahrschulen ihre Schüler zu früh in die Prüfung gehen?
Das kann man nicht pauschal sagen. Es liegt natürlich immer auch am Prüfling. Eine verpflichtende Prüfungsreife-Feststellung sowohl am Ende der Theorieausbildung als auch zum Abschluss der fahrpraktischen Ausbildung hätte aber sehr wahrscheinlich einen positiven Effekt, auch auf die Bestehensquote.
Was sind die häufigsten Fehler in der Fahrprüfung?
In der praktischen Prüfung bereitet der Fahrkompetenzbereich "Verkehrsbeobachtung" den Bewerberinnen und Bewerbern oft Schwierigkeiten. Besonders an Einmündungen und Kreuzungen passieren sehr viele Fehler.
Wie schulen Sie Ihre Prüfer für den Umgang mit aufgeregten Fahrschülern?
Wer Prüfungsangst hat, trifft in der Fahrprüfung in komplexen Verkehrssituationen oft falsche Entscheidungen, reagiert zu langsam oder zu schnell. Das kann zum Abbruch der Prüfung führen.
Unsere Prüfer werden so geschult, dass sie einem Bewerber mit Prüfungsangst mit Empathie, Wertschätzung und Sensibilität begegnen, um eine bessere Atmosphäre in der Prüfungssituation zu schaffen. Der Prüfer kann zur Reduzierung der Prüfungsangst beitragen, indem er etwa den Prüfungsablauf transparent erklärt, rechtzeitig die Fahrstrecke ansagt und zu Beginn zunächst leichtere Aufgaben stellt.
Gibt es ein Beschwerdesystem?
Ja, man kann sich beim Leiter der Technischen Prüfstelle oder bei der Fahrerlaubnisbehörde beschweren, wenn man der Meinung ist, man sei falsch bewertet worden. Dann gibt es ein Verfahren, in dem der Sachverhalt aufgeklärt wird.
Der Führerschein ist teuer. Jetzt gibt es auch noch das Feedbackgespräch, das digitale Prüfprotokoll. Das erhöht den Preis weiter. Ist es das wert?
Früher war das Feedback sehr kurz. Ich bin auch durch die Prüfung gefallen und habe nur gesagt bekommen: Das war's. Durchgefallen! Tausenden anderen Prüflingen ist es wohl ähnlich ergangen, und das ist unbefriedigend. Durch das Feedbackgespräch erfahren die Fahrschüler, wo sie sich noch verbessern müssen oder worauf sie in den ersten Monaten der Fahrpraxis achten sollten.
Außerdem erhalten sie eine schriftliche Leistungsrückmeldung, und zwar unabhängig davon, ob sie die Prüfung bestanden haben oder nicht. Auch die Fahrschulen können so ihre Ausbildung noch besser an die Bedürfnisse ihrer Schüler anpassen. Also: Ja, das ist es wert.
