Emoji-Urteil: 😬 bedeutet keine Zustimmung zum Lieferverzug

Ein Autohändler teilt dem Käufer mit, dass der bestellte Ferrari später kommt. Der antwortet mit einem Grimasse schneidenden Emoji. Heißt das, dass der Kunde mit der Lieferverzögerung einverstanden ist?
Der Fall: Ein Mann bestellte für gut 600.000 Euro einen neuen Ferrari Stradale und zahlte knapp 60.000 Euro an. Im Vertrag war ein unverbindlicher Liefertermin für das 2./3. Quartal 2021 vereinbart, mahnen durfte er laut Vertrag erst Anfang April 2022. Der Ferrari ließ auf sich warten. Der Autohändler meldete sich per WhatsApp: "Der SF 90 Stradale rutscht leider auf erstes Halbjahr 2022." Der Käufer antwortete unter anderem mit einem Grimasse schneidenden Emoji: "Ups 😬".
Ferrari kommt später – Käufer tritt zurück
Im April 2022 fragte der Käufer nach, wo denn der Ferrari bleibe. Der Verkäufer fragte daraufhin, ob "eine Abwicklung in der Woche ab 9.5." passen würde? "Passt", antwortete der Käufer. Am 9. Mai meldete sich der Verkäufer wieder und teilte mit, der Ferrari habe fehlerhafte Batterien und könne so nicht ausgeliefert werden. Nun reichte es dem Käufer. Er setzte schriftlich eine Lieferfrist bis Ende Mai. Danach werde er vom Vertrag zurückzutreten, was er am 1. Juni dann auch tat.
Verkäufer verlangt 110.000 Euro Schadenersatz
Die Sache landete vor Gericht. Der Käufer forderte seine Anzahlung zurück, der Verkäufer erhob Widerklage auf 110.000 Euro Schadenersatz, weil er den Ferrari nur mit hohem Verlust habe verkaufen können. Der Autohändler gewann den Prozess, der Käufer ging in Berufung.
Keine Verlängerung der Lieferfrist vereinbart
Das Oberlandesgericht München gab dem Käufer Recht, da die Lieferung des Ferrari Anfang April 2022 fällig war. Der Käufer konnte den Händler mit einer einfachen Mahnung in Verzug setzen. Durch den WhatsApp-Chat sei keine Verlängerung der Lieferfrist bis 30. Juni 2022 vereinbart worden, führte das Gericht aus. Die WhatsApp-Nachrichten erfüllten zwar die Schriftform, aber es fehlte an zwei übereinstimmenden Willenserklärungen.
😬 (Grimasse-Emoji) bedeutet Unbehagen
Das Grimassen schneidende Emoji (U+1F62C) bedeute keine Zustimmung zu einer Verlängerung. Nach dem Emoji-Lexikon sei darunter eher Unbehagen, Nervosität oder Ähnliches zu verstehen, aber jedenfalls keine Zustimmung zu einer Lieferverzögerung bis zum Ablauf des ersten Halbjahrs 2022. Auch "Ups" sei keinesfalls als Zustimmung, sondern allenfalls als Ausruf oder Überraschung zu verstehen. Der Käufer habe mit seinem "passt" nur auf eine Mahnung oder Nachfristsetzung bis Mai verzichtet, so das Gericht.
Nur 👍 (Daumen hoch) als Zustimmung zu deuten
In einer anderen Nachricht, in der es aber um die Ausstattung des Ferrari ging, hatte der Käufer tatsächlich mit 👍 (Daumen hoch) seine Zustimmung signalisiert (Unicode: U+1F44D). Der "Daumen hoch" bedeute nach dem Emoji-Lexikon in der Regel Zustimmung, Einverständnis oder Anerkennung, erklärte das Gericht.
Aus dem sonstigen Chatverlauf sei keine Zustimmung erkennbar. Deshalb sei der Käufer vom Kaufvertrag wirksam zurückgetreten und bekam seine Anzahlung zurück. Die Widerklage des Händlers hielt das Gericht für unbegründet, er bekam den Schaden nicht ersetzt.
OLG München, Urteil vom 11.11.2024, Az.: 19 U 200/24 e