Ansprüche nach Verkehrsunfall in Deutschland – was tun?

Es hat gekracht – welche Ansprüche stehen dem Geschädigten zu? ∙ Bild: © ADAC/David Klein/Shutterstock, Video: © ADAC e.V.

Nach einem unverschuldeten Unfall stellen sich viele Fragen: Schaden auszahlen lassen oder reparieren? Gibt es Schmerzensgeld? Mietwagen oder Nutzungsausfallentschädigung? ADAC Juristinnen informieren.

  • Gutachten – nicht immer genügt ein Kostenvoranschlag

  • Unterschied Totalschaden und Reparaturschaden

  • Schmerzensgeld und Haushaltsführungsschaden

Informieren Sie sich über das richtige Verhalten bei der Geltendmachung von Sach- und Personenschäden und nutzen Sie die den Unfallbericht zur Dokumentation des Unfalls:

Broschüre mit Unfallbericht: Was tun nach einem Unfall?
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Checkliste: Unverschuldeter Unfall

Das sollten Sie beachten, wenn Sie nicht schuld am Unfall sind:

  • Lassen Sie den Schaden an Ihrem Fahrzeug feststellen.

  • Gehen Sie bei Schmerzen und Verletzungen zum Arzt.

  • Melden Sie Ihre Schadenersatzansprüche umgehend bei der gegnerischen Kfz-Haftpflichtversicherung.

  • Unterschreiben Sie keine unverständlichen Formulare.

  • Unterschreiben Sie keine pauschalen Abtretungserklärungen von Werkstätten oder Mietwagenunternehmen.

  • Lassen Sie sich rechtlich beraten: Ihre Clubjuristen und ADAC Vertragsanwälte helfen!

Wann eigene Versicherung informieren?

Als Unfallverursacher müssen Sie den Unfall Ihrer eigenen Kfz-Haftpflichtversicherung unverzüglich, d.h. meist innerhalb einer Woche melden. Dies gilt auch dann, wenn ein Mitverschulden im Raum steht.

Nur bei unverschuldeten Unfällen brauchen Sie die eigene Kfz-Haftpflichtversicherung nicht zu informieren.

Sollten Sie eine Vollkaskoversicherung für das beschädigte Fahrzeug haben, kann es sinnvoll sein, diese bei einem unverschuldeten Unfall im Ausland zu kontaktieren. Hintergrund dafür ist, dass die Regulierung von Auslandsunfällen oftmals sehr viel Zeit in Anspruch nimmt und Sie über die Kaskoversicherung in der Regel schneller zum Ziel kommen. Gleiches kann bei einem mitverschuldeten Unfall gelten. Zur Frage, ob sich in Ihrem Fall die Einschaltung der Vollkaskoversicherung lohnt, empfehlen die ADAC Juristen eine anwaltliche Beratung.

Kostenvoranschlag oder Gutachten?

Ein Mann mit einem Klemmboard steht an einem Auto.
Nicht immer genügt ein Kostenvoranschlag zur Abrechnung mit der gegnerischen Versicherung© Shutterstock/mojo cp

Bei Bagatellschäden bis ca. 1000 Euro gilt in der Regel der Kostenvoranschlag oder die Reparaturrechnung als Schadensnachweis.

Ist der Schaden höher oder ist ein wirtschaftlicher Totalschaden zu befürchten, dann ist es ratsam, einen Sachverständigen einzuschalten. Bei unverschuldeten Unfällen trägt die gegnerische Kfz-Haftpflichtversicherung die Kosten des Sachverständigen. Im Fall eines mitverschuldeten Unfalls werden die Kosten anteilig übernommen. 

ADAC Vertragssachverständige
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Wird bei einem selbst- oder mitverschuldeten Unfall die Kaskoversicherung eingeschaltet, dann entscheidet diese, welcher Sachverständige den Schaden festsetzt. Die Ansprüche richten sich in diesem Fall nach den jeweiligen Versicherungsbedingungen.

Der Gutachter entscheidet außerdem darüber, ob ein Reparatur- oder ein Totalschaden vorliegt. Je nachdem unterscheiden sich die Ansprüche gegenüber der gegnerischen Kfz-Haftpflichtversicherung.

Schaden: Auszahlen oder reparieren?

Wenn Sie Ihr Fahrzeug nach einem unverschuldeten reparieren lassen, bekommen Sie gegen Vorlage der Reparaturrechnung die Reparaturkosten brutto erstattet.

Wenn Sie das Fahrzeug nicht oder nicht vollständig reparieren und Sie sich die Reparaturkosten netto auszahlen lassen wollen, spricht man von einer sogenannten fiktiven Abrechnung. Die Mehrwertsteuer wird bei der fiktiven Abrechnung nicht gezahlt.

Grundsätzlich können Sie bei der fiktiven Abrechnung die teuren Stundenverrechnungssätze (= Stundenlöhne) einer markengebundenen Fachwerkstatt erstattet verlangen.

Ein Mann arbeitet an einem Auto in einer Werkstatt.
Normale oder herstellergebundene Fachwerkstatt – welcher Stundensatz zählt?© iStock.com/industrieblick.net

Allerdings muss die gegnerische Kfz-Haftpflichtversicherung nur die günstigeren Stundenverrechnungssätze einer normalen Fachwerkstatt bezahlen, wenn das Fahrzeug mehr als drei Jahre alt und nicht scheckheftgepflegt ist. Voraussetzung ist zudem, dass die normale Fachwerkstatt vom Qualitätsstandard eine gleichwertige Reparatur bietet und in der Nähe oder zumindest schnell erreichbar ist.

Totalschaden: Was wird ausgezahlt?

Bei einem Totalschaden erhalten Sie den im Gutachten angegebenen Wiederbeschaffungswert, abzüglich des Restwertes des durch den Unfall beschädigten Fahrzeugs erstattet.

Ausnahmsweise können höhere Reparaturkosten erstattet werden, wenn diese den Wert des Fahrzeuges übersteigen. In diesem Fall dürfen die vom Gutachter geschätzten Reparaturkosten den Wiederbeschaffungswert des Fahrzeuges um nicht mehr als 30 Prozent übersteigen, und das Fahrzeug muss vollständig gemäß den Vorgaben im Gutachten repariert werden.

Wenn Sie sich ein Ersatzfahrzeug beschaffen wollen, sollten Sie mit Ihrem Anwalt abklären, in welchem Umfang die Mehrwertsteuer beim Kauf eines Ersatzfahrzeugs von der gegnerischen Versicherung zu erstatten ist.

Rechtsanwaltskosten geltend machen

Nutzen Sie Ihr Recht, einen Rechtsanwalt einzuschalten, möglichst zeitnah. Sind die Forderungen an die gegnerische Versicherung berechtigt, trägt sie bei unverschuldetem Unfall auch die Kosten. ADAC Vertragsanwälte finden Sie hier.

Mietwagen oder Nutzungsausfall?

Solange Ihr Fahrzeug bei einem Reparaturschaden reparaturbedingt ausfällt, können Sie Mietwagenkosten verlangen. Beim Totalschaden erhalten Sie für die im Gutachten angegebene übliche Wiederbeschaffungszeit Ihre Mietwagenkosten erstattet. Sie müssen jedoch nachweisen, dass ein Ersatzfahrzeug erworben wurde.

Bevor Sie ein Auto mieten, vergleichen Sie die Preise, um Nachteile zu vermeiden. Tipp der ADAC Anwälte: Heben Sie das Ergebnis der Recherche auf, um sie gegenüber der gegnerischen Versicherung nachweisen zu können.

Bei kurzzeitigem oder geringem Fahrbedarf sollten Sie auf Taxi oder auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen.

Wenn Sie sich keinen Mietwagen nehmen, können Sie alternativ eine sogenannte Nutzungsausfallentschädigung verlangen. Die Höhe richtet sich nach dem jeweiligen Fahrzeugtyp. Wenn Sie nach einem Unfall ein Gutachten erstellen lassen, sollten Sie den Gutachter beauftragen, auch den Wert für die Nutzungsausfallentschädigung aufzunehmen.

Welche Ansprüche bestehen noch?

  • Wertminderung, wenn das Fahrzeug auch bei fachgerechter Reparatur weniger wert ist. Die Höhe legt ein Gutachter fest.

  • Abschleppkosten

  • Unkostenpauschale in Höhe von etwa 30 Euro

  • Sachschäden: Bekleidung, mitgeführte Gegenstände etc.

Bei einem Totalschaden können auch folgende Positionen verlangt werden:

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Wie viel Schmerzensgeld?

Man mit einem Gipsbein sitzt auf einem Sofa.
Unverschuldet verletzt – Schmerzensgeld besser mit Anwalt geltend machen© Shutterstock/Andrey_Popov

Suchen Sie unbedingt einen Arzt auf, wenn Sie verletzt sind. Der Arzt dokumentiert die Verletzung. Das ist unerlässlich, wenn Sie Schmerzensgeld fordern möchten. Während Blechschäden meist leichter zu bestimmen sind, ist die Berechnung des Schmerzensgeldes in vielen Fällen weitaus komplexer. Als Orientierung dienen den Anwälten und Gerichten sogenannte Schmerzensgeldtabellen. Unterschreiben Sie keine Abfindungserklärung der gegnerischen Versicherung, ohne vorher Ihren Anwalt befragt zu haben.

Haushaltsführungsschaden?

Wer bei einem Unfall verletzt wird, hat gegen den Verursacher neben dem Anspruch auf Übernahme zum Beispiel der Heilbehandlungskosten und Schmerzensgeld auch einen Anspruch auf Ausgleich des Haushaltsführungsschadens. Dieser bemisst sich danach, welche Tätigkeiten die verletzte Person vor dem Unfall im Haushalt ausgeübt hat, und welche nach dem Unfall nicht mehr erfüllt werden können.

Der hierdurch entstehende Schaden kann entweder konkret geltend gemacht werden, wenn eine Haushaltshilfe eingestellt und bezahlt wird. Ein Anspruch besteht jedoch grundsätzlich und kann fiktiv geltend gemacht werden, wenn zum Beispiel andere Familienangehörige einspringen und die Tätigkeiten mit übernehmen.

Zur Ermittlung des Haushaltsführungsschadens nach dem Hohenheimer Verfahren kann der Fragebogen zum Haushaltsführungsschaden beim ADAC angefordert werden: ADAC e.V., Juristische Zentrale, Hansastraße 19, 80686 München, Fax 089 76 76 25 99, E-Mail: recht@adac.de. Auf der Basis Ihrer Angaben im Fragebogen wird das EDV-gestützte Gutachten erstellt. Die Kosten des Verfahrens betragen 250 Euro inklusive Mehrwertsteuer und Versandkosten.