Elektrischer Fensterheber: Gefahr für Kinder

Kleiner Junge blickt aus Autofenster
Elektrische Fensterheber können für Kinder gefährlich sein. © iStock.com/Halfpoint © iStock.com/Halfpoint

Ein hohes Risiko besteht bei elektrischen Fensterhebern insbesondere für Kinder, wenn sie sich mit den Fingern am Fenster festhalten oder, noch schlimmer, den Kopf aus Autofenster oder Schiebedach recken. Dabei können sie leicht selbst - oder mitfahrende Kinder - den Tippschalter erwischen. Wir geben Tipps, wie man die Kleinen am besten schützt.

Elektrische Autofenster - Nur mit Einklemmschutz

Das Problem: Die Fensterscheiben können mit Schließkräften bis zu 300 Newton bewegt werden. Das bedeutet: Eine dünne Glasscheibe von rund 8 Millimetern Dicke drückt mit bis zu 30 Kilogramm auf die kleine Kinderhand oder den Kopf.

Einfache Ausführungen ohne Einklemmschutz fahren das Fenster so lange nach oben oder unten, wie der zugehörige Schalter gedrückt wird. Klemmt sich ein Kind auf diese Weise ein, kommt es immer wieder vor, dass es vor lauter Schreck vergisst, wie leicht es sich mit dem richtigen Tipp auf den Schalter wieder befreien kann.

Die meisten elektrischen Fensterheber (EFH) sind heutzutage allerdings mit einem automatischen Einklemmschutz ausgestattet: Nimmt die Sensorik beim Schließen einen Widerstand wahr, stoppt die Scheibe. Bei den besseren Versionen dreht sich zudem die Laufrichtung des Motors sofort um und senkt die Fensterscheibe wieder ab. So kann sich ein Kind befreien, ohne vorher den richtigen Schalter finden zu müssen.

Kritisch ist allerdings, dass bei einigen Automodellen der Einklemmschutz außer Funktion ist, wenn der Fensterheberschalter beim Schließen permanent gedrückt bleibt. Oder wenn mehrfach (z. B. spielerisch) versucht wurde, das Fenster gegen einen Widerstand zu schließen. Das Problem: Die Automatik kann nicht zwischen einem möglichen menschlichen Körperteil und einer schwergängigen Fensterführung unterscheiden. Diese ergibt sich z. B. bei Frost oder unter Fahrtwind und erfordert eine entsprechend höhere Schließkraft.

So erkennen Sie einen Einklemmschutz

Ein Blick in die Bedienungsanleitung hilft meist weiter. Sollte dort nichts über die Technik der elektrischen Fensterheber bzw. des Schiebedachs vermerkt sein, empfiehlt sich ein kurzer, gefahrloser Test. Um nicht Körperteile in Gefahr zu bringen, verwendet man am besten einen Tennisball. Und so geht es:

  • Den Tennisball mit der einen Hand an die obere Dichtung halten. Mit der anderen Hand den Schalter kurz betätigen und das Fenster ganz nach oben fahren lassen. Jetzt zeigt sich, ob die Fensterscheibe am Hindernis anhält oder dieses zusammendrückt. Idealerweise sollte das Fenster nach Kontakt mit dem Hindernis sofort wieder nach unten fahren.

  • Danach das Hindernis erneut mit einer Hand an die obere Dichtung halten. Jetzt mit der anderen Hand den Schalter dauerhaft betätigen und das Fenster ganz nach oben fahren lassen. Wenn der Fensterheber auch jetzt wieder bei Kontakt mit dem Hindernis seine Drehrichtung ändert, weist er den nach heutigem Stand bestmöglichen Schutz auf.

Gesetzliche Vorschriften

Entsprechend den Vorschriften für elektrische Fensterheber und elektrische Schiebedächer (Verordnung 74/60 EWG) müssen bei Versionen mit sogenannter Antippautomatik (hier schließt die Scheibe bei einmaliger Betätigung automatisch) Umkehrautomatiken zwingend vorhanden sein. Dies gilt bereits seit 2003 für alle erstmalig zugelassenen Fahrzeuge.

Für Schalterbetätigungen ohne Antippautomatik oder Systeme, die nur mit eingeschalteter Zündung funktionieren, gilt diese Vorschrift allerdings nicht - einige Hersteller richten sich erfreulicherweise aber trotzdem danach.

Tipps für die Praxis

Damit Sie auf der sicheren Seite sind und Kinder optimal schützen, sollten Sie stets folgende Vorsichtsmaßregeln beachten:

  • Kinder möglichst nicht unbeaufsichtigt im Fahrzeug lassen, erst recht nicht mit eingestecktem Zündschlüssel!

  • Kindern unbedingt deutlich machen, welche Gefahren von elektrisch betätigten Schließfunktionen im Auto ausgehen können.

  • Fenster und Schiebedach nicht mit der Fernbedienung schließen, wenn Sie keinen Sichtkontakt zum Fahrzeug haben.

  • Viele Fahrzeuge haben einen extra Kinderschutz-Schalter, der vom Fahrer zur Deaktivierung der hinteren Fensterheber genutzt werden sollte.

  • Bei zentraler Fensteröffnungs- und Schließtaste, z. B. bei vielen Cabrios, vor deren Betätigung vergewissern, dass Kinder oder auch Tiere keine Gliedmaßen in den Fensterführungen oder dem Schiebedach haben.

  • Berücksichtigen, dass Fenster/Schiebedächer bei mehrmaligem Anstoßen gegen ein Hindernis die Kraftbegrenzung letztendlich ausschalten. In einem solchen Fall nach dem Schließen des Fensters kurz die Zündung aus- und wieder anschalten. So wird der Einklemmschutz wieder aktiviert.

  • In jedem Fall beim Verlassen des Fahrzeugs den Zündschlüssel abziehen. Das Radio zur Unterhaltung der zurückbleibenden Insassen läuft meist auch ohne Zündung!

Forderungen des ADAC

Zur Sicherheit sollten alle elektrisch zu betätigenden Fenster, Türen und Deckel mit einer wirksamen Begrenzung der Einklemmkräfte ausgerüstet sein. Um zudem die Gefährdung durch elektrische Fensterheber bzw. Schiebedächer weiter zu reduzieren, müssen berührungsfrei arbeitenden Sensoren bzw. Sicherheitstechniken entwickelt und eingeführt werden, die insbesondere für Kinder jegliches Risiko zuverlässig ausschließen.

Bei allen Fahrzeugen, die den ADAC Autotest durchlaufen, wird untersucht, wie die Fensterheber ausgeführt sind und ob sie automatisch abschalten. Bei negativem Abweichen fließt dies in die Testnote mit ein, außerdem wird es im Text des ausführlichen Original-ADAC-Autotest (mit mehr als zehn Seiten pro Modell) erläutert. ADAC Autotests für mehrere hundert Modelle können unter www.adac.de/autotest heruntergeladen werden.

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