Angst und Panik vorm Autofahren: Was dagegen hilft

Speziell betreute Fahrtrainings helfen Betroffenen, ihre Angst zu überwinden.
Speziell betreute Fahrtrainings helfen Betroffenen, ihre Angst zu überwinden.© ADAC/Thekla Ehling

Dichter Verkehr, düstere Tunnel, enge Baustellen oder Dunkelheit: Viele Autofahrer haben dann nicht nur ein mulmiges Gefühl, sondern echte Fahrangst. Aber es gibt Hilfe.

  • Angst, sich hinter das Steuer zu setzen: Wie sie entsteht

  • Spezielle Therapien und Fahrtrainings helfen

  • An wen Betroffene sich wenden können

Wenn sich die Autobahn in einer Baustelle kilometerlang auf zwei schmale Spuren verengt, die Verkehrsteilnehmer dichter auffahren und Lkw auf Tuchfühlung gehen, wird manchem Autofahrer mulmig zumute. Doch bei Janina war es anders, sie bekam Panikattacken. Herzrasen, Schweißausbrüche und die Angst vor Ohnmachtsanfällen waren 20 Jahre lang ihre ständigen Begleiter. Betroffene von solchen und weiteren Symptomen leiden unter Fahrangst, auch bekannt als Amaxophobie.

Fahrangst kann überall lauern

Baustellen auf der Autobahn: Horrorszenario für viele Betroffene © ADAC/Uwe Rattay

"Der Schwindel kam aus dem Nichts. Ich habe mich gefühlt, als wäre ich gefangen", sagt die 40-Jährige über jenen Moment, in dem Autofahren für sie zum ersten Mal zur Bedrohung wurde. "Besonders auf mehrspurigen Fernstraßen und an Baustellen hatte ich Panik und Angstsymptome." In den darauffolgenden Jahren schlich sich die Furcht immer mehr in ihr Leben ein, bis sie sich gar nicht mehr auf die Autobahn traute.

Das sind die Ursachen von Fahrangst

Die Ursachen für Fahrangst sind unterschiedlich: ein traumatisches Erlebnis wie ein Unfall, das Ausmalen von Worst-Case-Szenarien oder die Angst, andere zu gefährden. Auch Dauerstress kann ein Grund für Fahrangst sein. "Er ist ein Nährboden für körperliche und psychische Probleme. Bei dem einen verursacht er Burn-out oder Depressionen, bei dem anderen Angstzustände", sagt Psychologin Alexandra Bärike, Diplompsychologin und Fahrlehrerin.

Viele Betroffene befürchten, beim Autofahren Fehler zu machen. Die Ursache für die Unsicherheit kann fehlende Fahrpraxis sein. Diese Form der Furcht kann bei Führerschein-Neulingen, aber auch bei routinierten Autofahrern auftreten, die lange nicht mehr hinterm Steuer saßen.

Auslöser sind oft schlimme Ereignisse, zum Beispiel das Erleben oder Beobachten eines Verkehrsunfalls. Es können aber auch Erlebnisse sein, die nicht mit dem Straßenverkehr zusammenhängen: Etwa der Verlust einer nahestehenden Person.

Die Angst hinterm Steuer kann sich mit der Zeit steigern und sich von bestimmten Situationen, wie das Durchfahren eines Tunnels oder dem Befahren einer Brücke auf andere, unspezifische Orte übertragen.

Es droht ein Teufelskreis. Furcht führt dazu, dass Autofahren immer häufiger vermieden wird. Und wer kaum oder gar nicht mehr fährt, erlebt auch nichts Positives hinterm Steuer.

Fahrangst: Daran lässt sie sich erkennen

Körperliche Symptome von Fahrangst sind beispielsweise Herzrasen, beschleunigtes Atmen, Schweißausbrüche, Augenzucken und Nervosität. Zu den psychischen Auswirkungen zählen unter anderem Stressempfinden, Unwohlsein und der Drang, der Situation entfliehen zu wollen.

Was hilft bei einer Panikattacke?

In der akuten Situation, bei einer Panikattacke, können Unterhaltungen sowie Atem- und Muskelentspannungsübungen die Nervosität beim Fahren lindern. Ein weiterer Tipp: Lautes Sprechen beruhigt beispielsweise die Atmung.

Panikattacken am Steuer – lassen sie sich verhindern?

Die Furcht hinterm Steuer ist sehr ernst zu nehmen, insbesondere wenn sie Panikattacken auslöst. Zum einen begeben sich Betroffene dann in Gefahr, weil sie die Fahrsituation nicht mehr richtig kontrollieren können. Zum anderen kann sich die Panik immer mehr ausbreiten, beispielsweise im Flugzeug oder im Supermarkt. In solchen Fällen ist es ratsam, sich therapeutische Hilfe zu holen.

"Es ist wichtig, sich seiner Fahrangst bewusst zu werden und sich der Problematik zu stellen. Nur so kann ein lösungsorientiertes Verhalten entstehen", sagt Ulrich Chiellino Verkehrspsychologe beim ADAC. "Ehrlich zu sich selbst sein, Gespräche mit Familie und Freunden sowie Angsttagebücher können dabei helfen."

Sich das Problem einzugestehen, kostet viel Kraft. Aber die Panik hinterm Steuer lässt sich bekämpfen, weiß Alexandra Bärike, Diplompsychologin und Fahrlehrerin. Deutschlandweit hilft sie Betroffenen mit Konfrontationstrainings.

"Ich arbeite mit Wiedereinsteigern nach langer Fahrpause, aber auch mit Personen, die früher gern Auto gefahren sind, wie Sie und ich. Bei vielen tritt die Fahrangst plötzlich in unterschiedlichen Situationen auf – beim einen im dichten Stadtverkehr, beim anderen auf der Autobahn. Es ist wichtig, den Betroffenen Mut zu machen", erklärt sie.

Viele betroffene meiden beispielsweise Fernstraßen, haben aber keinerlei Probleme bei Fahrten im dichten Verkehr einer Innenstadt, auch weil es dort langsamer zugeht.

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Fahrlehrer und Fahrtrainings können helfen

Frank Müller betreut "Angsthasen" in seiner Fahrschule © ADAC/Christoph Michaelis

Fühlt sich jemand aufgrund mangelnder Fahrpraxis unsicher, können bereits Auffrischungskurse oder Fahrsicherheitstrainings die Lösung sein. Viele Fahrschulen bieten entsprechende Kurse mit speziell geschulten Fahrlehrern an.

Geht die Angst jedoch über ein Unwohlsein hinaus, können betreute Trainings oder Selbsthilfegruppen von Experten helfen. "Bei Angststörungen, die auf Dauerstress und tiefer gehende psychische Ursachen zurückzuführen sind und sich in Panikattacken äußern, ist der Weg zu einem Verkehrspsychologen oder Therapeuten unverzichtbar.", empfiehlt Ulrich Chiellino.

Der Fahrlehrer und Diplomsoziologe Frank Müller ist Angstexperte. Er bietet Trainings an und arbeitet mit Therapeuten zusammen. In seiner Berliner Fahrschule kümmert er sich um seine "Angsthasen" und hat eine Selbsthilfegruppe ins Leben gerufen. "Die Mehrzahl der Betroffenen ist weiblich, männliche Angsthasen gibt es aber auch", sagt Müller. Sie bräuchten oft nur länger, um sich ihr Problem einzugestehen.

Gefahrensituation Tunnel: Psychologin Bärike trainiert mit einem Betroffenen. © ADAC/Thekla Ehling

Einige Betroffene stellen sich ihrer Angst und entscheiden sich für ein Training – oft mit Erfolg: Nach einem intensiven Vorgespräch geht es im Fahrschulauto raus in die "freie Wildbahn". Mit dem Fahrlehrer an der Seite tasten sich die Betroffenen langsam an ihre Angstzonen heran: Sie starten beispielsweise in einem ruhigen Gebiet mit breiten Straßen, bevor sie sich in den dichten Stadtverkehr begeben.

"Im nächsten Schritt steigen wir auf das Fahrzeug des Angsthasen um. Da kann ich auch nicht mehr eingreifen", erklärt Müller. Unterhaltungen und Entspannungsübungen lindern die Nervosität. Die Anzahl der Fahrstunden wird individuell festgelegt.

Nach dem Training müssen die Betroffenen am Ball bleiben, indem sie potenzielle Gefahrensituationen in ihren Fahralltag integrieren und sich ihnen so oft wie möglich stellen. "Angst geht zwar nicht einfach weg. Aber fleißiges Training hilft, damit umzugehen", sagt Bärike.

Symptome und Auswirkungen

Um selbst an einem betreuten Fahrtraining teilzunehmen, können Sie Alexandra Bärike* oder Frank Müller* kontaktieren. Informationen zu weiteren Fahrlehrern, die sich auf Fahrangst spezialisiert haben, finden Sie bei der Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände e.V.*

Für therapeutische Hilfe können Sie sich beim Bundesverband Niedergelassener Verkehrspsychologen* oder beim Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen* informieren.

Hier finden Sie weitere wichtige Infos zum sicheren Fahren.

Text: Sarah Kurz. Fachliche Beratung: Ulrich Chiellino/ADAC Ressort Verkehr.

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