Stopp, hier muss saniert werden! Brückenprüfer Michael Lutz im Interview

© ADAC Württemberg/Sebastian Zintel
Grundsätzlich muss man sich keine Sorgen machen. Die Brücken in der Zuständigkeit des Regierungspräsidiums Stuttgart sind sicher.

Grundsätzlich muss man sich keine Sorgen machen. Die Brücken in der Zuständigkeit des Regierungspräsidiums Stuttgart sind sicher.

Michael Lutz, Brückenprüfer beim Regierungspräsidium Stuttgart©ADAC Württemberg/Sebastian Zintel

Haben Sie manchmal ein mulmiges Gefühl, wenn Sie über eine Brücke fahren?

Ich kann das Gefühl durchaus nachvollziehen. In seltenen Fällen passiert mir das auch, wenn ich unter einer unserer Brücken durchfahre. Es gibt tatsächlich einzelne Bauwerke, die wüst aussehen, und an denen augenscheinlich schon länger keine Sanierungsmaßnahmen mehr durchgeführt wurden. Mit der Zeit kann der Beton oberflächig etwas bröckeln. Da kommt dann schon mal die Befürchtung auf, dass einzelne kleine Betonteile abplatzen können. Meist sind das aber oberflächliche Schäden.

Muss man sich Sorgen machen?

Grundsätzlich muss man sich keine Sorgen machen. Die Brücken in der Zuständigkeit des Regierungspräsidiums Stuttgart sind sicher. Generell gilt, dass wir in Deutschland ein gutes Überwachungssystem haben. Auch Dinge wie lockere Betonteile werden in der Regel frühzeitig erkannt und vorsorglich entfernt oder gesichert. Wir haben aber bei der Infrastruktur einen gravierenden Investitionsstau.

Die Taubertalbrücke führt die A 81 über den Fluß Tauber, sie wurde zwischen 1968 und 1973 errichtet © Christian Rüger

Sie vergeben Noten zwischen 1,0 und 4,0 für Brücken. Was war die beste, was die schlechteste Note?

Die 1,0 kommt bei Neubauten vor. Das kann selbst bei der zweiten großen Prüfung nach fünf Jahren noch der Fall sein. Eine 4,0 hatte ich noch nie. Da müsste ich die Brücke sofort schließen, weil die Standsicherheit oder Verkehrssicherheit nicht mehr gegeben ist. Tatsächlich hatte ich schon einmal eine 3,9, da wurden Sofort-Maßnahmen eingeleitet. Das war jedoch ein absoluter Ausnahmefall. Es kann auch passieren, dass wir etwa ein kaputtes Geländer entdecken. Dann rufe ich die Straßenmeisterei und bleibe vor Ort, bis das Geländer repariert ist. Allein durch ein kaputtes Geländer könnte eine Brücke schon eine Note zwischen 3,0 und 4,0 bekommen. Die Standsicherheit der Brücke ist in diesem Fall aber natürlich zu keiner Zeit gefährdet. Es gab auch mal bei einer kleinen Holzbrücke den Fall, dass wir einen schwerwiegenden, versteckten Schaden entdeckt haben. Bis zum Eintreffen der Straßenmeisterei, die eine Sperrung einrichten musste, habe ich mich auf die Brücke gestellt und den Verkehr abgewiesen.

Das größte Bauwerk in Ihrem Zuständigkeitsbereich ist die Aichtalbrücke zwischen Stuttgart und Tübingen. Wie läuft eine Prüfung dort ab?

Ich schaue mir zunächst den letzten Prüfbericht an. Dann muss ich mir Gedanken machen, ob ich Fremdgeräte oder Industriekletterer brauche und einteilen, in welchem Zeitraum welcher Abschnitt geprüft wird. Es folgt eine erste Begehung zu Fuß, bei der man Brückenpfeiler inspiziert und ins Innere der Brücke geht, um Hohlkästen und Widerlager zu prüfen. Die Hauptarbeit beginnt dann mit dem Brücken-Untersichtgerät. An der Aichtalbrücke dauert das rund zwei Wochen. Dabei sind mindestens fünf Mann gleichzeitig im Einsatz.

Wie wird man Brückenprüfer?

Ich habe eine Zimmerer-Lehre gemacht, dann Bauingenieurwesen studiert und bei einem studentischen Praktikum beim Regierungspräsidium Stuttgart den Job kennengelernt. Die Arbeit hat mich sofort fasziniert. Man hat eine kontrollierende Tätigkeit, Brücken sind eindrückliche Bauwerke, man braucht sehr spezielle technische Geräte, arbeitet im Team und ist viel draußen in der Natur.

Das Motorwelt Regionalmagazin „immer dabei“ war bei einer Brückenprüfung in Bad Friedrichshall dabei

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