Rallye-Weltmeister Walter Röhrl im Interview
Als zweifacher Rallye-Weltmeister ist Walter Röhrl weltweit bekannt. Doch nicht jeder weiß, dass er bereits mehrfach als Fahrtrainer tätig war und warum er sich für Sicherheit im Straßenverkehr engagiert. Im Interview spricht er über die gefährlichsten Situationen für Autofahrer im Straßenverkehr und äußert seine Wünsche für die Zukunft der Verkehrssicherheit.
Wir haben Röhrl anlässlich des 50.000. ADAC Fahrsicherheitstrainings-Teilnehmer am Standort Regensburg im FSZ Regensburg getroffen, wo er als Überraschungsgast mit dem Jubiläumsteilnehmer trainierte und wertvolle Tipps für das Fahren im Herbst und Winter gab.
Interview mit Walter Röhrl
Sie sind weltweit als Rallye-Weltmeister bekannt, waren aber schon während Ihrer Karriere des Öfteren als Fahrsicherheitstrainer im Einsatz. Was ist Ihre Motivation dahinter?
Meine Hauptmotivation ist es, Menschen vor tödlichen Unfällen im Straßenverkehr zu schützen. Der Erwerb des Führerscheins allein reicht nicht aus, um sicher unterwegs zu sein. Weiterbildung ist entscheidend, da der Mensch das größte Risiko im Straßenverkehr darstellt. Wer Gefahrensituationen nicht trainiert, kann sie im Ernstfall nicht bewältigen.
Ist das der Grund, warum Ihre Unterschrift groß im Eingangsbereich des ADAC Fahrsicherheitszentrums Regensburg/Rosenhof zu sehen ist?
Ja, genau. Mit meiner Unterschrift möchte ich zeigen, wie wichtig ich Fahrsicherheitszentren und das dort Gelernte finde. Die Leute sollen sehen, dass selbst ein zweifacher Rallye-Weltmeister hinter solchen Einrichtungen steht und diese Präventionsmaßnahmen für mehr Verkehrssicherheit und weniger Unfalltote unterstützt.
Was sind denn Beispiele für Situationen, in denen Autofahrer ohne Fahrsicherheitstraining falsch reagieren?
Besonders im Herbst und Winter, wenn das Auto leicht ins Rutschen geraten kann, reagieren viele Autofahrer panisch und erstarren. Sie werden zu Passagieren und warten auf den Aufprall. Ein weiteres häufiges Problem ist, dass Fahrer, die leicht von der Straße abkommen, abrupt gegenlenken. Das führt oft dazu, dass sie ins Schleudern kommen. Auch Ablenkung ist ein großes Thema: Viele verlassen sich blind auf Fahrassistenzsysteme und glauben, dass sie sich deshalb nicht mehr konzentrieren müssen, da das Auto quasi von selbst fährt. Dadurch lassen sie sich ablenken, träumen vor sich hin und gefährden sich und andere.
Sicheres Autofahren im Herbst/Winter
Konzentration ist das A und O:
Die Gedanken müssen während der Fahrt 100 Prozent beim Autofahren sein und nirgendwo anders. Dies gilt natürlich zu jeder Jahreszeit, aber insbesondere im Herbst und Winter, wo die Straßen oftmals rutschig sind. Denn je vorausschauender die Fahrweise, desto besser kann man sich auf schlechte Wetterbedingungen mit Regen, Eis und Schnee einstellen.
Auto winterfest machen:
Spätestens jetzt müssen Frostschutz und Scheibenwischwasser aufgefüllt werden. Zudem sollten Autofahrer darauf achten, dass die Scheibenwischer schlierenfrei arbeiten und das Licht einwandfrei funktioniert. Auch wichtig: Die Pneus sollten aus Sicherheitsgründen eine Mindestprofiltiefe von vier Millimetern haben, da Lenk- und Fahrmanöver nur funktionieren, wenn die Räder ausreichend Grip haben.
Geschwindigkeit anpassen und niedertourig fahren:
Nur wer langsam fährt, hat ausreichend Zeit zu reagieren und kann sich auf die Anforderungen in der kalten Jahreszeit einstellen. Auch der Abstand zum Vordermann sollte vergrößert werden. Im Herbst und Winter sollte dieser dreimal so groß sein wie unter normalen Bedingungen. Niedertouriges Fahren hilft zudem, auf glattem Untergrund besser anzufahren und voranzukommen. Mit einer niedrigen Drehzahl und einem hohen Gang können die Reifen einen besseren Grip aufbauen. Sogar das Anfahren im zweiten Gang kann jetzt sinnvoll sein.
Auf rutschiger Fahrbahn nur leicht lenken:
Kommt das Auto ins Rutschen, sollte man den Fuß vom Gaspedal nehmen, auskuppeln, gefühlvoll gegenlenken und bremsen. Mit etwas geringerer Geschwindigkeit lässt sich das Auto oft schon wieder besser kontrollieren. Reagiert das Fahrzeug nicht mehr, hilft nur, fest und nachhaltig aufs Bremspedal zu treten („Bremsschlag“). Empfehlenswert ist es, gelegentlich eine kurze Bremsprobe auf freier Strecke zu machen, wenn keine Gefahr für andere besteht. Dadurch bekommt man ein Gefühl für die Straßensituation und den Bremsweg auf glatter Fahrbahn. Dieser kann bis zu fünf Mal so lang sein wie auf trockenem Asphalt.
Bei Blitzeis Fahrzeug stehen lassen:
Ist die Fahrbahn mit Eis überzogen, etwa nach Eisregen, hilft nur eins: Auto stehen lassen und den Straßendienst abwarten. Die Haftung zwischen Reifen und Straße ist in diesem Fall gleich null.
Waren Sie schon einmal in einer kritischen Situation, in der Sie froh waren, Ihr Fahrzeug so gut zu beherrschen und schnell reagieren zu können?
Ja, viele Male, und mindestens fünfmal hätte es wahrscheinlich Tote gegeben, wenn nicht ich am Steuer gesessen hätte. Ein Erlebnis werde ich nie vergessen: Ein Motorradfahrer kam mir in einer Rechtskurve mit stark überhöhter Geschwindigkeit auf meiner Spur entgegen. Ein Frontalcrash wäre unvermeidbar gewesen, wenn ich nicht geistesgegenwärtig ausgewichen und in den Graben gefahren wäre, um dann sofort wieder herauszufahren. Solche Situationen kann man nur bewältigen, wenn man geübt ist, wie man Unfälle vermeiden kann und die Gedanken während der Fahrt zu 100 Prozent beim Autofahren sind und nirgendwo anders.
Sie haben vorhin das Thema selbstfahrende Autos angesprochen: Wann denken Sie, wird autonomes Fahren in Deutschland alltäglich sein?
Das wird sicherlich noch einige Jahrzehnte dauern. Die Technologie ist noch nicht ausgereift, und in den nächsten 30 Jahren wird sich meiner Meinung nach auf den deutschen Landstraßen nicht viel ändern. Deshalb muss das Thema Verkehrssicherheit jetzt und auch in Zukunft groß geschrieben werden. Die Vorbereitung der Fahrer auf die häufigsten Gefahren im Straßenverkehr ist dabei das A und O.
Sie möchten mehr zum Thema Autonomes Fahren lesen?
Der ADAC informiert in einem Artikel über den aktuellen Stand selbstfahrender Autos.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft beim Thema Verkehrssicherheit?
Ich erwarte nicht, dass jeder so gut Auto fährt wie ich, aber ich erwarte, dass sich die Menschen beim Fahren auf den Verkehr konzentrieren und nicht abgelenkt sind. Auch das lernt man in einem Fahrsicherheitstraining. Leider denken viele nicht daran, solche Extremsituationen zu üben. Deshalb sollte ein Fahrsicherheitstraining für Führerscheinneulinge Pflicht werden. In Österreich ist das seit Jahren so und die Statistik zeigt, dass die Zahl der Unfälle bei Führerscheinneulingen zurückgegangen ist.
Interesse an einem ADAC Fahrsicherheitstraining?
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