Stimmen zur Kombilösung - Dr. Frank Mentrup
Dr. Frank Mentrup ist seit März 2013 als Oberbürgermeister der Stadt Karlsruhe im Amt. 2021 wurde Mentrup für eine weitere Amtszeit gewählt. Neben seinen Aufgaben als Vorsitzender des Gemeinderats und Leiter der Verwaltung ist Mentrup der Vorsitzende des Aufsichtsrats des Karlsruher Verkehrsverbundes (KVV) sowie der Karlsruher Schieneninfrastruktur-Gesellschaft mbH (KASIG). Mit Dr. Frank Mentrup haben wir über die Wirkung der Kombilösung auf die die Stadtentwicklung und die Mobilität der Menschen gesprochen.
Herr Dr. Mentrup, wie kann sich die Stadt Karlsruhe durch die Kombilösung weiterentwickeln?
Die Zeit vorher war ja geprägt davon, dass das ÖPNV-Netz an seine Grenzen gekommen ist. Vor allem die Stadtbahnen, die von weit her aus der Region mitten in die Stadt fahren, die haben sich irgendwann einmal in der Kaiserstraße nur noch gestaut. Zwölf Jahre Bauzeit, das heißt immer ein Haufen Unbill. Es gab Baustellen, jede Woche was anderes, überall ist man irgendwie hängen geblieben. Insofern beginnt jetzt ohne Baustellen und auch mit der neuen und viel zuverlässigen und sicheren Unterquerung der Stadt ein neues Zeitalter für Karlsruhe.
Wir können damit unser Stadtbahnsystem erhalten und ausbauen. Also den unmittelbaren Anschluss der Region mitten bei uns in die Stadt. Wir kriegen eine freie Kaiserstraße, auf der man flanieren kann. Auf der man vielleicht auch mal Feste feiern kann, ohne auf die Straßenbahn Rücksicht zu nehmen. Auf dem Marktplatz erlebt man das jetzt schon. Diese sperrende Wirkung der großen „Autobahn“ Kriegsstraße, die es ja vorher war mit bis zu zehn Spuren, die wird jetzt überwunden. Wir schließen den Zoo, das Kongresszentrum und andere Infrastruktur eigentlich direkt an die Innenstadt an und das Ganze wird hochgradig attraktiv. Und wir lösen, denke ich, auch damit jetzt Investitionen in der Kaiserstraße aus. Weil viele, die dort investiert hätten in der Vergangenheit, haben sich ein Stück zurückgehalten und haben sich gesagt „jetzt warten wir erst einmal ab, bis die mit ihren großen Baustellen fertig sind“. Das zeigt schon, dass es in vielfältiger Weise ein völlig neuer Start für ein neues Karlsruhe ist.
Welche Auswirkung hat die Kombilösung sowohl kurz- als auch längerfristig auf den Individualverkehr?
Wir können jetzt dadurch, dass wir in der Kriegsstraße eine weitere Ost-West-Achse kriegen, die Straßenbahnlinien und Stadtbahnlinien besser auf zwei leistungsfähige Ost-West-Achsen verteilen. Früher ist alles im Grunde nur durch die Kaiserstraße gegangen und hat dann am Eingang und am Ende der Kaiserstraße auch zu massiven Verkehrseinschränkungen geführt an den jeweiligen Kreuzungsbereichen. Das verteilt sich jetzt wesentlich besser auf die verschiedenen Ost-West-Achsen. Und jetzt hatten wir ja auch die ganze Zeit der letzten 12 Jahre immer ein oder zwei Nord-Süd-Verbindungen auch gesperrt. Die Ettlinger Straße, wo jetzt ganz lange Zeit nur noch der Bus fuhr, auch das wird wieder geöffnet. Das heißt, statt drei oder vier Linien, die etwa durch die Rüppurrer Straße fahren, fährt jetzt nur noch eine durch. So verteilt sich auch das mehr.
Also der Raum für den Individualverkehr, egal ob mit dem Auto, mit dem Fahrrad oder auch zu Fuß, wird jetzt an den Kreuzungsbereichen erstmal wieder leistungsfähiger. Wir hoffen, dass es dadurch attraktiver wird, dass mehr Leute überhaupt auf den ÖPNV umsteigen. Das erleichtert natürlich dem Individualverkehr an anderen Stellen auch das Fahren.
Welche zusätzlichen Maßnahmen bieten die Grundlage für einen guten Mix aller Mobilitätsformen?
Die Kombilösung hat uns auch die Möglichkeit gegeben, etwa in der Kriegsstraße zum ersten Mal einen richtigen Radweg anzubieten. Die Kriegsstraße ist nun mal die wichtigste Ost-West-Verbindung nördlich des Hauptbahnhofs. So wird jetzt dem Radverkehr auch noch einmal eine wirklich tolle Chance gegeben. Früher musste man sich oben am Zirkel durchschlängeln. Heute hat man eine gerade, leistungsfähige Ost-West-Verbindung.
So wird für alle Verkehrsarten, auch vor allem die aus dem Umweltverbund, einiges gemacht. Denn wir müssen zweierlei tun. Wir müssen den öffentlichen Straßenraum nochmal besser aufteilen, damit auch die anderen Verkehrsarten außer dem Automobil hier besser zu ihrem Recht kommen und auch zu ihren Flächen. Wir wollen Verkehrsflächen auch stärker nutzen, um eine gute Aufenthaltsqualität zu schaffen. Weil wir merken, die Leute wollen nicht nur außerhalb ihrer Häuser schnell mal wohin huschen. Sondern sie wollen sich dort auch aufhalten und wohlfühlen können.
Wir müssen durch diese Attraktivierung von Radverkehr, Fußverkehr und auch natürlich durch den ÖPNV versuchen, die Menschen davon zu überzeugen, dass es gute Alternativen gibt, anstatt mit dem eigenen Auto in die Innenstadt zu fahren. Aber weiterhin durchaus die Möglichkeit besteht, wenn es eben absolut nötig ist, es dann trotzdem zu tun. Und das muss irgendwie im Straßenraum und in unserer Politik deutlich werden.