Schwer verletzt: ADAC Ambulanz-Service fliegt Turmspring-Weltmeisterin nach Hause

Turmspring-Weltmeisterin Johanna Krauß, 17, verunglückte sehr schwer bei ihrem Sport. Sie erzählt, wie der ADAC sie von Montreal nach Leipzig brachte.
"Ich bin erfolgreiche Wasserspringerin, springe vor allem vom 1- und 3-Meter-Brett. Als dieser schreckliche Unfall geschah, befand ich mich mit meiner Mannschaft gerade im kanadischen Montreal zu den Jugendweltmeisterschaften 2022. Ich strebte diesmal keine großen Erfolge an, denn ich war wegen einer Fußverletzung nicht in Topform. Aber ich wollte natürlich dabei sein.
Beim Delfinsprung passierte es
Wir wärmten uns wie üblich vor dem Wettkampf an Land auf, bevor es ins Wasser ging. Ich empfand schon die kanadische Halle und das Wasser als ungewohnt kalt. Dazu mussten wir alle ziemlich lange anstehen, um auf das Brett zu kommen. Vielleicht führten all diese Faktoren dazu, dass ich nicht 150-prozentig bei der Sache war. Endlich auf dem Brett, bereitete ich meinen Delfinsprung vor: Dabei stehe ich mit dem Rücken zum Becken, springe nach hinten ab, und drehe mich im Flug nach vorn, um dann ins Wasser einzutauchen.
Dieses eine Mal sprang ich offensichtlich zu knapp und prallte mit Wucht mit dem Gesicht auf das Sprungbrett. Warum mir das passierte, verstehe ich bis heute nicht. Bisher war mir nie etwas geschehen, nur mit den Füßen bin ich mal an das Brett geraten, aber das war nicht schlimm.

Rettungsschwimmer helfen
Ich registrierte noch, dass etwas schiefgelaufen war, spürte aber keinen Schmerz. Ich glaube, der Schock schüttete so viel Adrenalin aus, dass alles ausgeblendet wurde.
Ich stürzte unkontrolliert ins Wasser. Mein Trainer holte mich gleich an die Oberfläche und schob mich an den Beckenrand. Immerhin konnte ich allein rausklettern. Sofort kamen Rettungsschwimmer, die immer vor Ort sind. Sie legten mich auf eine Liege und stabilisierten meinen Kopf.
Auf dem Weg in die Klinik
Ich versuchte, etwas zu sagen, konnte aber nicht sprechen. Mit der Zunge wollte ich erfühlen wie es mit meinem Mund steht, das ging nicht, meine Zunge war schwer verletzt. Und gleich danach merkte ich, dass mein ganzes Gesicht stark betroffen war. Nach ungefähr 30 Minuten wurde ich ins Krankenhaus transportiert.
Ich stand immer noch unter Schock. In der Klinik musste ich narkotisiert und beatmet werden, weil ich kaum Luft bekam. Nach Röntgen und CT meines Kopfes wurde ich ins künstliche Koma gelegt.
Kontakt zum Ambulanz-Service
Meine Trainerin hatte mich ins Krankenhaus begleitet und verständigte meine Eltern zu Hause in Leipzig. Diese wiederum meldeten sich sofort beim ADAC Ambulanz-Service, der umgehend eine Schadennummer nach Montreal ins Krankenhaus schickte und Kontakt mit den kanadischen Ärzten aufnahm. Damit musste sich erst mal niemand von uns um die Bürokratie kümmern.
Genesungswünsche vom Team
Als ich am nächsten Morgen aufwachte, standen meine Trainerin und die Teamärzte am Bett. Sie brachten mir Genesungswünsche vom Team. Ich wollte mich so gern austauschen, darüber sprechen, was geschehen ist und wie es weitergehen würde. All das ging nicht, ich konnte nicht reden und wegen der Verletzungen und Schwellungen nur schwer meine Fragen aufschreiben.
Schwere Verletzungen
Langsam verarbeitete ich die Diagnose. Und mir wurde klar: So schnell kann ich nicht wieder nach Hause. Mein ganzes Gesicht war betroffen: Nase zertrümmert, Jochbein und Oberkiefer mehrfach gebrochen, Mittelgesicht vom Schädel abgebrochen. Es gab kaum eine Stelle im Gesicht, die diesen Sprung unbeschadet überstanden hatte.
Optimismus hilft
Inzwischen waren auch meine Eltern und mein Bruder auf dem Weg nach Montreal. Natürlich betreuten mich auch mein ganzes Team, Mannschaft, Trainer, es gab Hilfe vom Schwimmverband. Aber als meine Familie an meinem Bett stand, war ich schon sehr erleichtert. Außerdem half der Optimismus der Ärzte, die uns vermittelten, dass mein Gesicht wieder heilen werde.
Schnelle Operation
Dramatisch wurde es, als schnell entschieden werden musste, ob die anstehenden vielen Gesichtsoperationen in Montreal gemacht werden sollen oder zu Hause in Leipzig. Bei solchen Verletzungen muss das Gesicht innerhalb von 14 Tagen operiert werden. Aber ob ich in diesem Zeitraum schon flugfähig sein würde, war zunächst nicht klar. Und für die genaueren Diagnosen und fundierten Entscheidungen mussten die Schwellungen im meinem Gesicht weggehen. Es war furchtbar.

Hilfreich hingegen war der regelmäßige Austausch mit den ADAC Ärzten. Sie waren im kompetenten Dialog mit den Medizinern in Montreal, und gleichzeitig nahmen sie Kontakt zu den Kollegen im Leipziger Klinikum auf. Das beruhigte mich und meine Familie sehr. Dieser sehr offene und aktive Informationsaustausch war wirklich toll.
Von Montreal nach Leipzig
Nach acht Tagen im Montrealer Krankenhaus bekam ich die "Fit to Fly"-Bescheinigung und einen Platz im Ambulanz-Flieger des ADAC nach Hause. Was für eine Erleichterung – ich habe mich sehr gefreut. Mit an Bord des Learjets waren mein Vater, ein Arzt, ein Medizintechniker und eine Krankenschwester. Vom Flug habe ich nicht viel mitbekommen, ich glaube, wir hatten drei Zwischenlandungen. In Leipzig wurde ich einen Tag später operiert. Elf Stunden lang.
Training beginnt wieder
Heute fühle ich mich wieder gut. Die Operationen sind geglückt, und mein Gesicht schaut wieder wie früher aus. An meiner Nase wird noch gearbeitet. Mit dem Training habe ich auch wieder begonnen, ich lasse es langsam angehen, übe also eher leichte Sachen. Ich bin noch lange nicht da, wo ich aufgehört habe. Wie es weitergeht, weiß ich noch nicht, da bin ich sehr offen."