Ein Netzwerk für Vielfalt
2022 entstand beim ADAC die Plattform #Gelbundqueer. Das Netzwerk will Sichtbarkeit und Akzeptanz von Queer-Personen erhöhen. Ebru Sipahi aus dem Kernteam über Ziele, Herausforderungen und Erfolge.
Als Ebru Sipahi vor etwa drei Jahren mit einigen anderen Mitarbeitenden aus dem ADAC in einer lockeren Stammtischrunde zusammensaß, hätte sie nicht geahnt, dass aus ihrem Gesprächsthema an diesem Abend ein neues ADAC Projekt entstehen würde. "Irgendwann kamen wir auf das Thema queer, und daraus hat sich eine wirklich interessante Diskussion entwickelt", erzählt Ebru Sipahi. "Uns ging es damals vor allem um die mangelnde Sichtbarkeit queerer Personen und mit welchen Hürden sie zu kämpfen haben."
Das Problem beginnt für Sipahi schon mit dem recht jungen Begriff "queer", der Menschen beschreibt, die nicht heterosexuell orientiert sind und/oder sich nicht ihrer biologischen bzw. keiner spezifischen Geschlechteridentität zuordnen. "Gerade im beruflichen Umfeld ist es wahrscheinlich, dass viele queere Menschen sich nicht outen", vermutet Ebru Sipahi. "Oft steckt die Angst dahinter, abgelehnt oder nicht akzeptiert zu werden. So bleiben viele queere Menschen im Hintergrund." Schnell kam in der Runde der ADAC Mitarbeitenden die Idee auf, queeren Menschen beim ADAC ein Netzwerk zu bieten, in dem sie gesehen werden, sich austauschen und mitteilen können.
Von der Vision zum Queer-Netzwerk
Der erste Schritt für eine queere Plattform war gemacht. In den nächsten zwei Jahren verfolgten besonders Ebru Sipahi, Annemarie Gabriel und Leo Breuers ihre Vision neben dem Job beim ADAC weiter. Dann kam die Pandemie und bremste sie aus. Erst 2022, als Events wieder möglich waren, ging Stefan Fritz, Projektleiter für Diversity im ADAC, auf die Gruppe zu. Im Rahmen der Planung der ADAC Diversity Tage 2022 hatte er die Idee, aus ihrem nebenberuflichen Projekt eine ADAC Plattform für queere Personen zu machen. Das heutige Netzwerk #Gelbundqueer war geboren.
"Unser Netzwerk soll für mehr Akzeptanz und Offenheit innerhalb des ADAC sorgen. Die Mitarbeitenden können hier offen mit ihren Bedürfnissen und ihrer sexuellen Identität umgehen, statt ein Doppelleben zu führen", beschreibt Ebru Sipahi die Vision des Netzwerks. "Wichtig ist, dass niemandem das Gefühl vermittelt werden soll, sich am Arbeitsplatz verstecken oder verstellen zu müssen. Niemand soll sich wegen seiner oder ihrer Orientierung bewertet oder sogar vernachlässigt fühlen", betont Ebru Sipahi, die seit 23 Jahren beim ADAC als Schadensachbearbeiterin tätig ist und sich dem Projekt #Gelbundqueer ehrenamtlich im Vierer-Team widmet.
"Wir wollen dazu beitragen, Lösungen zu finden, wie die Unternehmenskultur des ADAC diverser gestaltet werden kann." Wie wichtig dieses Engagement ist, zeigt allein die Zahl queerer Menschen in Deutschland: Mehr als sieben Prozent der Bevölkerung sind statistisch gesehen queer* – also mehr als ein Mensch von 14.
Es besteht noch Aufklärungsbedarf
So sehr Queer-Sein rein statistisch zu unserer Gesellschaft gehört, so sehr sind queere Menschen vielerorts mit Ausgrenzung konfrontiert. Das Team von #Gelbundqueer geht davon aus, dass vor allem fehlende Berührungspunkte dazu beitragen, dass LGBTQI+-Menschen im Arbeitsumfeld teilweise noch ausgeschlossen werden – oder sich ausgeschlossen fühlen. Denn allein die Antizipation von Ablehnung und Ausgrenzung und die damit verbundene Angst vor dem Outing führen dazu, dass queere Menschen häufig wenige soziale Kontakte haben und sich einsam fühlen. All das kann zu psychischen, aber auch körperlichen Krankheiten wie Migräne oder Asthma führen.
Mit der Organisation queerer Veranstaltungen, an denen unterschiedliche Unternehmen teilnehmen, will das Team den Austausch queerer Menschen innerhalb des ADAC und darüber hinaus ermöglichen. "Wir möchten Gesicht zeigen und für ein offeneres Klima sorgen, in dem Menschen, ob queer oder nicht, gern kommunizieren, aufeinander zugehen können und, wenn es Probleme gibt, gemeinsam Lösungen finden", sagt Ebru Sipahi.
Positiver Blick in die Zukunft
Zum Fortschritt mit #Gelbundqueer ziehen die Mitglieder des Netzwerks folgendes Fazit: "Nach einem Jahr wäre es verfrüht, über ein komplettes Umdenken zu sprechen, aber das Bewusstsein für queere Personen und ihre Bedürfnisse wurde definitiv geweckt."
Und auch in Zukunft wird das Team von #Gelbundqueer bei regelmäßigen Treffen und Veranstaltungen daran arbeiten, einen Beitrag für mehr Diversität und Offenheit zu leisten. Das Netzwerk sieht die Arbeit im ADAC auch als Möglichkeit, mit noch mehr Menschen in Kontakt zu kommen – schließlich haben auch die Mitarbeitenden einen großen Kreis aus Bekannten, Familien und Freunden um sich. "Wir heißen jeden herzlich willkommen, der sich uns anschließen möchte, und freuen uns auf den Austausch."
* laut einer Studie des Lesben- und Schwulenverbands (LSVD)
Autorin: Viktoria Udjbinac, Fotos: Markus Hirner