Die ADAC Straßenwacht dreht am Rad: Fahrrad-Pannenhilfe

ADAC Blog

Ein Pannenhelfer des ADAC repariert das Fahrrad einer Frau auf einer Strasse vor dem Brandenburger Tor in Berlin
© ADAC/Christoph Michaelis

Jens Nebrich (58) leistet als Gelber Engel auch Fahrrad-Pannenhilfe und schult seine Kollegen in Berlin und Brandenburg im Umgang mit Zweirädern. Warum das Reparieren von Rädern heute sogar für die erfahrenen Profis eine Herausforderung ist, erzählt er hier.

Ich habe eine Leidenschaft fürs Radfahren. Als Jugendlicher bin ich jeden Tag 20 Kilometer zur Schule und zurück geradelt. Heute fahre ich mit dem Rad zur Arbeit, und in der Freizeit bin ich auch viel auf zwei Rädern unterwegs. Letztes Jahr zeigte der Tacho im Dezember 13.000 Kilometer an. Für das Pilotprojekt „Fahrrad-Pannenhilfe in der Region Berlin/Brandenburg“ war ich also genau der richtige Mann.

Ein Pannenhelfer des ADAC repariert das Fahrrad einer Frau auf einer Strasse vor dem Brandenburger Tor in Berlin
Hilft havarierten Fahrradfahrern: ADAC Straßenwachtfahrer Jens Nebrich in Berlin. © ADAC/Christoph Michaelis

Wir Gelben Engel helfen in der Testregion Berlin/Brandenburg jetzt Radfahrern, die liegen geblieben sind. ADAC Mitglieder, die privat unterwegs sind und deren Rad kaputt ging, oder deren Fahrrad nicht fahrtüchtig ist, können uns rufen. Wir kommen und helfen. Wir kümmern uns sogar, wenn nur der Akku des Pedelecs leer ist. Vorausgesetzt natürlich, wir können den Pannenort mit dem Auto erreichen. Mitten im Wald auf dem Mountainbike-Trail geht das natürlich nicht so gut.

Das Fahrrad kann einen ganz schön quälen

Fahrrad-Pannenhilfe ist anders als die Hilfe fürs Auto. Alle Straßenwachtfahrer sind gut ausgebildete Kfz-Mechaniker oder -Mechatroniker mit viel Erfahrung, und wir bekommen fast jedes Auto wieder flott. Bei Fahrrädern taten sich manche anfangs schwer. Die Technik am Rad ist einerseits einfacher, andererseits kann man sich ganz schön quälen, wenn man die Tricks und Kniffe nicht kennt. Wer noch nie einen Fahrrad-Mantel oder -Schlauch getauscht hat, braucht beim ersten Mal eben länger. Im schlimmsten Fall macht man sogar was kaputt. Da musste ich manchem Kollegen erst mal ein bisschen Neues vermitteln.

Mit unseren Reparaturen machen wir die Räder nicht nur für die Weiterfahrt fit, sondern die meisten Mitglieder können etwa mit einem von uns geflickten oder neuen Schlauch wieder jahrelang fahren. Bei der Auto-Pannenhilfe empfehlen wir, danach bald in die Werkstatt zu fahren. Autos kann man oft kurzfristig wieder fahrbereit machen, aber sie sollten in der Werkstatt noch mal gecheckt werden.

Mit der Fahrrad-Pannenhilfe betreten wir Neuland

Es ist wichtig, dass sich der ADAC noch mehr den Radfahrern widmet. Zum einen wird das Autofahren immer unattraktiver gemacht, zum anderen fahren immer mehr Menschen mit dem Rad, in der Freizeit oder täglich zur Arbeit. Dieser Anforderung stellen wir uns mit dem Pilotprojekt, wir wollen Erfahrungen sammeln. Wie geht man zum Beispiel mit Lastenrädern um, die in Berlin oft vermietet werden? Wenn so ein Lastenrad einen Platten hat, ist der nicht einfach zu reparieren, weil man das Rad nicht so leicht auf den Kopf stellen kann wie ein normales Fahrrad. Wird der neue Service überhaupt angenommen? Wir betreten da Neuland, das ist sehr spannend.

In unserer Pilotregion Berlin/Brandenburg engagieren sich rund 150 Straßenwachtfahrer für die Fahrrad-Pannenhilfe. Das Fahrrad ist so komplex geworden, dass das Team der Schulungsabteilung in Landsberg/Lech und ich gemeinsam ein Schulungskonzept für meine Kollegen entwickelt haben. Von denen hatten viele keine große Erfahrung mit dem Reparieren von Rädern, sie sind in der Freizeit mehr mit Motorrad oder Motorroller unterwegs. Wir haben deshalb geschult, eigene Erklär-Videos produziert und bei der aktuellen Schulungsreihe in Präsenz eine Fragestunde angeboten, in der praktische Beispiele besprochen, diskutiert und erklärt werden. Das war sehr wichtig, um die Kollegen auf das Projekt vorzubereiten.

Ein Schlauch mit zwei Enden

Als wir es im Sommer starteten, schafften wir erst mal das für Räder nötige Werkzeug an und schufen dafür Platz im ohnehin gut gepackten Straßenwachtwagen. Die meisten Pannen sind am Reifen. Deshalb habe ich immer einen Rennrad- und einen Spezialschlauch dabei. Gerade im Stadtverkehr haben ja die wenigsten Radfahrer einen Ersatzschlauch dabei. Da gibt es inzwischen eine Vielzahl von Produkten für Rennräder, Mountainbikes oder Pedelecs, und das alles in unterschiedlichen Größen.

Wir versuchen zwar, die meisten Schläuche zu flicken, aber manche kann man nicht reparieren, etwa bei vielen Rennrädern, da ist der Schlauch zu schmal. Ich arbeite gern mit diesem speziellen Schlauch mit zwei Enden, der lässt sich bei eingebautem Hinterrad montieren. Das geht meistens schneller und ist nicht so aufwendig wie das Ausbauen des Hinterreifens mit der Kette oder dem Antriebsriemen, den Schaltungen und der Bremse.

Ein Pannenhelfer des ADAC repariert das Fahrrad einer Frau auf einer Strasse vor dem Brandenburger Tor in Berlin
Mit geflicktem Reifen geht es gleich weiter. Schnelle Pannenhilfe am Rad.© ADAC/Christoph Michaelis

Viele Hinterräder sind mit ihren modernen Bremsanlagen oder Neun-Gang-Nabenschaltungen mit Bowden-Zügen schwer auszubauen. Dazu verwenden immer mehr Hersteller Zahnriemen anstelle der Kette, diese Riemen müssen sehr genau eingestellt sein. Auch die neuen elektrischen Systeme an e-Bikes müssen gelernt werden. Manche Anlagen zeigen bei Ausfällen inzwischen Fehlercodes an. Diese Codes deuten in die Richtung, in der ich den Fehler suchen und reparieren kann. Ältere Fahrräder gehen natürlich einfacher.

Viel gute Resonanz

Gerade ältere Menschen fahren immer öfter e-Bikes. Die sind bei einer Panne häufig hilflos und rufen gern die Straßenwacht. Aber ganz generell können viele Menschen ihr Fahrrad heute nicht mehr selber reparieren, etwa wenn die Kette gerissen ist. Mit unseren Werkzeugen in den rollenden Werkstätten können wir dagegen sogar Ketten zusammenflicken, die vom Hersteller nicht direkt dafür vorgesehen sind. Wir bekommen dafür viel positive Resonanz.

Einige ADAC Mitglieder wissen noch gar nicht, dass wir auch Räder reparieren. Liegengebliebene Autos erkennen wir ja sehr gut, da können wir auch mal spontan helfen. Bei Rädern am Straßenrand sieht man hingegen nicht unbedingt, ob es einen Platten hat, und der Radler Unterstützung braucht. Zur Fahrrad-Pannenhilfe werden wir deshalb auch eigens angefordert.

Das Miteinander steht im Vordergrund

Vor fünf Jahren konnte ich mir kaum vorstellen, dass Fahrradfahren einmal so boomen würde. Und durch Corona gab es jetzt ja noch mal einen Schub. Die vielen Radler brauchen mehr Platz, das merkt man bei uns in Berlin an den vermehrten Radspuren. Ich wünsche mir für die Zukunft, dass das Miteinander im Straßenverkehr im Vordergrund steht.

Hier findet ihr alle ADAC Informationen rund ums Fahrrad

Foto: ADAC/Christoph Michaelis