Lärmblitzer-Test in Berlin: Erkenntnisse für Aktionsplan

Ein Mann installiert am Kudamm in Berlin einen Lärmblitzer
Ende Mai 2023 wurde Deutschlands erster Lärmblitzer für eine inzwischen beendete Testphase am Kudamm installiert© Marc Vorwerk/SenMVKU

Zwei Monate lang identifizierte in Berlin 2023 ein Lärmblitzer in einer Testphase zu laute Verkehrsteilnehmende. Viele Fahrzeuge waren mit hoher Lautstärke unterwegs. Die Erkenntnisse fließen in einen Aktionsplan ein.

  • Premiere: Deutschlands erster Lärmblitzer stand am Kudamm

  • Viele empfinden Straßenlärm als belastend

  • Ergebnisse fließen in Lärmaktionsplan ein

Ein ganzer Gehsteig zuckt zusammen: Gerade wenn man es nicht erwartet, kann sich das rabiate Scheppern eines Auspuffes oder das Aufheulen eines kräftigen Motors ohrenbetäubend laut anhören.

"Auto-Posing" nennt die Straßenverkehrsordnung das Verursachen von unnötigem Lärm im Straßenverkehr, darauf drohen Bußgelder bis zu 100 Euro. Doch anders als etwa bei zu hoher Geschwindigkeit ist es für die Behörden bisher noch schwierig, übermäßig lautes Fahren zu ahnden.

Von Ende Mai bis Ende Juli 2023 war am Berliner Kudamm ein Lärmblitzer im Einsatz, der erste seiner Art in Deutschland. Bußgelder wurden keine erhoben, die Erkenntnisse des Tests fließen in den Lärmaktionsplan der Stadt ein.

Zulässiger Geräuschpegel: Laut ist nicht gleich zu laut

Ein Raser fährt mit seinem Sportwagen am Berliner Kudamm
Ein Sportwagen darf mit einem Schalldruckpegel von 75 dB(A) unterwegs sein© dpa/Schoening

Interessanterweise gibt es keine einheitliche Grenze, ab wann lautes Fahren als zu laut gilt: Jedes Auto hat einen eigenen Grenzwert, der sich aus Motorleistung und Gewicht des jeweiligen Fahrzeugs ergibt. Für die allermeisten Fahrzeuge gilt ein zulässiger Pegel von 72 dB(A), sehr PS-starke Sportwagen dürfen aber sogar bis zu 75 dB(A) laut sein.

Insgesamt gibt es vier Unterkategorien, bei denen zusätzlich noch das Zulassungsdatum eine Rolle spielt, für Lkw und Motorräder gelten wiederum andere Limits. Jedes in der EU zugelassene Fahrzeug muss sich also an seine spezifischen Grenzwerte halten, auch nachträgliche Einbauten wie Auspuffe mit Klappensteuerung sind davon betroffen.

Zu bestimmen, ob ein vorbeifahrendes Auto zu laut ist, ist also von Haus aus schwieriger als bei der Geschwindigkeit.

Wie wird Lärm gemessen?

Was man umgangssprachlich Geräusch- oder Lärmpegel nennt, nennen Experten "Schalldruckpegel" und wird in dB gemessen. Der Schalldruckpegel in dB(A) lässt mehr Rückschlüsse darauf zu, wie das Geräusch vom Menschen tatsächlich wahrgenommen wird, weil auch gemessen wird, wie hoch oder schrill ein Ton war.
Natürlich spielt auch die Entfernung zur Geräuschquelle eine große Rolle und muss deshalb immer mit angegeben werden.

Lärmblitzer in Berlin: Sammeln und auswerten

Zwischen Mai und Juli 2023 unternahm der Berliner Verkehrssenat einen Versuch, dem komplexen Problem der städtischen Lärmbelästigung durch Verkehr Herr zu werden. Auf dem Mittelstreifen des Kudamms, auf Höhe der Gedächtniskirche, wurde Deutschlands erster Lärmblitzer verbaut, eine Leihgabe aus Frankreich.

Der Blitzer erfasst Fahrzeuge, die den Lärmpegel-Schwellenwert 82 dB(A) überschreiten. Mehrere Messmikrofone fungieren aus 7,6 Meter Entfernung sozusagen als akustische Blitzerkamera, mittels Video und Laser wird das Nummernschild aufgenommen. Anhand dessen können technische Merkmale des jeweiligen Fahrzeugs bei der Zulassungsbehörde und dem Kraftfahrt-Bundesamt abgefragt werden. Denn nur so lässt sich endgültig feststellen, wie laut das Auto eigentlich sein dürfte.

Um Ahndung von möglichen Verkehrsverstößen ging es in der achtwöchigen Testphase allerdings nicht. Laut Senatsverwaltung sollten ausschließlich erste Erkenntnisse gesammelt werden, wie technische Spezifikationen der Fahrzeuge mit dem gemessenen Lärm zusammenhängen. Und inwiefern andere Faktoren mit hineinspielen, schließlich kann auch eine rücksichtslose Fahrweise – etwa wenn ein kleiner Gang unnötig hoch ausgefahren wird – für "unnötigem Lärm" sorgen.

Neue Verkehrsregeln, Spritpreise und Verbraucher-Tipps

ADAC: Stationäre Lärmblitzer sprechen sich rum

Die Erkenntnisse aus dem Test sollen im Berliner Lärmaktionsplan berücksichtigt werden. Im Test überschritten insgesamt 2469 Fahrzeuge die festgelegte Lärmgrenze. 53 Prozent entfielen dabei auf Krafträder, knapp ein Drittel waren Busse und Lkw, nur 19 Prozent Pkw.

Der ADAC Berlin-Brandenburg spricht sich grundsätzlich für Maßnahmen gegen unnötigen Lärm im Straßenverkehr aus. Stationäre Lärmblitzer seien aber wenig erfolgsversprechend, da sich deren Standort schnell herumsprechen könnte und sich das grundlegende Problem dadurch nur verlagern könnte.

Außerdem unterstützt der ADAC die bundesweite Kampagne #mehrAchtung, die sich für ein respektvolleres und achtsames Miteinander im Straßenverkehr einsetzt. Unnötige Lärmbelästigung erzeugt unnötigen Stress für alle Verkehrsteilnehmenden und trägt nicht zu einem rücksichtsvollen Umgang miteinander bei. Bei einer Umfrage des Umweltbundesamtes von 2025 gaben 67 Prozent der Befragten an, sich durch Straßenverkehrslärm belästigt zu fühlen.