Tempolimit auf Autobahnen: Die Fakten

Tempo 130 Markierung auf dem Boden
Reizthema für Politik und Stammtisch: Ein generelles Tempolimit auf der Autobahn© Shutterstock/igorstevanovic

Allgemeines Tempolimit auf Autobahnen – ja oder nein? Die öffentliche Meinung ist gespalten. Ein Blick auf die Fakten, von Umweltschutz bis Unfallschwere.

  • 54 Prozent der ADAC Mitglieder sind für ein generelles Tempolimit

  • Autobahnen sind die mit Abstand sichersten Straßen in Deutschland

  • CO₂-Emissionen würden durch Tempolimit sinken

Die Haltung der Menschen in Deutschland zu einem generellen Tempolimit auf Autobahnen hat sich in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder verändert. Seit einigen Jahren steigt die Zustimmung für eine Einführung. Auch 54 Prozent der ADAC Mitglieder sind inzwischen dafür. Allerdings sprechen sich auch 41 Prozent von ihnen dagegen aus.

Ein generelles Tempolimit bleibt also ein polarisierendes Thema. Zudem sind seine Wirkungen auf Verkehrssicherheit, Klimaschutz, Staus und Reisezeiten teilweise unklar. Deshalb verzichtet der ADAC auf eine Empfehlung an die Politik. 

Der Club plädiert stattdessen für eine Versachlichung der Debatte und regt zugleich eine Temposteuerung über mehr Wechselverkehrszeichen entlang der Autobahnen an. ADAC Verkehrspräsident Gerhard Hillebrand: "Wichtig ist es, Grenzen und Möglichkeiten eines Tempolimits für die Verkehrssicherheit und den Klimaschutz genau zu untersuchen. Insbesondere hinsichtlich der Wirkungen auf die Verkehrssicherheit liegen die heutigen Schätzungen noch weit auseinander. Deshalb ist es sinnvoll, eine wissenschaftliche Untersuchung unter Nutzung von Pilotstrecken einschließlich der Prüfung zeitlicher Differenzierungen anzustoßen."

Einstellung der ADAC Mitglieder

Der ADAC fragt regelmäßig seine Mitglieder nach deren Einstellung zu verkehrspolitischen Themen. Über Jahre lehnten sie ein generelles Tempolimit auf Autobahnen mehrheitlich ab, die Zahl der Befürworter einer Geschwindigkeitsbegrenzung hat aber in der letzten Zeit zugenommen. In der Umfrage von 2023 votierten 41 Prozent gegen ein Tempolimit, 54 Prozent dafür.

Schon Anfang der 1990er-Jahre gab es vorübergehend eine Mehrheit für die Einführung eines Tempolimits. Anschließend drehte die Stimmung wieder.

Weniger Unfälle durch Tempolimit?

Autobahnen sind die sichersten Straßen in Deutschland. Dort werden pro Jahr etwa ein Drittel aller Kraftfahrzeugkilometer gefahren. Der Anteil der Verkehrstoten ist im Vergleich dazu mit rund 12 Prozent unterdurchschnittlich: Pro 1 Milliarde Fahrzeugkilometer starben dort im Jahr 2021 1,46 Menschen.

Der internationale Vergleich

Vergleicht man das Sicherheitsniveau von Ländern* mit generellem Tempolimit mit dem Deutschlands, so ist kein direkter Zusammenhang feststellbar: Frankreich, Tschechien oder die USA etwa stehen nicht besser da. In der Schweiz, den Niederlanden und Österreich ist das Sicherheitsniveau dagegen höher.

Land

Generelles Pkw-Tempolimit auf Autobahnen

Autobahn

Deutschland

kein generelles Tempolimit

1,48 Tote / 1 Mrd. Fahrzeugkilometer

Frankreich

130 km/h

1,56 Tote / 1 Mrd. Fahrzeugkilometer

Niederlande

6 – 19 Uhr: 100, sonst 130 km/h

0,9 Tote / 1 Mrd. Fahrzeugkilometer

Österreich

130 km/h

1,28 Tote / 1 Mrd. Fahrzeugkilometer

Schweiz

120 km/h

0,85 Tote / 1 Mrd. Fahrzeugkilometer

Tschechien

130 km/h

2,53 Tote / 1 Mrd. Fahrzeugkilometer

USA

88 – 136 km/h

4,19 Tote / 1 Mrd. Fahrzeugkilometer

Angaben für 2020, Quelle: BASt. Fahrzeugkilometer: Bewegung eines Fahrzeugs über einen Kilometer

Sicherheit auf Autobahnen mit und ohne Tempolimit

Wechselverkehrszeichen zeigen vorübergehende Tempolimits an© imago images/Rolf Poss

Auch der innerdeutsche Vergleich ist uneindeutig. Auf Abschnitten ohne Geschwindigkeitsbeschränkung gab es 2021 nicht mehr Unfälle pro Kilometer als auf Strecken mit Tempolimits von 120 oder 130 km/h. Wobei zu bedenken ist, dass Tempolimits in erster Linie auf viel befahrenen Strecken angeordnet werden.


Unfälle mit Personenschaden

mit Getöteten

Insgesamt

16.407

286

Ohne Tempolimit

10.720

204

Mit Tempolimit bis 60 km/h

802

8

Mit Tempolimit bis 80 km/h

1731

11

Mit Tempolimit bis 100 km/h

1152

23

Mit Tempolimit bis 120 km/h

1533

31

Mit Tempolimit bis 130 km/h

469

9

Quelle: Destatis 2022, Unfalldaten von 2021

Tatsächlich sind bundesweit schon jetzt rund 30 Prozent des Autobahnnetzes dauerhaft oder zeitweise geschwindigkeitsbeschränkt, hinzu kommen Baustellenbereiche. Das Tempo auf knapp zehn Prozent des Autobahnnetzes kann durch Streckenbeeinflussungsanlagen begrenzt werden. Sie ermöglichen eine flexible, situationsgerechte Steuerung, abhängig vom aktuellen Verkehr und dem Wetter. Außerdem warnen sie vor Staus und Unfällen. Wo überdurchschnittlich viele oder schwere Unfälle passieren, ist das auch sinnvoll, so die ADAC Verkehrsexpertinnen und -experten.

Autobahnen

Länge der Richtungsfahrbahnen

Anteil am Streckennetz


Ohne Tempolimit

18.115 km

70,4 Prozent


Mit Schilderbrücken ohne Tempolimit bei günstigen Bedingungen

1608 km

6,2 Prozent


Mit Schilderbrücken und Tempolimit auch bei günstigen Bedingungen

672 km

2,6 Prozent


Beschränkt auf 130 km/h¹

1204 km

4,7 Prozent


Beschränkt auf 120 km/h¹

2028 km

7,8 Prozent


Beschränkt auf 100 km/h¹

1454 km

5,6 Prozent


Beschränkt auf 80 km/h¹

585 km

2,3 Prozent


Beschränkt auf 60 km/h¹

85 km

0,3 Prozent


Beschränkt auf unter 60 km/h¹

7 km

0,1 Prozent


Insgesamt

25.758

100 Prozent


¹dauerhaft oder temporär. Quelle: BASt 2015

Die eigentliche Schwachstelle in Sachen Verkehrssicherheit sind Außerortsstraßen abseits der Autobahnen. Dort sind knapp 60 Prozent aller Verkehrstoten zu beklagen – obwohl auf ihnen nur 40 Prozent der Kfz-Fahrleistung zusammenkommt. Sollten also Autofahrende wegen eines Tempolimits auf kürzere Strecken abseits der Autobahn ausweichen, könnte das zu höheren Unfallzahlen führen.

Auswirkungen auf Stau und Verkehrsfluss

Die Kapazität einer Autobahn ist bei Tempo 80 am höchsten. Deshalb hätte ein generelles Tempolimit von 130 km/h auf allen Autobahnen wohl keinen nennenswerten Effekt auf deren Leistungsfähigkeit oder den Verkehrsfluss. Zumal auf Abschnitten mit hoher Verkehrsdichte, etwa rund um die Metropolen, schon jetzt lokale Geschwindigkeitsbeschränkungen gelten, auch mit Wechselverkehrszeichen.

Umweltschutz und Kraftstoffsparen

Je niedriger die Geschwindigkeit, desto geringer der Kraftstoffverbrauch (einmal vom Stop-and-Go-Verkehr abgesehen). Soweit, so einfach. Doch wie hoch die tatsächliche Einsparung durch ein generelles Tempolimit wäre, ist deutlich schwieriger zu beziffern. Das Umweltbundesamt (UBA) hat es versucht.

In einem im Januar 2023 veröffentlichten Gutachten* gehen die Autorinnen und Autoren von 4,7 Mio. Tonnen weniger CO₂ pro Jahr durch ein generelles Tempolimit von 120 km/h auf Autobahnen aus. Das wären 2,9 Prozent der Emissionen im Straßenverkehr, bezogen auf die Gesamtemissionen im Straßenverkehr von 157,7 Mio. Tonnen CO₂ im Jahr 2018.

Mit Daten aus diesem Jahr arbeitet die Studie des UBA. Zum Vergleich: 2022 entstanden ersten Prognosen zufolge ca. 147 Mio. Tonnen CO₂. Der Rückgang ist vermutlich auf die Corona-Pandemie zurückzuführen. Außerdem dürften manche Autofahrerinnen und Autofahrer wegen hoher Spritpreise weniger oder langsamer gefahren sein.

Würden auch Verhaltensänderungen einbezogen, gingen die Emissionen dem UBA zufolge sogar um 6,7 Mio. Tonnen CO₂ oder 4,2 Prozent zurück. Das UBA erwartet nämlich, dass Autobahnen durch ein Tempolimit an Attraktivität verlieren und Autofahrende auf andere Verkehrsmittel wechseln oder kürzere Routen über Landstraßen wählen würden.

Die Forschenden nahmen bei ihrer Analyse an, dass 65 Prozent der Pkw-Fahrleistung auf Autobahn-Abschnitten ohne Tempolimit stattfinden. Dieser Wert ist aus Sicht des ADAC sehr hoch – und steigert auf dem Papier die Klimawirkung von Tempo 120. In älteren Gutachten setzte das UBA auf Basis von Berechnungen der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) noch einen Anteil von rund 55 Prozent* voraus. Auch wird diskutiert, ob der Hochlauf der Elektromobilität und dessen senkende Wirkung auf den CO₂-Ausstoß hinreichend berücksichtigt wurde.

Insgesamt, so hat es die Bundesregierung im Klimaschutzgesetz beschlossen, muss Deutschland die Emissionen im Verkehrssektor (98 Prozent davon entstehen im Straßenverkehr) bis 2030 auf 85 Mio. Tonnen CO₂ reduzieren. Ein generelles Tempolimit könnte vermutlich einen – wenn auch begrenzten – Beitrag dazu leisten, diese Ziel zu erreichen.

Einfluss auf die Autogröße

Die Annahme, dass ein generelles Tempolimit auf Autobahnen den Kauf von Autos mit kleineren Motoren (Downsizing) und damit weniger Spritverbrauch bewirkt, bestätigt sich beim Vergleich der Motorisierung der Fahrzeugflotten in Österreich (Tempolimit 130 km/h) und der Schweiz (Tempolimit 120 km/h) mit Deutschland nicht. Im Gegenteil: In der Schweiz ist der Anteil an leistungsstarken Fahrzeugen höher, in Österreich geringfügig niedriger als in Deutschland.

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