Flotte Flitzer: Neun schnelle Pedelecs im Test

Die Kollegen vom Schweizer Automobilclub TCS haben S-Pedelecs getestet ∙ Durch Anklicken des Vorschaubildes mit dem Play-Button werden Sie auf die Internetseite von YouTube weitergeleitet. Für deren Inhalte und Datenverarbeitung ist der jeweilige Seitenbetreiber verantwortlich. ∙ Bild: © TCS

E-Bikes können auch für Pendler eine Alternative sein – vor allem dann, wenn sie bis zu 45 km/h schnell sind. Der TCS (Touringclub der Schweiz) hat neun verschiedene Modelle solcher "Speed-Pedelecs" getestet. Die Ergebnisse und was Sie beim Kauf beachten sollten.

  • Unterschiedliches Fahrverhalten mit Mittel- oder Heckmotor

  • Bei maximaler Unterstützung: Reichweiten von 38 bis 54 Kilometer

  • Hohe Anschaffungskosten: Günstigstes Rad im Test ab 4199 Euro

  • Große Unterschiede bei der Beleuchtung

Fahrräder mit Motorunterstützung sind aus dem Straßenverkehr nicht mehr wegzudenken. Neben den "normalen" E-Bikes bieten vor allem S-Pedelecs das Potential, alltägliche Pendlerstrecken von einfach bis zu 20 Kilometern ohne übermäßige körperliche Anstrengung mit dem Fahrrad anstatt mit dem Auto oder den öffentlichen Verkehrsmitteln zu absolvieren. Die Maximalgeschwindigkeiten mit Motorunterstützung liegen bei den S-Pedelecs, die am kleinen Zulassungskennzeichen erkennbar sind, zwischen 40 und 45 km/h.

Die Kollegen vom TCS (Touring Club Schweiz) haben neun schnelle Pedelecs mit einer Unterstützung bis 45 km/h in den Kategorien Fahreigenschaften, Handhabung, Antriebssystem, Bremsen und Beleuchtung sowie Qualität getestet.

Pedelecs: Heck- oder Mittelmotor – was ist besser?

Testsituation Pedelec Test beim TCS in der Schweiz
Der Test der S-Pedelecs wurde vom TCS durchgeführt© TCS

Im Test waren Fahrräder mit unterschiedlichen Antriebskonzepten vertreten. Während einige schnelle Pedelecs mit Mittelmotor ausgestattet sind, gibt es auch Modelle mit Heckmotor. Wie sich im Test zeigte, beeinflusst die Art des Antriebs das Fahrverhalten der schnellen E-Bikes deutlich. S-Pedelecs mit Heckmotor beschleunigen in der Ebene stärker und erreichen dort im Test mühelos die Höchstgeschwindigkeit von 45 km/h.
Alle Bikes mit Mittelmotoren beginnen spätestens bei 42 km/h die Motorunterstützung zurückzufahren. In steilem Gelände beim Bergauffahren sind die heckbetriebenen S-Pedelecs aber klar im Nachteil.

Deutliche Unterschiede bei der Beleuchtung

Nummernschild eines Schweizer Pedelecs beim Test
Eine gute Beleuchtung ist vor allem bei S-Pedelecs wichtig© Emanuel Per Freudiger

Auffallend große Unterschiede wurden auch beim Test der verschiedenen Beleuchtungseinrichtungen der E-Bikes festgestellt. Wer nachts auf unbeleuchteten Straßen unterwegs ist, sollte gerade bei den schnellen Pedelecs auf einen guten Scheinwerfer achten. Die S-Pedelecs mit der besten Beleuchtung verfügen zusätzlich zu guten Leuchten auch über Fern- und sogar Bremslicht.
Selbst bei einem mit guten Bremsen und Beleuchtung ausgestatteten Fahrrad sollte auch dem geübten Fahrer bewusst sein, dass ein S-Pedelec schnell unterwegs ist und ungeahnte Energie freisetzt. Gerade aus der Perspektive eines Autofahrers kann die Geschwindigkeit, mit der sich ein S-Pedelec-Fahrer bewegt, überraschen. Eine vorausschauende und defensive Fahrweise ist beim Speed-Pedelec daher wichtig.

TCS-Testergebnis: Fast alle S-Pedelecs schneiden gut ab

Ein schnelles Pedelec hat seinen Preis: Die Einstiegspreise im Test beginnen ab 4200 Euro. Die Vorteile eines S-Pedelecs liegen aber auch nicht primär in finanziellen Abwägungen, sondern je nach zu fahrender Strecke im Zeitgewinn (man steckt nicht im Stau), der täglichen Bewegung und nicht zu vergessen im Fahrspaß. Alle Testfahrräder erfüllen die grundsätzlichen Anforderungen, welche an ein schnelles Pedelec gestellt werden. Und fast alle bewegen sich auf qualitativ hohem Niveau.

Die Testfahrräder in der Plus- und Minus-Bewertung

Den ersten Platz im Test belegt das Charger3 Mix. Touring HS 2022 von Riese & Müller. Das S-Pedelec ist top ausgestattet, verfügt über hohen Fahrkomfort und gute Bremsen. Ebenfalls überzeugt waren die Tester von der Beleuchtung des Charger3 inklusive Fern- und Bremslicht.
Guter Verlierer des Vergleichstests ist das Modell X-Speed von Klever. Beim Design fällt das S-Pedelec positiv auf, zeigt jedoch Schwächen bei der Motorunterstützung. Der elektrische Antrieb setzt verzögert ein und hat einen langen Nachlauf. Die Anfahrt an einem steilen Berg ist sehr schwer, die Bremsen sind nicht auf dem Niveau der restlichen Modelle im Test, zudem lässt sich der Akku nur mühsam aus dem Pedelec entnehmen.

Der Stromverbrauch bei S-Pedelecs ist hoch

Testsituation Pedelec Test beim TCS in der Schweiz
S-Pedelecs: Leistungsmessung auf dem Rollenprüfstand © Emanuel Per Freudiger

Die Reichweite eines E-Bikes ist einerseits ein wichtiger Parameter beim Kauf, hängt aber von vielen Faktoren ab. Neben dem Fahrer (Gewicht und Trittfrequenz) spielen auch Umwelteinflüsse, wie die zu fahrenden Höhenmeter, der Untergrund und die Lufttemperatur eine wichtige Rolle. Beim S-Pedelec kommt dazu, dass durch die hohen Geschwindigkeiten der Energieverbrauch grundsätzlich höher ist als bei normalen E-Bikes. Durch häufiges Abbremsen und erneute Beschleunigung nimmt die Reichweite zusätzlich ab. Bei maximaler Unterstützungsstufe erreichten alle Testbikes Reichweiten von 38 bis 54 Kilometer.

Der Energieverbrauch pro Kilometer ist somit rund doppelt so hoch wie bei einem langsamen E-Bike. Gegebenenfalls muss auf die Mitnahme des Ladegerätes zurückgegriffen werden, um die tägliche Arbeitsstrecke hin und zurück gewährleisten zu können – vorausgesetzt, an der Arbeitsstätte besteht die Möglichkeit, das S-Pedelec auch aufzuladen.

S-Pedelecs: In Deutschland offiziell keine Fahrräder

Fahrradweg Schild mit dem Zusatz S-Pedelec frei
Das Schild zeigt: Hier dürfen S-Pedelecs fahren© iStock.com/Heiko119

Während in der Schweiz im Jahr 2020 etwa 25.400 S-Pedelecs verkauft wurden, waren es in Deutschland laut Zweirad-Industrie-Verband "nur" 9800. Der Grund: Die rechtlichen Gegebenheiten der deutschen Straßenverkehrsordnung bremsen die Nutzung des S-Pedelecs aus. Größtes Konfliktpotential stellt dabei die unzulässige Nutzung des Fahrradwegs und damit die Gefährdung von Radfahrern dar.
Denn in Deutschland dürfen Fahrradwege von S-Pedelecs nicht genutzt werden. Und dies gilt auch für Außerortsradwege, obwohl die hohe Differenzgeschwindigkeiten zum Pkw-Verkehr auf der Fahrbahn die Nutzung von Radwegen nahelegen. Inzwischen gibt es in einzelnen Gemeinden allerdings eigene Regelungen: So sind zum Beispiel in Tübingen Teile des Radwegenetzes für S-Pedelecs aufgrund einer Sonderregelung freigegeben.

Ein weiteres Konfliktpotenzial besteht darin, dass die S-Pedelecs von Autofahrern fälschlicherweise als Fahrräder interpretiert werden, was insbesondere beim Überholen auf Landstraßen aufgrund der verlängerten Dauer des Überholvorgangs Konflikte und Unfälle begünstigen kann.

Gesetzliche Regelungen für S-Pedelecs in Deutschland

  • Maximale Unterstützung: 4 kW bis maximal 45 km/h.

  • Betriebserlaubnis: Sie ist erforderlich. Das bedeutet für den Verbraucher, dass sein S-Pedelec baulich nicht ohne weiteres z.B. hinsichtlich Reifen, Vorbau oder Lenker verändert werden darf.

  • Kfz-Haftpflichtversicherung: Sie ist erforderlich und wird mit dem Zulassungskennzeichen dokumentiert.

  • Führerschein: AM.

  • Mindestalter: Seit Juli 2021 ab 15 Jahre. Bis zum 16. Geburtstag gilt die Fahrerlaubnis aber nur in Deutschland.

  • Helmpflicht: ja (geeigneter Schutzhelm). Spezielle S-Pedelec Helme werden am Markt angeboten (siehe NTA-8776 Norm in den Niederlanden).

  • Nutzung der Radwege: Nicht erlaubt, außer es gibt gekennzeichnete Sonderregelungen.

  • Kinderbeförderung: Anhänger für Kinder dürfen nicht benutzt werden.

  • Ausstattung gemäß StVZO aktueller S-Pedelecs: Unter anderem Rückspiegel, Dauerlicht, Seitenreflektoren (meist an der Gabel montiert) und ein automatisches Einklappen des Seitenständers. Seit 2016 muss auch eine Hupe verbaut sein. Bei älteren Modellen besteht
    Bestandspflicht, d.h. diese müssen nicht nachgerüstet werden.

  • Fahren unter Alkoholeinfluss: Ab 0,5 Promille Ordnungswidrigkeit, ab 1,1 Promille Straftat (absolute Fahruntauglichkeit) , ab 0,3 Promille bereits Straftat denkbar, wenn alkoholbedingte Ausfallerscheinungen festgestellt werden (relative Fahruntauglichkeit).

Verbesserungspotenzial bei den Herstellern

  • Eine Reichweite von 50 Kilometer sollte bei voller Motorunterstützung von einem S-Pedelec erreicht werden.

  • Die maximale Zuladung sollte sich an der Praxisnutzung der schnellen E-Bikes orientieren (Fahrer 100 kg + Gepäck 25 kg + Eigengewicht des S-Pedelecs). Demnach sollte das zulässige Gesamtgewicht mindestens 150 Kilogramm betragen.

  • Oftmals können die Akkus nicht am S-Pedelec geladen werden. Daher sollte sich deren Entnahme so einfach wie möglich gestalten.

  • Der Antrieb sollte nicht verzögert einsetzen und keinen langen Nachlauf haben.

Wichtige Tipps für Verbraucher

  • S-Pedelecs gelten als Kleinkraftrad. Alle Regelungen dazu sollten vor dem Kauf eines schnellen E-Bikes beachtet werden (z.B. Helmpflicht, Zulassung, keine Benutzung von Radwegen).

  • Die erste Probefahrt sollte ohne elektrische Tretunterstützung absolviert werden (der Antrieb begeistert oft so sehr, dass der kritische Blick aufs Fahrrad nicht mehr stattfindet).

  • S-Pedelecs eignen sich gut für Pendlerstrecken bis etwa 20 Kilometer einfache Strecke.

  • Wer ein S-Pedelec auf längeren Touren nutzen will, braucht entweder einen Ersatzakku oder sollte nicht die maximale Unterstützungsstufe wählen.

  • S-Pedelecs mit Heckmotor beschleunigen grundsätzlich stärker als jene mit Mittelmotor und erreichen auch in der Ebene locker Geschwindigkeiten von 45 km/h. In steilem Gelände ist die Motorenunterstützung aber limitiert.

  • S-Pedelecs mit Mittelmotor sind etwas weniger schnell, aber in jedem Gelände gut fahrbar.

  • Muss der Akku des E-Bikes zum Laden entfernt werden, sollte der Ein- und Ausbau entsprechend einfach möglich sein.

  • Während der Fahrt ist das relativ hohe Gewicht der S-Pedelecs kein Problem. Wer sein E-Bike in einen Keller tragen muss, spürt das Gewicht aber sehr wohl.

Fachliche Beratung: Stefan Grabmaier, ADAC Technik Zentrum

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