
Test 2018: Ganzjahresreifen 175/65 R14
24.04.2018
Schnee, Eis, Regen, Kälte oder Hitze: Ganzjahresreifen versprechen sicheren Grip bei jedem Wetter. Doch sind sie besser als Sommer- und Winterreifen? Der ADAC hat die neuesten Modelle der Allwetterreifen getestet – u.a. von Continental, Goodyear, Hankook, Michelin und Nokian.

- Im Test: 9 Modelle der Reifengröße 175/65 R14
- 4 Modelle schneiden befriedigend ab, 5 Modelle erreichen nur die Note ausreichend
- Die Reifengröße ist geignet für Citroën C2, Ford Fiesta, Hyundai i10, Mazda 2, Mitsubishi Colt, Renault Twingo, Seat Mii, Škoda Citigo, VW up! oder Toyota Yaris.
Der ADAC hat bereits zweimal Ganzjahresreifen für die untere Mittelklasse getestet. Das Ergebnis war jedesmal ernüchternd: 2014 zweimal knapp ausreichend, zweimal mangelhaft, 2016 zweimal noch knapp zufriedenstellend, dreimal ausreichend und zweimal mangelhaft. Für die meisten Autofahrer galt: An Ostern kommen die Sommerreifen drauf, im Oktober die Winterschlappen.
Die Einführung der Winterreifenpflicht und der obligatorischen Reifendruckkontrolle mit den zusätzlichen Drucksensoren im Pneu brachte den Markt in Bewegung. Denn wenn in der kalten Jahreszeit ohnehin nur mit Winterreifen gefahren werden darf: Wäre es nicht einfacher und billiger, damit das ganze Jahr zu fahren? Und die Betreiber von Flotten oder Autovermieter wollten für ihren Fuhrparkbetrieb ohnehin nur eine Reifensorte.
Dass der Markt sich geändert hat, beweisen auch die Ergebnisse des repräsentativen ADAC Reifenmonitors 2018. 47 Prozent der deutschen Autofahrer könnten sich vorstellen, solche Pneus zu kaufen. Besonders wechselwillig sind die Besitzer von Kleinst- und Kleinwagen: Hier liegt der Anteil sogar bei 58 bzw. 55 Prozent. Klar: Diese Autos werden vor allem in der Stadt bewegt, selten für Fahrten in den Ski- oder Sommerurlaub genutzt, und bei geringer Laufleistung ist Reifenwechsel samt Lagerung besonders lästig. Deshalb hat der ADAC für den Test Kleinwagenreifen der Dimension 175/65 R14 gewählt.
Nur 4 von 9 sind befriedigend

Für die Testfahrten reisten die ADAC Ingenieure zu unterschiedlichen Jahreszeiten quer durch Europa: für die Schneeversuche nach Ivalo in Finnland, für die Nässe-, Eis- und Verbrauchstests ins Contidrom bei Hannover und für die Trocken- sowie Verschleißversuche zu Bridgestone in der Nähe von Rom.
Das Ergebnis: Immerhin vier der neun getesteten Reifen schneiden befriedigend ab, sind also für den Ganzjahreseinsatz durchaus empfehlenswert, während die restlichen "ausreichenden" Pneus zumindest mit Einschränkungen akzeptabel sind. Das beweist: Im Vergleich zu den doch recht ernüchternden ADAC Tests der Dimensionen für die untere Mittelklasse eignen sich Ganzjahresreifen für Kleinwagen eindeutig besser.
Die zweite Erkenntnis: Die Ganzjahresreifen der neuesten Generation setzen tendenziell wieder auf modifizierte Wintermischungen. Denn der Vergleich mit den katastrophalen Bremsleistungen des Sommerreifens auf Schnee (siehe Bremsvergleich unten) zeigt, dass die halbwegs passablen Leistungen der Ganzjahresreifen auf Schnee sonst gar nicht möglich wären.
Allerdings muss man damit auch die konstruktiv bedingte Schwäche der Winterreifen auf trockener Fahrbahn in Kauf nehmen: In puncto kurze Bremswege und knackiges Fahrverhalten hat der Sommerreifen klar die Nase vorn.
Testsieger: Nexen N blue 4 Season

Die Zielkonflikte zu lösen gelingt im Test dem Nexen N blue 4 Season am besten. Bei guten Leistungen auf Nässe und Eis fährt der koreanische Reifen auf trockener und schneebedeckter Fahrbahn zwar etwas schwächer, aber noch akzeptabel. Der neue AllSeasonContact von Conti löst dagegen den klassischen Zielkonflikt Nässe vs. Schnee sehr gut – allerdings auf Kosten der Leistungen auf trockener Fahrbahn.
Auf dem Trockenen zeigen auch die nächstplatzierten Goodyear Vector 4Seasons Gen-2 und Nokian Wheatherproof Schwächen. Mit Ausnahme des Firestone (schlechteste Trocken- und Nassperformance) fahren alle Reifen dahinter auf Schnee nur unterdurchschnittlich – auch das teuerste Modell im Test, der verschleißarme CrossClimate von Michelin.
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Das Beispiel Schnee zeigt: Wer sich für Ganzjahresreifen entscheiden will, sollte das individuelle Einsatzprofil des Fahrzeugs sowie die Stärken und Schwächen der Reifen genau kennen. Für Autofahrer, die in einer gemäßigten Klimaregion leben und keinen Skiurlaub oder Sommerferien im Süden planen, sind zum Beispiel die vier "befriedigenden" Ganzjahresreifen in diesem Test eine Alternative.
Das gilt natürlich auch für Besitzer von Zweit- und Kleinwagen, die mit wenig Kilometern vor allem innerstädtisch unterwegs sind, aber auch für alle, die Kosten für die Umrüstung sparen müssen und das Auto bei üblem Winterwetter stehen lassen können.
Man muss nur wissen: Die Bestleistungen der spezialisierten Sommer- beziehungsweise Winterreifen erreichen sie nicht.
Bremsvergleich: Alleskönner vs. Sommer-/Winterreifen
Bremsen auf trockener Fahrbahn
Trockenbremsen auf Asphalt von 80 auf 0 km/h. Bodentemperatur: 30 bis 36o. Bremsweg in Metern.
Viel Gummi bringt beim Trockenbremsen viel: Bei warmen Temperaturen hat der Sommerreifen die Nase vorn. Die Unterschiede zwischen bestem und schlechtestem (lamelliertem) Ganzjahresreifen sind mit 3,7 Metern aber nicht allzu groß.
Bremsen auf nasser Fahrbahn
Nassbremsen auf Asphalt von 80 auf 0 km/h. Bodentemperatur: 16oC (>15oC) bzw. 7oC (<10oC).
Fast elf Meter Bremsweg – hier fände eine Kindergartengruppe Platz! – liegen zwischen dem besten und dem schlechtesten Ganzjahresreifen. Werden die Spezialisten in der falschen Saison gefahren, verlängert sich der Bremsweg um ca. fünf Meter
Bremsen auf schneebedeckter Fahrbahn
Bremsen auf Schnee von 50 auf 0 km/h. Bodentemperatur: -3oC.
Keine Chancen auf Schnee hat der Sommerreifen: Er kommt erst 34 Meter nach dem Winterreifen zum Stehen – bei einer Bremsung aus 50 km/h. Die Ganzjahresreifen liegen – mit sieben Metern Unterschied – eher auf Winterreifenniveau
Hintergrund: Die Alleskönner haben ein generelles Problem

Zaubermaterialien sind auch im Reifenbau Mangelware – und daran hat sich prinzipiell bis heute nichts geändert. Sommerreifen bringen mit wenig Profil möglichst viel Gummi auf die Straße und sind mit ihrer Mischung bei hohen Temperaturen stabil. Winterreifen dagegen verzahnen sich mit ihren fein lamellierten Profilblöcken mit rutschigem Untergrund und bleiben selbst bei Minusgraden haftgeschmeidig.
Trotzdem gibt es auch bei uns schon seit Längerem Ganzjahresreifen. Zuerst waren es Sommerreifen, in die etwas mehr Profil geschnitzt und auf deren Flanke das amerikanische M+S-Symbol gestempelt wurde, damit sie wenigstens offiziell Winterreifen waren. Das Ergebnis: passabel auf trockener und nasser Fahrbahn, aber auf Schnee und Eis unfahrbar. Weil mit diesen Pneus keine Tests zu gewinnen waren, schwenkten die Hersteller um und machten Winterreifen "sommertauglich" – prompt waren die Resultate auf trockener Fahrbahn nicht mehr akzeptabel.
Inzwischen liegt der Ganzjahresreifen im Trend (siehe Infografik): War der Markt für Ganzjahresreifen bisher eher eine Spielwiese von Goodyear und einige kleine Anbieter oder unbedeutende Drittmarken der Konzerne, mischen nun auch die großen Premiummarken Hankook, Pirelli, Vredestein, Nokian, Continental und Michelin mit.
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Fotos: ADAC/Wolfgang Grube. Infografiken: ADAC Motorwelt.