Anhängerreifen im Test: Welche Modelle wirklich überzeugen

Auch Anhänger benötigen gute Reifen, ganz gleich ob es sich um einen Wohnwagen, Pferde- oder Baumarktanhänger handelt. Auf dem Markt gibt es sogar spezielle Anhängerreifen. Was sie können, hat der ADAC untersucht. 10 Reifen für Anhänger im Test.

  • Anhängerreifen haben hohe Traglast

  • Nur No-Name-Marken im Segment

  • Vier von zehn Reifen "gut" bewertet

Reifen auf Anhängern wird oft wenig Beachtung geschenkt. Schließlich läuft die gezogene Achse ja "nur" hinterher und es kommt eher auf die Qualität der Zugfahrzeugreifen an, oder? Das stimmt so nicht. Zwar muss ein Anhängerreifen keine Traktions- und Lenkkräfte übertragen, Brems- und Seitenführungskräfte aber sehr wohl. Ein guter Grip ist hier genauso wichtig wie bei einem Pkw: Wenn die Reifen den Halt verlieren, kann das einen Anhänger zum Schlingern bringen – mit entsprechenden Folgen.

Auf dem Markt gibt es spezielle Reifen für Anhänger, zehn davon hat der ADAC unter die Lupe genommen. Ein Novum, einen Test von Anhängerreifen gab es noch nie. Umso gespannter waren auch die Testingenieure auf die Ergebnisse. Wie schlagen sich die Pneus auf Nässe und trockener Straße, wie gut können sie Bremskräfte übertragen?

Was macht Anhängerreifen besonders?

Wer die Reifenbezeichnungen auf der Flanke studiert, stößt auf die Abkürzung "FRT" für "free rolling tyre" oder "trailer use only", was die Nutzung an Lenk- und Antriebsachsen und damit den Einsatz auf einem Pkw ausschließt.

Typischerweise sind die Reifen nur für geringere Geschwindigkeiten zugelassen, im Test lag der Speedindex "N" für maximal 140 km/h vor. Augenfällig ist zudem ein relativ "altmodisches" Profilbild.

Kennzeichnend für Anhängerreifen ist, dass sie für schwere Lasten viel Gewicht schultern können. Folglich haben sie einen hohen Traglastindex, im Test lag er bei 104, das steht für 900 Kilogramm.

Die Ergebnisse: Anhängerreifen im Test

ADAC Campingexperte Martin Zöllner beim Reifenwechsel an einem Wohnwagen
Knochenjob: ADAC Tester Martin Zöllner montiert die Testreifen am Anhänger© ADAC/Marc Wittkowski

Unter den getesteten Reifen der Dimension 185 R14C 104/102NC finden sich keine bekannten Hersteller wie Continental, Pirelli, Michelin und Co. Sie bieten schlicht keine Anhängerreifen an. In diesem Segment tummeln sich ausschließlich unbekanntere Marken. Ist das ein Zeichen für schlechtere Qualität?

Nein, wie die Ergebnisse des ADAC Tests zeigen. Insgesamt schaffen es vier Reifen sogar, ein "gut" als Gesamtnote zu erzielen, vier weitere ein "befriedigend". Acht Reifen sind damit sehr empfehlenswert bzw. empfehlenswert. Für weitere Infos zu den einzelnen Modellen klicken oder tippen Sie auf die jeweilige Zeile in der Tabelle:

Hersteller/ModellPreis in EuroADAC UrteilTrockenbremsenSeitenführung nasser AsphaltAquaplaning KurveRollwiderstandzum Vergleich hinzufügen
BK Trailer 203
-
2,1
2,5
2,4
1,4
1,5
Linglong RADIAL R701
65
2,3
2,1
2,9
2,2
1,7
Boka Trailer Line FT 02
-
2,4
2,3
2,5
2,4
2,7
Radar Argonite RV-4T
-
2,4
2,5
2,7
1,8
2,3
GT Radial Kargomax ST-6000
65
2,7
2,4
3,2
2,5
2,6
Security TR 603
63
2,8
2,1
3,3
3,1
2,8
Trailermaxx CR-967
80
3,0
2,5
3,7
4,0
0,9
Wanda WR 082
60
3,3
2,8
4,0
3,7
1,5
Kenda KR 101 Mastertrail 3G
81
3,6
3,5
3,8
3,4
3,0
Nankang TR-10
92
3,6
3,3
4,3
4,2
1,3
  1. 1 · Der Reifen ist nur noch eingeschränkt verfügbar. Der Hersteller hat bereits ein Nachfolgemodell angekündigt, das bald in den Handel kommt.
  2. 2 · Der Reifen ist nur noch eingeschränkt verfügbar.

sehr gut

0,6 - 1,5

gut

1,6 - 2,5

befriedigend

2,6 - 3,5

ausreichend

3,6 - 4,5

mangelhaft

4,6 - 5,5

© ADAC e.V.

Testsieger: BK Trailer 203

Tablet zum Test im Auto während des Reifentests für Anhänger
Die Messwerte werden direkt im Fahrzeug aufgezeichnet© ADAC/Marc Wittkowski

Insgesamt zeigt sich also, dass Anhängerreifen durchaus passable Leistungen abliefern. Testsieger ist der BK Trailer 203 mit der Note 2,1. Insbesondere beim Kurven-Aquaplaning und beim Rollwiderstand kann er sich vom Testfeld absetzen. Auf dem zweiten Platz folgt der Linglong Radial R701 (Note 2,3).

Der Radar Argonite RV-4T und der Boka Trailer Line FT 02 vervollständigen die Gruppe der guten Reifen (jeweils 2,4). Deren Unterschiede beschränken sich auf Details: So überzeugt der Radar mit gutem Grip beim Kurven-Aquaplaning, während der Boka auf trockenem Asphalt höhere Bremskräfte übertragen kann.

Die Reifen von GT Radial und Security führen das Mittelfeld ("befriedigend") an. Dass diese Reifen zwar zu empfehlen, aber keine Alleskönner sind, zeigt der Blick in die Einzelnoten. Der siebtplatzierte Trailermaxx etwa ist ein echter Spezialist, der mit dem niedrigsten Rollwiderstand im Test Energie spart, beim Kurven-Aquaplaning aber nicht mithalten kann. Was letztlich eine bessere Gesamtnote als 3,0 verhindert. Nässe ist auch beim Wanda WR 082 problematisch.

Kenda und Nankang bilden das Schlussduo, jeweils mit der Note 3,6. Während der Kenda in keinem Bereich positiv auffällt, kann der Nankang zumindest mit einem niedrigen Rollwiderstand glänzen – den er sich aber mit schwachen Leistungen bei Nässe erkauft. Empfehlenswert sind beide Reifen eher nicht.

Hinweis: Die Reifen von Radar, BK Trailer und Boka sind nur noch eingeschränkt verfügbar. Die beiden letzteren Hersteller haben aber bereits Nachfolgemodelle angekündigt, die bald in den Handel kommen.

Transporterreifen als Alternative?

Statt spezialisierter Anhängerreifen könnten auch – etwas teurere – Transporterreifen in Frage kommen. Ein Vergleichs-Sommerreifen hatte im Test auf trockenem Asphalt die kürzesten Bremswege. Hier kann die Auflaufbremse höhere Kräfte übertragen bevor das Rad blockiert. Auch auf Nässe waren die Ergebnisse des Transporterreifens ordentlich, aber nicht ganz so gut wie die des Testsiegers von BK Trailer.

Einen Vorteil haben Transporterreifen aber allemal: Es gibt sie im Gegensatz zu reinen Anhängerreifen auch als Ganzjahresreifen. Wer mit dem Anhänger in den Schnee gerät, etwa bei der Frühlings-Urlaubsfahrt über die Alpen, tut gut daran, für entsprechende Bereifung zu sorgen. Ein ebenfalls mitgetesteter Ganzjahres-Transporterreifen leistete sich keinen Patzer und wäre damit im soliden Mittelfeld gelandet.

Pkw-Reifen lieber nicht für hohe Anhänger

Das Rad eines Wohnwagens löst sich beim Reifentest für Anhänger von der Fahrbahn
Pkw-Reifen am Anhänger: Ist der Grip zu gut, herrscht Kippgefahr© ADAC/Marc Wittkowski

Und wie sieht es mit reinen Pkw-Reifen auf dem Anhänger aus? Im konkreten Fall wäre eine mögliche Alternative zu den getesteten Anhängerreifen in 185 R14 die Pkw-Größe 215/60 R16. Diese Reifen bieten im Vergleich zu Transporter- und Anhängerreifen zweifelsohne den besten Grip. Empfehlen kann sie der ADAC dennoch nicht, denn ein sehr hoher Grip kann sogar zu viel des Guten sein: Die Kombination aus haftstarken Reifen, dadurch möglichen hohen Kurvengeschwindigkeiten und einem hohen Schwerpunkt des Anhängers kann zur Folge haben, dass der Anhänger umkippt. Deshalb sind Pkw-Reifen nur für sehr flache Anhänger empfehlenswert, nicht aber für Wohnwagen oder Planenanhänger zum Lastentransport.

Hinzu kommt, dass man die Reifen als Sondergrößen eintragen lassen müsste. Dazu braucht man üblicherweise ein Gutachten vom Bremsen- und Chassishersteller des Anhängers.

Welcher Luftdruck bei Anhängerreifen?

Reifen können nur dann richtig funktionieren, wenn der Reifenfülldruck dem Gewicht angepasst ist. Deshalb sollte man vom Anhängerhersteller eine Reifendrucktabelle besorgen und abhängig von der Anhängerbeladung den Fülldruck der Reifen einstellen und regelmäßig überwachen. Sehr hohe Drücke von bis zu 4,5 bar sind keine Seltenheit. Da man diese Drücke mit den Geräten an der Tankstelle schwerlich erreicht, lohnt sich diesbezüglich der Weg zu einer Werkstatt.

Wie alt dürfen Anhängerreifen sein?

In Deutschland herrscht eine besondere Regelung, was die Geschwindigkeitsfreigabe von Anhängern für 100 km/h statt der normalerweise erlaubten 80 km/h für Gespanne betrifft. Neben anderen Kriterien dürfen die Reifen auf einem Anhänger nicht älter als sechs Jahre sein, wenn man 100 km/h schnell fahren möchte. Ob die Sechs-Jahres-Regelung sinnvoll ist, wird der ADAC in einem Folgeprojekt untersuchen. Ein bereits durchgeführter Schnelllauftest mit den Testkandidaten unter erschwerten Bedingungen – also mit zu niedrigem Luftdruck und zu hoher Last – hat bereits in diesem Test gezeigt, dass kein einziger Reifen Schwächen oder Schäden aufgewiesen hat.

Weitere Tipps des ADAC

  • Pkw-Reifen sind keinesfalls pauschal als Anhängerbereifung zu empfehlen. Das erhöhte Gripniveau kann bei ungünstigem Schwerpunkt die Kippneigung deutlich erhöhen.

  • Erkennt man Beschädigungen am Anhängerreifen, sollte man diesen umgehend austauschen – bei abgefahrenem Profil gleich beide Reifen der Achse. Anders als am Pkw bemerkt man einen beschädigten und dadurch unrund laufenden Reifen am Anhänger nicht durch ein zitterndes Lenkrad oder ähnliches.

  • Stehen Anhänger längere Zeit, sollten die Reifen durch Aufbocken geschützt werden. Auch ein Schutz vor Regen und Sonnenlicht ist zu erwägen, um die Reifen möglichst lange zu erhalten.

So haben wir getestet

Die Trockenbremsperformance wurde auf dem ADAC Testgelände in Penzing ermittelt. Da die Bremswege auf einem Anhänger nicht messbar sind, wurden die Testreifen auf der Vorderachse eines VW Polo montiert und Bremsungen aus 100 km/h durchgeführt. Die durchschnittliche Verzögerung während des Bremsvorgangs in m/s ² bis zum Stillstand wurde für diesen Test bewertet. Je höher die erreichte Verzögerung ist, desto mehr Bremsleistung bietet der Reifen. Wenn der Reifen mehr Bremsleistung übertragen kann, wird er beim Eingreifen der Anhänger-Auflaufbremse später blockieren. Wenn der Reifen nicht blockiert, bleibt der Anhänger besser in der Spur und bricht nicht seitlich aus. Je mehr Verzögerung also ein Reifen als Anhängerreifen übertragen kann, desto stabiler bleibt der Anhänger auch bei einer starken Verzögerung. Ein seitlich ausbrechender Anhänger ist ein kritischer Fahrzustand, der oftmals kaum zu beherrschen ist.

Auch hier wird die Vorderachse eines VW Polo mit den Testreifen bestückt. Auf einer Kreisbahn (Durchmesser 200 m) auf dem Continental-Testgelände bei Hannover wird ein Teilstück (20 m lang) dauerberegnet (Fließwasserstrecke). Mit Geschwindigkeiten zwischen 60 und maximal 100 km/h wird mit jeweiliger Steigerung um 5 km/h und konstantem Lenkeinschlag in die Fließwasserstrecke eingefahren. Dabei reduziert sich die übertragene Querbeschleunigung aufgrund des bei einer gewissen Geschwindigkeit einsetzenden Aquaplanings. Die reduzierte Querbeschleunigung in der Wasserstrecke wird mit einem Beschleunigungsaufnehmer in der Fahrzeugmitte gemessen. Pro Reifentyp wird ein Durchgang mit je einer Messfahrt pro Geschwindigkeit durchgeführt. Bewertet wird die mittlere Querbeschleunigung (Mittelung aus allen Geschwindigkeiten) auf der Fließwasserstrecke. Je höher die mögliche Querbeschleunigung bis zum Aufschwimmen des Reifens, desto geringer die Gefahr, dass der Anhänger aufschwimmt und ins Schleudern gerät.

Auf einer dauerberegneten Kreisbahn (Asphalt) auf dem Continental-Testgelände bei Hannover wird im Grenzbereich des Reifens gefahren und es werden die Rundenzeiten ermittelt. Die Testreifen sind auf der Vorderachse eines VW Polo montiert. Pro Reifentyp wird ein Durchgang mit sieben Messfahrten durchgeführt. Bewertet wird die mittlere Rundenzeit. Zusätzlich wurden die Testreifen auf einem Wohnwagen gefahren, hier wurde die im Nasskreis erreichbare Geschwindigkeit vor dem Verlust der Haftung betrachtet. Da die Ergebnisse dieses Versuchs mit den Messergebnissen der Kreisfahrt mit auf dem VW Polo montierten Reifen korrelieren, die Ergebnisse der Polo-Messfahrt aber präziser aufgelöst sind, wurden für die Benotung die Messfahrten des VW Polo herangezogen.

Auf einem Rollenprüfstand von Continental wird der Rollwiderstand der Testreifen ermittelt und im Testfeld verglichen. Dafür wird der Fülldruck der Reifen in diesem Fall auf 4,5 bar eingestellt.

Auf einem Rollenprüfstand des TÜV Süd werden die Reifen in Anlehnung an UN ECE-R30 getestet. Dabei werden zwei Zyklen abgefahren. Beim ersten Zyklus wird der Reifen mit 100 Prozent der erlaubten Last (also 900 kg) beaufschlagt, der Reifenfülldruck auf den dazugehörigen Wert von 4,5 bar eingestellt. Anschließend wird der Reifen auf 100 km/h beschleunigt (die in Deutschland für ein Gespann maximal erlaubte Geschwindigkeit) und insgesamt eine Stunde gefahren. Nach einer Abkühlphase wird der Druck auf 2,5 bar abgesenkt und der Test mit derselben Last und derselben Geschwindigkeit erneut gefahren. Der deutlich zu niedrige Fülldruck wird gewählt, um einen verbrauchernahen Test darzustellen: Viele Anhängerreifen werden im Alltag stiefmütterlich behandelt und der Druck nicht überwacht beziehungsweise korrekt eingestellt. Erfreulicherweise versagte kein Reifen unter dieser hohen Beanspruchung.

Fachliche Beratung und Test: Christoph Pauly / ADAC Technik Zentrum