Wissenswertes zum Kindersitz-Test
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Hier finden Sie viele nützliche Tipps was Sie beim Kauf von Kindersitzen beachten sollten und eine ausführliche Beschreibung, wie beim ADAC ein Kindersitz-Test durchgeführt und bewertet wird.
Methodik
Produktauswahl
Zielrichtung des alljährlichen ADAC Kindersitztests ist, das Angebot möglichst umfassend darzustellen. Die Vielzahl an Modellen erfordert allerdings eine Vor-Auswahl - sie erfolgt entsprechend Marktbedeutung und Innovativität in Abstimmung mit unseren Testpartnern. Gerade Neuheiten bringen manchmal Probleme: Entsprechend des hohen Testaufwandes arbeiten wir mit ca. sechs Monaten Vorlaufzeit. Waren die Produkte nicht rechtzeitig bzw. frühzeitig im Handel beschaffbar, können sie erst im Folgejahr getestet werden. "Nachtests" lassen sich wegen des damit verbundenen hohen Aufwands leider nicht durchführen. Auch Sitze, bei welchen Modifizierungen bevorstehen, können nicht bzw. erst in späteren Tests berücksichtigt werden. Modelle, die im Test der Vorjahre mit dabei waren und nicht verändert wurden, werden nicht nochmals getestet - die zurückliegenden Testergebnisse sind hier weiterhin gültig und werden von uns auch zur Verfügung gestellt. Es muss aber beachtet werden, dass bis 2011 keine Schadstoffprüfung erfolgte. Die Ergebnisse sind somit nicht direkt vergleichbar!
Ab 2015 wurde eine neue Testkarosserie und auch ein neues Seitencrashtestverfahren verwendet. Die Ergebnisse ab 2015 sind deshalb mit den vorherigen nicht direkt vergleichbar, denn die Anforderungen sind leicht erhöht.
Ab 2020 wurden sowohl die Testdurchführung als auch die Testauswertung dem Stand der Technik angepasst. Die Änderungen im Test führen dazu, dass die aktuellen Ergebnisse nicht direkt mit denen der Vorjahre vergleichbar sind. Referenzversuche haben gezeigt, dass die Unterschiede nicht besonders groß sind, so dass „sehr gut“, „gut“ und „befriedigend“ bewertete Kindersitze aus den Vorjahren weiterhin empfohlen werden können. Die Produkte werden anonym am Markt eingekauft.
Testverfahren
Die Kindersitze wurden auf ihre Sicherheit beim Frontalaufprall mit 64 km/h und beim Seitenaufprall mit 50 km/h geprüft. Mit einem Prüfschlitten, auf dem seit 2020 eine fünftürige VW Polo VI-Karosserie montiert ist (ab 2007 bis einschließlich 2010 Opel Astra, ab 2011 bis einschließlich 2014 VW Golf VI, ab 2015 bis einschließlich 2019 VW Golf VII), simulierten die Tester mit dem zugehörigen Verzögerungspuls aus den Euro NCAP Front-Offset-Crash einen Frontalunfall. Beim Seitencrash werden die Kindersitze in Anlehnung an die UN Reg. 129 auf einer Testbank mit einer beim Aufprall eindringenden Fahrzeugtüre montiert. Die Prüfungen liegen deutlich über den gesetzlichen Mindestanforderungen der Kindersitz-Prüfnormen UN Reg. 44 und UN Reg. 129.
Die Belastungswerte wurden für jedes Kindersitz-Modell mit unterschiedlich großen Dummys ermittelt, ggf. in Sitz- und Ruhestellung. Zusätzlich geprüft wurde der Gurtverlauf, die Größenanpassung, die Standfestigkeit auf dem Fahrzeugsitz, die Kopfabstützung und ab 2011 die Ergonomie des Kindersitzes (Platzangebot, Sitzposition und Platzbedarf im Fahrzeug). Für die Bewertung vom Sitzeinbau kommen aktuelle Fahrzeugmodelle (Ford Fiesta, VW T-Cross und Citroen Berlingo) zum Einsatz. Die Bewertung der Gefahr der Fehlbedienung wurde angepasst, dabei wurden auch die Ergebnisse der „Studie zur Verwendung von Kinderschutzsystemen“ vom GDV (Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V.) berücksichtigt. Seit 2011 werden alle Teile, mit denen das Kind in Kontakt kommt (Bezug), auf Schadstoffe untersucht. In Anlehnung an die GS-Prüfung "REACH"-Richtlinie und Ökotex 100 werden der Gehalt von PAK's, Phthalaten, Flammschutzmitteln, Phenolverbindungen, Organozinn-Verbindungen, AZO-Farbstoffe und Schwermetalle geprüft und bewertet.
Testkriterien
Das "ADAC Urteil" ergibt sich aus den Ergebnissen in den Kriterien "Sicherheit" und "Bedienung/Ergonomie" sowie "Schadstoffgehalt".
Testkriterium | Gewichtung in Prozent |
---|---|
| 50 |
Schutz beim Frontalaufprall mit 64 km/h | 40 |
Schutz beim Seitenaufprall mit 50 km/h | 40 |
Gurtverlauf, Größenanpassung | 10 |
Standfestigkeit | 10 |
| 40 |
Möglichkeiten der Fehlbedienung | 40 |
An-/Abschnallen des Kindes | 20 |
Ein-/Ausbau des Sitzes | 20 |
Umbau des Sitzes | 10 |
Bedienungsanleitung | 8 |
Reinigung/Verarbeitung | 2 |
| 10 |
Platzangebot im Sitz | 40 |
Platzbedarf im Fahrzeug | 20 |
Sitzposition für Kind | 20 |
Komfort (Polsterung, Sicht) | 20 |
ADAC Urteil | 100 |
ADAC Bewertungsschema
Die Bewertung und Wichtung der Einzelkriterien erfolgt wie bisher. Die Abwertungseffekte wurden aber neu nach folgenden Kriterien definiert:
Abwertungseffekte Sicherheit
Ist die Bewertung im Frontal- oder Seitenaufprall schlechter als „gut“, führt dies zu einer graduellen Abwertung der Note Sicherheit.
Eine mangelhafte Bewertung im Frontal- oder Seitenaufprall schlägt direkt auf die Note Sicherheit durch.
Ist die Bewertung der Sitzkonstruktion schlechter als „gut“, führt dies zu einer graduellen Abwertung der Note Sicherheit.
Abwertungseffekte Bedienung
Ist die Bewertung der Fehlbedienungsgefahr, des Anschnallens des Kindes oder des Sitzeinbaus schlechter als „gut“, führt dies zu einer graduellen Abwertung der Note Bedienung.
Eine mangelhafte Bewertung der Fehlbedienungsgefahr, des Anschnallen des Kindes oder des Sitzeinbaus schlägt direkt auf die Note Bedienung durch.
Abwertungseffekte ADAC Urteil
Ist die Bewertung der Sicherheit oder der Bedienung schlechter als „gut“, führt dies zu einer graduellen Abwertung des Gesamturteils.
Ist die Bewertung des Schadstoffgehalts schlechter als „befriedigend“, führt dies zu einer graduellen Abwertung des Gesamturteils.
Eine mangelhafte Bewertung der Sicherheit, der Bedienung, oder des Schadstoffgehalts schlägt direkt auf das Gesamturteil durch.
Deckt ein Sitz mehrere Gewichtsklassen, Körpergrößen oder Einbauarten ab, so werden diese getrennt getestet. Für die Bewertung wird das schlechteste Ergebnis, das in einem einzelnen Test erzielt wurde, herangezogen. Ein Sitz, der für mehrere Gewichtsklassen, Körpergrößen oder Einbauarten ausgelegt ist, muss dem größer werdenden Kind während der gesamten Gebrauchszeit maximale Sicherheit bieten.
Mangelhafte Bewertungen
Warum dürfen Kindersitze, die das Urteil „mangelhaft“ haben, verkauft werden? Höhere Anforderungen beim ADAC Kindersitztest als bei der amtlichen ZulassungDie amtliche Zulassung von Kindersitzen sind in der UN Reg. 44 und der 129 geregelt. Sitze nach UN Reg. 44/01 und /02 dürfen nicht mehr eingesetzt werden.Während die amtliche Zulassung eine Mindestanforderung darstellt, werden beim ADAC Kindersitztest schon seit Jahren deutlich höhere Anforderungen gestellt. So werden z.B. beim Front- und Seitencrash die Bedingungen wie bei einem Fahrzeugcrash nach Euro NCAP gesetzt. Demgegenüber erfolgt bei der Zulassungsprüfung nach UN Reg. 44/04 bis heute noch kein Seitencrashtest, den der ADAC aufgrund hoher Verletzungsrisiken schon seit dem Jahr 2001 zusätzlich durchführt und immer wieder auch für die amtliche Zulassung gefordert hat. Aus diesem Grund ist bei einer Abwertung beim ADAC Kindersitztest die Zulassung für den Kindersitz dennoch gültig, und er darf weiterhin verkauft und verwendet werden. Für die neue UN Reg. 129 "i-Size" ist das Bestehen des Seitencrashs Zulassungsvoraussetzung. Die Erfahrung hat aber gezeigt, dass Kindersitze mit dem ADAC Urteil "mangelhaft" sehr schnell vom Markt verschwinden und die Hersteller umgehend verbesserte Produkte anbieten. Das ist ein Erfolg des ADAC Verbraucherschutzes.Die wichtigsten Unterschiede beim ADAC Kindersitztest gegenüber der Zulassung nach UN Reg. 44 und 129 (Werte in Klammern) sind:
Frontcrash in Fahrzeugkarosserie mit 64 km/h (auf Prüfsitzbank mit 50 km/h)
Seitencrash auf Prüfsitzbank mit 50 km/h (für Kindersitze nach der neuen i-Size Norm UN Reg. 129 Zulassungsvoraussetzung)
neueste Q-Dummygeneration (bisher P-Dummies, bei "i-Size" Q-Dummies)
Strengere Prüfung der Schadstoffbelastung des Bezuges
Der ADAC Kindersitztest hat sich bei Verbrauchern und auch bei den Herstellern international etabliert - nicht zuletzt durch die hohen Anforderungen. Der Seitencrashtest ist deshalb so wichtig, da im Seitenbereich nur eine geringe Knautschzone zur Verfügung steht und das Verletzungsrisiko dadurch deutlich höher ist als bei den häufigeren Frontalkollisionen.