Kindersitztest: So testet der ADAC

Kindersitze sind während dem Crashtest zum Kindersitztest auf einen Autoschlitten montiert
Der Frontalcrash gehört beim ADAC Kindersitztest zum Standard© ADAC/Ralph Wagner

Wie sicher ist ein Kindersitz bei einem Unfall? Wie gut ist er zu handhaben? Und sind Schadstoffe in den Materialien nachzuweisen? All das untersucht der ADAC bei seinen Kindersitztests. Was genau dahintersteckt, lesen Sie hier: Infos zur Methodik und zu den Bewertungskategorien.

Methodik

Produktauswahl

Zielrichtung des ADAC Kindersitztests ist, das Angebot möglichst umfassend darzustellen. Die Vielzahl an Modellen erfordert allerdings eine Vor-Auswahl – sie erfolgt entsprechend der Marktbedeutung in Abstimmung mit den Testpartnern. Die Produkte werden anonym am Markt eingekauft.

Falls Kindersitzmodelle nicht frühzeitig im Handel zu beschaffen sind (Vorlaufzeit für einen Test: rund sechs Monate), können sie erst im nächsten Test berücksichtigt werden. "Nachtests" lassen sich wegen des damit verbundenen hohen Aufwands nicht durchführen. Auch Sitze, bei denen Modifizierungen bevorstehen, können nicht bzw. erst in späteren Tests berücksichtigt werden. Modelle, die im Test der Vorjahre mit dabei waren und nicht verändert wurden, werden nicht nochmals getestet.

Regelmäßig werden sowohl die Testdurchführung als auch die Testauswertung dem Stand der Technik angepasst, die letzten Änderungen im Testprocedere erfolgten in den Jahren 2020 und 2025. Das führt dazu, dass die aktuellen Ergebnisse nicht direkt mit denen der Vorjahre vergleichbar sind. Insbesondere mit der Note "sehr gut" und "gut" bewertete Kindersitze aus den Vorjahren können aber weiterhin empfohlen werden.

Testverfahren

Im Rahmen der Sicherheitsbewertung werden Frontalaufprall- und Seitenaufprallversuche durchgeführt. Mit einem Prüfschlitten, auf dem seit 2025 eine Kia-Sportage-Karosserie (Typ NQ5) montiert ist (ab 2020 bis einschließlich 2024 VW Polo VI) simulieren die Tester einen Frontalaufprall, dessen Unfallschwere zwischen dem von Euro NCAP durchgeführten versetzten Frontalaufpralltest (MPDB) und dem Frontalaufprall mit voller Überdeckung liegt.

Beim Seitencrash werden die Kindersitze in Anlehnung an die UN Reg. 129 auf einer Testbank mit einer beim Aufprall eindringenden Fahrzeugtüre montiert – die Unfallschwere der durchgeführten Seitenaufprallversuche orientiert sich am Euro-NCAP-Seitenaufpralltest. Die Prüfungen liegen deutlich über den gesetzlichen Mindestanforderungen der Kindersitz-Prüfnormen UN Reg. 129. Die Belastungswerte werden für jedes Kindersitz-Modell mit unterschiedlich großen Dummys ermittelt, gegebenenfalls in Sitz- und Ruhestellung.

Für die Bewertung der Bedienung und der Ergonomie werden Einbauversuche in aktuellen Fahrzeugmodellen (Mini, Kia Sportage und Citroën Berlingo) durchgeführt. In den Sitzen werden Kinder und Handhabungs-Dummys unterschiedlicher Größen angeschnallt.

Alle Teile, mit denen das Kind in Kontakt kommt (Bezug), werden auf Schadstoffe untersucht. In Anlehnung an die GS-Prüfung "REACH"-Richtlinie und Ökotex 100 werden der Gehalt von PAK's, Phthalaten, Flammschutzmitteln, Phenolverbindungen, Organozinn-Verbindungen, AZO-Farbstoffe und Schwermetalle geprüft und bewertet.

Darüber hinaus werden die Bezugsstoffe der Sitze seit 2025 gemäß der im Normenentwurf DIN EN 17681-1:2023-12 spezifizierten Hydrolyse-Methode auch auf ihren Gehalt an Umweltschadstoffen (PFAS) untersucht.

Testkriterien

Das ADAC Urteil ergibt sich aus den Ergebnissen in den Kriterien Sicherheit, Bedienung, Ergonomie sowie Schadstoffgehalt und Umweltschadstoffe.

TestkriteriumGewichtung in Prozent

Sicherheit

50

Schutz beim Frontalaufprall

40

Schutz beim Seitenaufprall

40

Gurtverlauf, Größenanpassung

10

Standfestigkeit

10



Bedienung

Einbauversuche mit Kindern und Dummys

40

Möglichkeiten der Fehlbedienung

40

An-/Abschnallen des Kindes

20

Ein-/Ausbau des Sitzes

20

Umbau des Sitzes

10

Bedienungsanleitung

8

Reinigung/Verarbeitung

2



Ergonomie

Einbauversuche mit Kindern und Dummys

10

Platzangebot im Sitz

40

Platzbedarf im Fahrzeug

20

Sitzposition für Kind

20

Komfort (Polsterung, Sicht)

20



ADAC Urteil

Für das ADAC Urteil werden die drei wichtigsten Kriterien Sicherheit, Bedienung und Ergonomie herangezogen. Ein erhöhter Schadstoffgehalt und eine Belastung mit Umweltschadstoffen führen zur Abwertung

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ADAC Bewertungsschema

Die Bewertung und Wichtung der Einzelkriterien erfolgt anhand der obigen Tabelle. Die Abwertungseffekte werden nach folgenden Kriterien definiert.

Abwertungseffekte Sicherheit

  • Ist die Bewertung im Frontal- oder Seitenaufprall schlechter als "gut", führt dies zu einer graduellen Abwertung der Note Sicherheit.

  • Eine mangelhafte Bewertung im Frontal- oder Seitenaufprall schlägt direkt auf die Note Sicherheit durch.

  • Ist die Bewertung der Sitzkonstruktion schlechter als "gut", führt dies zu einer graduellen Abwertung der Note Sicherheit.

Abwertungseffekte Bedienung

  • Ist die Bewertung der Fehlbedienungsgefahr, des Anschnallens des Kindes oder des Sitzeinbaus schlechter als "gut", führt dies zu einer graduellen Abwertung der Note Bedienung.

  • Eine mangelhafte Bewertung der Fehlbedienungsgefahr, des Anschnallen des Kindes oder des Sitzeinbaus schlägt direkt auf die Note Bedienung durch.

Abwertungseffekte ADAC Urteil

  • Ist die Bewertung der Sicherheit oder der Bedienung schlechter als "gut", führt dies zu einer graduellen Abwertung des Gesamturteils.

  • Ist die Bewertung des Schadstoffgehalts oder der Umweltschadstoffe schlechter als "gut", führt dies zu einer graduellen Abwertung des Gesamturteils.

  • Eine mangelhafte Bewertung der Sicherheit, der Bedienung, des Schadstoffgehalts oder der Umweltschadstoffe schlägt direkt auf das Gesamturteil durch.

Deckt ein Sitz mehrere Einbauarten ab, so werden diese getrennt getestet. Für die Bewertung wird das schlechteste Ergebnis, das in einem einzelnen Test erzielt wurde, herangezogen. Ein Sitz, der für mehrere Einbauarten ausgelegt ist, muss dem größer werdenden Kind während der gesamten Gebrauchszeit maximale Sicherheit bieten.

Mangelhafte Bewertungen

Warum dürfen Kindersitze, die das Urteil "mangelhaft" haben, verkauft werden? Grund dafür sind höhere Anforderungen beim ADAC Kindersitztest als bei der amtlichen Zulassung. Die amtliche Zulassung von Kindersitzen sind in der UN Reg. 129 geregelt.

Während die amtliche Zulassung eine Mindestanforderung darstellt, werden beim ADAC Kindersitztest schon seit Jahren deutlich höhere Anforderungen gestellt. So werden z.B. beim Front- und Seitencrash die Bedingungen wie bei einem Fahrzeugcrash nach Euro NCAP gesetzt. Aus diesem Grund ist bei einer Abwertung beim ADAC Kindersitztest die Zulassung für den Kindersitz dennoch gültig und er darf weiterhin verkauft und verwendet werden.

Die Erfahrung hat aber gezeigt, dass Kindersitze mit dem ADAC Urteil "mangelhaft" sehr schnell vom Markt verschwinden und die Hersteller umgehend verbesserte Produkte anbieten. Das ist ein Erfolg des ADAC Verbraucherschutzes. Die wichtigsten Unterschiede beim ADAC Kindersitztest gegenüber der Zulassung nach UN Reg. 129 sind:

  • Frontcrash in Fahrzeugkarosserie in Anlehnung an Euro NCAP

  • Seitencrash auf Prüfsitzbank in Anlehnung an Euro NCAP

  • Bewertung von Bedienung und Ergonomie in verschiedenen Fahrzeugen

  • Strengere Prüfung der Schadstoffbelastung des Bezuges

Der ADAC Kindersitztest hat sich bei Verbrauchern und auch bei den Herstellern international etabliert – nicht zuletzt durch die hohen Anforderungen, die der ADAC an einen Kindersitz stellt.