Wandern auf dem Rennsteig
Mit 100.000 Wanderern pro Jahr ist der Rennsteig Deutschlands beliebtester Fernwanderweg – er lässt sich in acht Etappen erkunden.
Der Rennsteig hat eine Länge von 170 Kilometern
Er verläuft zwischen Thüringen und Bayern
1829 wurde er erstmals begangen
Wasserscheide zwischen Elbe und Rhein, historische Grenze zwischen Thüringen und Bayern, Pfad für eilige Boten, aussichtsreicher Höhenwanderweg … der Rennsteig hatte schon viele Bedeutungen. Mit Ausnahme der zweiten – schweren – Etappe liegen alle Abschnitte im mittleren Schwierigkeitsgrad. Gekennzeichnet ist der Weg mit einem weißen "R" auf Tafeln und manchmal an Bäumen. Über 1300 Obelisken, Grenz- und Wappensteine sind auf die Strecke verteilt und markieren den einstigen Grenzverlauf. Kenner grüßen einander mit "Gut Runst!", dem 1900 vom Rennsteig-Verein eingeführten Rennsteig-Gruß.
Inhaltsverzeichnis
Unterwegs auf dem Rennsteig – Wandern und mehr
Wer sich den Rennsteig komplett erwandert, muss insgesamt 44 Stunden Gehzeit einplanen. Sucht man sich aus den acht Etappen eine Tagestour aus, sind zwischen 17,2 und 25,7 Kilometer zurückzulegen.
Über die rund 170 Kilometer des Rennsteigs sind etwa 80 Schutzhütten und Unterstände verteilt. Bei schlechtem Wetter finden die Wanderinnen und Wanderer also durchschnittlich alle zwei Kilometer ein Dach über dem Kopf. Gut mit sanitären Einrichtungen, Abstellmöglichkeiten für Sportgeräte und Schließfächern sind die sechs Rennsteig-Häuser. Sie halten auch Werkzeug für kleinere Reparaturen an Fahrrädern und Skiern bereit.
Beim Wandern mit der ganzen Familie sollten die Kräfte der Kinder nicht überschätzt werden. Relativ wenig steile Aufstiege gibt es von der dritten bis einschließlich sechsten Etappe, die zusammen 95 Kilometer lang sind. Wiesen und Wasserläufe zum Spielen sowie Aussichtstürme machen sie auch für die Kleinen abwechslungsreich.
Wandern ohne Gepäck ist der bequemste Weg, den Rennsteig in seiner gesamten Länge zu erwandern. Den Transport zum nächsten Übernachtungsort übernehmen die Veranstalter von Wanderreisen.
Der Staffellauf auf dem Rennsteig ist Deutschlands größte Veranstaltung dieser Art und erfordert nicht nur körperliche Leistung, sondern auch Teamgeist. Die Gruppen aus zehn Läuferinnen oder Läufern orientieren sich an festgelegten Etappen und Wechselstellen und sollten sich wegen der hohen Nachfrage rechtzeitig einen Startplatz sichern.
Auch ein Marathon steht jährlich auf dem Programm, bei dem die Teilnehmer in Neuhaus am Rennweg starten. Wer mit der halben Strecke zufrieden ist, beginnt in Oberhof, Hartgesottene dagegen absolvieren den Supermarathon über fast 74 Kilometer vom Marktplatz in Eisenach aus. Endpunkt aller drei Varianten ist Schmiedefeld am Rennsteig.
Für sportlich ambitionierte Radfahrer und Mountainbiker ist der Rennsteig-Radweg geeignet, der auf urigen Wald- und Wiesenwegen verläuft. Wer nach den 200 Kilometern noch nicht genug hat, kann auf Werratal-, Saale-, Ilmtal- und Gera-Radweg sowie in die Euregio Egrensis wechseln, mit denen er vernetzt ist.
Im Winter wird der Fernwanderweg auf den 142 Kilometern zwischen Ascherbrück und Brennersgrün zum längsten durchgängig beschilderten und zertifizierten Fernskiwanderweg Mitteleuropas. Weil der Originalweg nicht überall gespurt werden kann, weicht die Loipe hin und wieder etwas ab. Es gibt auch die Option, tageweise einzusteigen und auf kürzeren Loipen und Skiwanderwegen langzulaufen.
Erste Etappe – von Hörschel nach Ascherbrück
Die Etappe auf einen Blick:
Länge 19 Kilometer, Gehzeit 6,5 Stunden, Gesamtanstiege 900, Gesamtgefälle 719 Meter
Der Rennsteig beginnt direkt am Ufer der Werra im Eisenacher Stadtteil Hörschel. Mit 196 Metern über dem Meer ist das sein tiefster Punkt. Eine Tafel erinnert an die alte Tradition, einen Kiesel vom Ufer aufzuheben und ihn am Ende der Tour an der Saale abzulegen. Diese Etappe führt fast konstant bergauf und bietet schon kurz nach dem Abmarsch einen guten Blick auf die Wartburg. Später folgt der Einstieg in die Drachenschlucht, den engsten Schluchtenwanderweg Thüringens, der an der schmalsten Stelle weniger als 70 Zentimeter breit ist.
Weit reicht die Aussicht, unter anderem auf die Wartburg, vom 21 Meter hohen Carl-Alexander-Turm. Kurz danach, am Wandertreff Hohe Sonne, offeriert ein gemütlicher Imbiss am Wochenende Thüringer Bratwürste vom Rost und Eisenacher Bier. Die Etappe endet am Ascherbrück, wo die Wandernden im Hubertushaus Gästezimmer und ein Restaurant finden.
Zweite Etappe – von Ascherbrück bis Ebertswiese
Die Etappe auf einen Blick:
Länge 25,7 Kilometer, Gehzeit 8 Stunden, Gesamtanstiege 874, Gesamtgefälle 1053 Meter
Mit ihrem höchsten Punkt auf 914 Metern und der Länge von fast 26 Kilometern ist dies die einzige schwere Etappe des Rennsteigs. Erster Aussichtspunkt des Tages ist der Glöckner, von dem der Blick über den südlichen Thüringer Wald bis nach Bad Liebenstein geht. Steil bergauf verläuft der Weg weiter auf das Plateau des Großen Inselsbergs. Hier stehen neben dem Berggasthof Thüringens höchstgelegene Jugendherberge, ein 127 Meter messender Sendemast, zwei Sendetürme und ein 43 Meter hoher Aussichtsturm mit fabelhaftem Blick auf den westlichen Thüringer Wald.
Im Abstieg passiert man den Inselsberg-Funpark mit seiner rasanten Sommerrodelbahn und hat bei der Einkehr die Wahl zwischen dem Heuberghaus mitten im Wald, dem Spießberghaus und dem Gasthof an der Ebertswiese. Diese ist auch das Ziel der Etappe und weist mit dem höchsten Wasserfall des Thüringer Waldes und dem idyllischen Bergsee, einer erfrischenden Badegelegenheit, weitere Sehenswürdigkeiten auf.
Dritte Etappe – von der Ebertswiese zum Grenzadler
Die Etappe auf einen Blick:
Länge 17,2 Kilometer, Gehzeit 4,5 Stunden, Gesamtanstiege 487, Gesamtgefälle 600 Meter
Am Beginn dieser Teilstrecke wurde erst 2014 das Rennsteig-Haus Neue Ausspanne eröffnet. Es ist nach einem Ort benannt, an dem früher vom anstrengenden Anstieg erschöpfte Pferde ausgewechselt wurden und sich ausruhen konnten. Vom Aussichtsturm Hoher Schorn geht der Ausblick nach Norden auf die Talsperre Schmalwasser und das Städtchen Tambach-Dietharz mit seiner Schiefer- und Fachwerkarchitektur. Im Sommer ist das Gelände ein populärer Picknickplatz.
Am Grenzadler dann, einem Grenzstein mit dem preußischen Staatswappen, ist das Thüringer Wintersportzentrum mit den Wettkampfstrecken der Biathleten und Langläufer erreicht. Noch mehr von den modernen Sportstätten und dem Wettkampfrevier des Olympiastützpunkts sieht, wer den kurzen Weg nach Oberhof weiter bergab geht.
Vierte Etappe – vom Grenzadler bis Allzunah
Die Etappe auf einen Blick:
Länge 19,8 Kilometer, Gehzeit 5,25 Stunden, Gesamtanstiege 510, Gesamtgefälle 430 Meter
Mit dem Rennsteig-Garten kommt ein erster Höhepunkt dieser Etappe gleich an ihrem Anfang. Deutschlands größter botanischer Garten für Gebirgsflora bildet auf über sieben Hektar natürliche Lebensräume detailgetreu nach. Kennenzulernen sind auf etwa 870 Metern Höhe rund 4000 Pflanzenarten aus den Gebirgen Europas, Asiens, Nord- und Südamerikas, Neuseelands und aus der Arktis. Weiter südlich ist zwar der Große Beerberg mit 983 Metern der höchste Gipfel im Thüringer Wald. Doch auf dem fünf Meter niedrigerem benachbarten Schneekopf kommen die Wandernden dank eines Aussichtsturms sogar auf 1001 Meter über dem Meer.
Höchstes Lokal und rustikales Quartier am Rennsteig ist die Suhler Hütte. Am adretten Bahnhof Rennsteig aus dem Jahr 1904 kreuzt der Wanderweg die Rennsteig-Bahn, die über 60 Kilometer den Thüringer Wald zwischen Ilmenau und Themar quert. Sie fungiert als Rennsteig-Shuttle und betreibt nostalgische Dampfzüge. Im Suhler Ortsteil Schmiedefeld hat im Haus Am Hohen Stein das Informationszentrum Biosphärenreservat Thüringer Wald seinen Sitz. Seine Ranger leiten spannende Touren, bei denen es etwa um die Rückkehr von Wolf, Luchs und Wildkatze geht.
Das Waldhotel Rennsteighöhe unterhält ein kleines Bunkermuseum. Zu DDR-Zeiten sollte in diesem Führungsbunker die Bezirkseinsatzleitung Suhl des Ministeriums für Staatssicherheit unterkommen. Allzunah, Ziel der Etappe, war ursprünglich eine Glashütte mit dem Namen Franzhütte. Ihren Namen verdankt sie den Inhabern der Glashütte im benachbarten Ort Stützerbach. Diese fürchteten die Konkurrenz und fanden, die Franzhütte liege allzu nah an der ihren.
Fünfte Etappe – von Allzunah zur Friedrichshöhe
Die Etappe auf einen Blick:
Länge 24,6 Kilometer, Gehzeit 7 Stunden, Gesamtanstiege 583, Gesamtgefälle 626 Meter
Kurz nach dem Abmarsch ist die exakte Mitte des Fernwanderwegs erreicht. Das Rennsteig-Museum in Neustadt am Rennsteig hat eine große Bibliothek mit Literatur über die Route. Im Gesamtgrenzsteinkatalog zum Beispiel sind über 1300 Objekte dokumentiert. Anschaulich sind Exponate aus der regionalen Holzköhlerei, Schachtelmacherei und Glasbläserei. Kurz vor dem Luftkurort Masserberg erinnert das pompöse Fürst-Karl-Günther-Denkmal an den letzten Fürst von Schwarzburg-Sondershausen. Am östlichen Ortsrand bietet der Barfußweg die schöne Abwechslung, sich einmal ohne Wanderstiefel fortzubewegen.
Vom dominanten 33 Meter hohen Turm auf dem Eselsberg gibt es bei gutem Wetter eine fantastische Sicht über den Thüringer Wald nach Süden bis zur Veste Coburg. Am östlichen Berghang liegt das Becken des Pumpspeicherwerks Goldisthal – mit einer Leistung von 1060 Megawatt das größte Wasserkraftwerk Deutschlands. Am Ziel der Etappe, im idyllischen Friedrichshöhe auf dem Kamm des Thüringer Walds, gibt es wieder eine Auswahl an Übernachtungsmöglichkeiten.
Sechste Etappe – von der Friedrichshöhe nach Spechtsbrunn
Die Etappe auf einen Blick:
Länge 22,6 Kilometer, Gehzeit 6,5 Stunden, Gesamtanstiege 473, Gesamtgefälle 360 Meter
In Limbach, kurz nach Beginn dieser Etappe, fällt die kleine neugotische Greiner-Gruft von 1839 auf. Sie erinnert an den Gründer der lokalen Porzellanmanufaktur. Im Ortsteil Bernhardsthal von Neuhaus am Rennweg freuen sich die Wandernden über den erfrischenden Naturbadesee, der zur Hälfte dieses Abschnitts gerade recht kommt. In Neuhaus selbst liegt auf 832 Metern der höchste Bahnhof Thüringens, der von der SüdThüringenBahn im Stundentakt bedient wird.
Komfort in originellen Themenzimmern und Kulinarik auf hohem Niveau bietet das in einem 100 Jahre alten Fachwerkhaus eingerichtete Boutique Hotel Schieferhof. Gegen Ende der Etappe lässt sich die Aussicht vom Frankenwaldblick und vom Triniusblick genießen – Letzterer ist nach einem Wanderschriftsteller benannt. Die schönsten Quartiere im Berggasthof Brand sind die acht aus Holz gebauten "Finnhütten" mitten im Wald. In Spechtsbrunn ist das Etappenziel erreicht.
Siebte Etappe – von Spechtsbrunn nach Brennersgrün
Die Etappe auf einen Blick:
Länge 19,2 Kilometer, Gehzeit 5 Stunden, Gesamtanstiege 317, Gesamtgefälle 333 Meter
Auf dieser Etappe liegen die 13 fränkischen Kilometer des Rennsteigs. Zunächst verlaufen sie durch dichten Wald und über Bergwiesen zur Frankenwaldhütte nahe Kleintettau. Dann geht es immer bergab an der Landstraße zwischen Kleintettau und Steinbach am Wald – zu dieser Originalstrecke gibt es auch eine naturnahe Alternative.
In Steinbach fällt der acht Meter hohe und zweieinhalb Meter breite Glasobelisk aus dem Jahr 2003 auf, der für die lokale Glasindustrie steht. Tagsüber bricht sich an ihm das Sonnenlicht. In der Dunkelheit wird er, von innen beleuchtet, zur blauen Lichtsäule. Die Touristinfo in Steinbach liefert gute Tipps zur Rennsteig-Region im Frankenwald. Durch dichte Wälder verlaufen die letzten Kilometer der achten Etappe entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze. Wieder in Thüringen liegt das Ziel Brennersgrün mit seinen mit Schiefer verkleideten Häusern.
Achte Etappe – von Brennersgrün nach Blankenstein
Die Etappe auf einen Blick:
Länge 21 Kilometer, Gehzeit 6 Stunden, Gesamtanstiege 657, Gesamtgefälle 379 Meter
Der letzte Abschnitt des Rennsteigs führt aus den Wäldern des Thüringer Schiefergebirges ans Ufer der oberen Saale. Rodacherbrunn ist nach der Quelle der Rodach benannt. Beeindruckend, wenn auch nicht mehr in Betrieb, zeigt sich der Steinbruch kurz vor Schlegel. Dort steht als Naturdenkmal der mit 400 Jahren älteste Apfelbaum Thüringens.
Vor dem Ortseingang von Blankenstein, Teil der Gemeinde Rosenthal, sorgt der Rennsteig-Brunnen für Erfrischung. Im Ort lohnt sich ein Besuch im Museum "Rennsteig und Mee(h)r" in der Papierfabrik. Hier geht es um die Industriegeschichte und die innerdeutsche Teilung. An der Brücke über die Selbitz, einem Zufluss der Saale, endet Deutschlands populärster Fernwanderweg. Die Saale fließt zwar erst 200 Meter weiter entfernt, Traditionalisten werfen aber trotzdem den von der Werra mitgebrachten Kieselstein an der Selbitzbrücke wieder ins Wasser.
Weitere Informationen zum Rennsteig finden Sie beim Regionalverbund Thüringer Wald e.V.