EU: So soll das Verbrenner-Aus reformiert werden
Von Thomas Paulsen

Die EU-Kommission hat ihre Pläne zu einer Reform des "Verbrenner-Aus" vorgestellt. Geht es nach ihr, könnten in engem Rahmen auch nach 2035 noch Verbrenner zugelassen werden.
CO₂-Ausstoß bei der Gesamtheit neu zugelassener Fahrzeuge soll bis 2035 nur noch um mindestens 90 Prozent sinken
Grüner Stahl und alternative Kraftstoffe sollen die Lücke schließen
In der EU hergestellte Elektro-Kleinwagen sollen bevorzugt behandelt werden
Die EU-Kommission schlägt Änderungen am sogenannten Verbrenner-Aus vor, damit unter engen Voraussetzungen auch nach 2035 nicht-elektrische Fahrzeuge zugelassen werden können. Nach bisherigem Recht müssen die Hersteller ab 2035 bei neuen Pkw die klimaschädlichen CO₂-Emissionen gegenüber 2021 um 100 Prozent reduzieren. Für neue Verbrenner müssten ab 2035 so hohe Strafzahlungen geleistet werden, dass dies zu einem faktischen Verbrenner-Verbot geführt hätte.
Aus des "Verbrenner-Aus" mit diesen Maßnahmen
Von diesem 100-Prozent-Reduktionsziel nimmt der Entwurf der EU-Kommission Abstand. Künftig sollen nur noch bis zu 90 Prozent CO₂ im Vergleich zum Basisjahr 2021 eingespart werden müssen. Voraussetzung ist, dass die fehlenden 10 Prozent beim CO₂-Ausstoß durch die Verwendung von umweltfreundlichem Stahl und mehr klimafreundlichen Kraftstoffen ausgeglichen werden. Nach Angaben der Kommission können die Ausnahmen für alle Autos gelten, die Hersteller nach 2035 auf den Markt bringen wollen.
ADAC sieht Nachbesserungsbedarf
Der ADAC begrüßt, dass die EU-Kommission von der strengen Flottenregulierung abweichen und eine gewisse Öffnung für andere Technologien ermöglichen will. Mit der Anpassung der Zielwerte könne es möglich werden, neben batterieelektrischen Pkw auch Plug-in-Hybride und Range-Extender (eine Technologie zur Reichweitenverlängerung) oder reine Verbrenner-Pkw nach 2035 zuzulassen. So könne die Vielfalt des Bedarfs von Verbrauchern besser abgedeckt werden.
ADAC Technikpräsident Karsten Schulze: "Autokäufer wollen bei Antrieben und Energien mehr Wahlmöglichkeiten, damit Klimaschutz im Verkehr leichter möglich wird und bezahlbar bleibt. Der Kommissionsvorschlag zeigt die Richtung, nutzt aber den Wettbewerb der Technologien zu wenig." Denn welche technischen Lösungen für mehr Klimaschutz eingesetzt würden, sei sekundär, so Schulze.
Nun müssen sich das Europaparlament und die EU-Staaten mit den Vorschlägen beschäftigen. Sie bewerten die Reform und können Änderungen vornehmen. Beide Institutionen können das Vorhaben also noch abschwächen oder verschärfen. Am Ende ist eine ausreichende Mehrheit in beiden Institutionen erforderlich. Wie lange das Verfahren dauern wird, ist noch unklar.
Zukunft des Verbrenners: Biokraftstoffe und E-Fuels
Künftig sollen durch Biokraftstoffe und E-Fuels Emissionen ausgeglichen werden können. Bereits jetzt wird Biokraftstoff Kraftstoffen beigemischt und Benzin als E10 und Diesel als FAME oder HVO verkauft. Durch höhere Beimischungsquoten von etwa aus organischen Abfällen hergestellten Biokraftstoffen können die CO₂-Emissionen des bestehenden Verkehrs gesenkt werden. Eine besondere Rolle für Autos, die ausschließlich mit klimafreundlich hergestellten E-Fuels betankt werden können, soll es nicht geben.
Der ADAC kritisiert, dass die EU-Kommission stärkere Anreize für alternative Kraftstoffe hätte setzen müssen.
ADAC Technikpräsident Karsten Schulze: "Bei der Anrechnung von bis zu sieben Prozent durch grünen Stahl und bis zu drei Prozent durch erneuerbare Kraftstoffe muss mehr Flexibilität möglich werden. Hier werden erhebliche Chancen vertan." Angesichts der hohen Bedeutung von Biokraftstoffen und E-Fuels für die Dekarbonisierung des Pkw-Bestands sei nicht nachvollziehbar, warum deren Einsatz bei neuen Pkw so eng beschränkt werde.
Dienst- und Firmenwagen sollen grüner werden
Die EU-Kommission will auch Vorgaben machen, wie groß der Teil von klimafreundlichen Fahrzeugen in Dienst- und Firmenwagenflotten je nach Mitgliedsland sein soll. Betroffen sind den Plänen nach Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitenden und mehr als 50 Millionen Euro Umsatz. Die Kommission begründet das damit, dass diese Fahrzeuge viel schneller auf den Gebrauchtwagenmarkt kommen und somit normalen Verbraucherinnen und Verbrauchern zugänglich gemacht werden.
Förderung bezahlbarer E-Autos
Zudem sollen Automobilhersteller von sogenannten Super-Gutschriften für kleine, erschwingliche Elektroautos profitieren können, wenn sie diese in der EU bauen. "Dies wird Anreize für die Markteinführung weiterer kleiner Elektrofahrzeugmodelle schaffen", so die Kommission. Als Größengrenze nannte die Brüsseler Behörde eine Länge von bis zu 4,2 Metern.
Pkw wie der Fiat Grande Panda oder der Dacia Spring Electric würden diesen Vorgaben entsprechen, genau wie der für 2027 angekündigte VW ID.1. Weitere Anreize, die zum Kauf solcher Autos motivieren sollen, können die EU-Mitgliedstaaten und lokale Behörden entwickeln. Der ADAC begrüßt grundsätzlich, dass mit der neuen batterieelektrischen Fahrzeugkategorie (M1E) bezahlbare neue Pkw in den Markt kommen sollen. Da hierfür bei begrenzten Fahrzeugmaßen niedrigere Sicherheitsanforderungen im Gespräch sind, sind die Sicherheitsausstattung und eine Begrenzung der Motorleistung noch zu prüfen.
Mit Material von dpa.