Sicher unterwegs – ohne Ablenkung ans Ziel

Wer ins Auto steigt, sollte gut vorbereitet sein, um sicher ans Ziel zu gelangen – denn Ablenkung am Steuer ist gefährlich. Rund 13 Prozent aller tödlichen Unfälle in Deutschland sind auf Ablenkung zurückzuführen. Dabei lenkt vor allem das Smartphone ab. Aber auch Kinder können vor allem auf längeren Fahrten eine Herausforderung sein.
Martin Sasse, Fahrsicherheitstrainer beim ADAC Württemberg, ist Experte für Verkehrssicherheit und weiß, worauf es ankommt. Als Botschafter der Kampagne "Team Vision Zero" des Ministeriums für Verkehr Baden-Württemberg setzt er sich für null Verkehrstote und Schwerverletzte im Straßenverkehr ein. Im Interview gibt er Tipps, wie Kinder beschäftigt werden können und nennt Fahrassistenzsysteme, die hilfreich sind:
Herr Sasse, Ablenkung am Steuer wird oft mit Alkohol am Steuer verglichen. Ist das gerechtfertigt?
Leider ja. Die Auswirkungen sind sehr ähnlich: Die Reaktionszeit steigt, die Aufmerksamkeit lässt nach, manche fahren sogar Schlangenlinien. Wer bei Tempo 50 nur zwei Sekunden aufs Handy schaut, fährt mehr als 30 Meter blind. Da kann in Sekundenbruchteilen etwas passieren.
In unseren ADAC Fahrsicherheitstrainings lassen wir die Teilnehmenden einen Slalomkurs einmal ohne und einmal mit Smartphone (schreibend oder lesend) fahren. Der Unterschied ist erschreckend – und zeigt, wie gefährlich selbst kurze Ablenkungen sind.
2024 wurden in Baden-Württemberg fast 90.000 Autofahrende mit dem Handy am Steuer erwischt. Was droht ihnen?
Mindestens 100 Euro Bußgeld und ein Punkt in Flensburg. Bei Sachschäden oder Wiederholung droht sogar ein Fahrverbot. Im Ausland kann es noch teurer werden – in den Niederlanden oder Italien sind mehrere Hundert Euro fällig.
„Bei der Autofahrt gilt immer Handy weg am Steuer – auch an der Ampel. Wer bei 50 km/h nur zwei Sekunden unachtsam ist, legt rund 30 Meter im Blindflug zurück.“
Martin Sasse, ADAC Fahrsicherheitstrainer©B8/Pavo Ruch
Kommen wir zum Auto selbst: Viele Fahrzeuge haben heute große Displays mit vielen Funktionen. Fördern diese nicht auch die Ablenkung?
Das ist ein wichtiger Punkt. Für viele Fahrende ist das tatsächlich schon zu viel Information auf einmal. Ich persönlich bin ein großer Fan von Head-up-Displays, bei denen der Fahrer oder die Fahrerin die Blickrichtung beibehalten kann und wichtige Informationen direkt im Sichtfeld angezeigt werden – wie Verkehrszeichen, Geschwindigkeit oder Navigationshilfen.
In Zukunft werden sicher noch mehr hilfreiche Systeme entwickelt. Aber wie der Name schon sagt: Es sind Assistenzsysteme. Die Hauptverantwortung liegt weiterhin beim Fahrer oder der Fahrerin.
Welche Fahrassistenzsysteme können dabei helfen, Ablenkung zu kompensieren?
Spurhalteassistenten sind meiner Meinung nach wirklich sinnvoll. Falls Fahrende doch mal in die Ablenkungsfalle tappen und der Blick von der Straße schweift, warnt dieses System mit einem akustischen Signal oder lenkt das Auto eigenständig wieder zurück auf die Spur. Auch der Notbremsassistent kann Leben retten – zum Beispiel, wenn der Verkehr plötzlich zum Erliegen kommt und der Fahrer oder die Fahrerin unaufmerksam ist. Das System reagiert dann automatisch und bremst ab.
Sind diese Systeme wirklich zuverlässig?
Die Technik ist inzwischen sehr ausgereift, aber die Aufmerksamkeit gehört trotzdem immer auf die Straße. Die Systeme sind nur für den Notfall gedacht und nicht dazu da, während der Fahrt anderen Dingen nachzugehen.
Manchmal fehlt auch die Akzeptanz: Manche Fahrende finden, dass die Systeme zu früh anspringen und schalten sie ab. Dabei sind moderne Bremsassistenten sehr intelligent – sie bremsen je nach Geschwindigkeit und Gefahrensituation mal sanft an oder leiten eine Vollbremsung ein.
Das Land möchte die Anzahl der Verkehrstoten bis 2030 um 60 Prozent gegenüber 2010 reduzieren. Waren es 2010 noch 494 Getötete, konnte die Zahl 2024 auf 340 reduziert werden.
2019 hat das Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg seine mehrjährige Verkehrssicherheitskampagne gestartet. Seit 2023 wirbt die Kampagne unter dem Aktionsmotto „Team Vision Zero“ verstärkt bei jungen und alten Menschen. Diese sollen gemeinsam am Ziel von null Verkehrstoten und Schwerverletzten im Straßenverkehr – der Vision Zero – mitarbeiten. Die Kampagne macht auf wichtige Sicherheitsthemen aufmerksam, klärt über Fakten auf und gibt konkrete Tipps für Verhaltensänderungen.
Weitere Informationen zur Kampagne: www.team-vision-zero.de
Ein großes Thema sind auch quengelnde Kinder auf langen Fahrten. Was empfehlen Sie Eltern?
Das ist tatsächlich ein riesiges Ablenkungsrisiko. Meine Empfehlungen hängen von der Situation ab: Bei einem einzelnen Kind empfehle ich, dass der Beifahrer oder die Beifahrerin sich nach hinten zum Kind setzt und mit ihm spielt, redet oder sonst irgendwie beschäftigt. Bei zwei Kindern funktionieren gemeinsame Spiele, wie zum Beispiel Kartenspiele, gut.
Sollte kein Beifahrer oder Beifahrerin an Bord sein, kann das Kind auf dem Beifahrersitz und Sie können ihm dann beispielsweise Verkehrsschilder und -regeln erklären. Tablets an der Rückenlehne sind mit Vorsicht einzusetzen: Durch das Schaukeln des Autos und dem gleichzeitig statischen Bildschirm wird vielen Kindern schlecht.
Was sind Ihre wichtigsten Tipps für eine ablenkungsfreie Fahrt?
Um Ablenkungen zu vermeiden, gibt es ein paar ganz einfache Maßnahmen, die nicht nur für die Urlaubsfahrt
gelten:
Smartphone in den Fokus-Modus schalten und außer Reichweite verstauen
Navigation und Musik bereits vor Fahrtbeginn einstellen
Bei längeren Fahrten regelmäßige Pausen einlegen, um Nachrichten zu checken
Als Beifahrerin oder Beifahrer: Den Fahrer oder die Fahrerin nicht ablenken und bei Bedarf beim Navigieren unterstützen.
Und vor allem: Mit Spaß und voller Aufmerksamkeit fahren – dann beginnt der Urlaub schon auf der Straße.
