Rallye in Zentral-Europa: Vollgas Einblick ins Cockpit

Vom 26. bis 29. Oktober 2023 feierte die Central European Rally (CER) Premiere. Mit ihr kommt ein brandneuer WM-Lauf der FIA World Rally Championship – und damit ein Motorsportereignis der Extraklasse – nach Niederbayern. Vier Tage lang haben sich die Rallye-Größen auf dem Asphalt in Deutschland, Tschechien und Österreich gemessen. Rallyeteams aus der ganzen Welt kämpften dafür um Sekundenbruchteile.
Ein Schnuppertag im Rallye-Fahrzeug
Doch wie wird man eigentlich Rallye-Fahrer oder auch Co-Pilot? Und was steckt an Können hinter diesem Sport? BR-Reporter Christian Riedl wollte es wissen und hat sich auf dem ADAC Fahrsicherheitszentrum in Regensburg einen Tag lang in die Hände von Rallye-Pilot Christian Allkofer und seiner Lebensgefährtin und Co-Pilotin Kathrin Götzenberger begeben.
Wir haben alle Beteiligten nach der „kleinen Rallye-Schule“ interviewt:
Christian Riedl, Sie hatten heute die außergewöhnliche Gelegenheit in einem Ford Fiesta Rally2, einem echten Weltmeisterschafts-Auto, als Co-Pilot mitzufahren. Wie war dieses Erlebnis, wie waren vor allem die ersten Sekunden, als Ihr Namenskollege Christian Allkofer aufs Gaspedal gedrückt hat?
Riedl: Das Gefühl der ersten Sekunden kann man nicht mit Worten beschreiben. Es geht direkt mit einem Affenzahn los. Zunächst geradeaus, das ist noch okay, doch eh man sich versieht kommt die erste Kurve. Dann geht das Auto gefühlt wie im Zickzack um die Kurven – 90 Grad links, 90 Grad rechts. Der Kopf wird nur noch hin- und hergeworfen. Man verliert irgendwann die Orientierung. Wie man hier als echter Co-Pilot tatsächlich ein Roadbook lesen kann, bleibt mir nach dem heutigen Tag noch ein Rätsel. Das ist eine gigantische Leistung. Eine beeindruckende Angelegenheit – ein beeindruckender Sport.
Nach einer Pause haben Sie einen Seitenwechsel gemacht und haben in einem kleineren Einsteigerauto den Fahrersitz eingenommen. Wie war das Gefühl hinter dem Steuer?
Riedl: Es war ein beeindruckendes Gefühl, wie diese Autos um die Kurven gehen, wie direkt sie sind. Das lässt sich nicht mit einem Straßenfahrzeug vergleichen und sollte man natürlich auch niemals mit einem Straßenfahrzeug ausprobieren. Aber hier unter gesicherten Bedingungen auf einem Gelände, wo nichts passieren kann, das einmal auszutesten, war ein einmaliges Erlebnis. Ich bin garantiert nicht an die Grenzen gegangen. Von außen betrachtet hat es wahrscheinlich so ausgehen, als wäre ich im Schleichtempo entlanggefahren. Hinter dem Steuer hat sich das aber schon ziemlich flott angefühlt und war richtig Arbeit. Was da von den Teilnehmern in den Top-Leagues geleistet wird – was generell von jedem Rallye-Fahrer geleistet wird – ist bemerkenswert.
Nach dem Schnuppertag auf dem linken und dem rechten Sitz: Rallye-Fahrer oder Co-Pilot, was ist schwieriger?
Riedl: Ich glaube, es gibt kein schwieriger, beides ist gleich schwer. Und das ist auch meine entscheidende Erkenntnis des Tages: Die Leistungen, die sowohl die Fahrer als auch die Beifahrer in den Autos vollbringen, ist gigantisch. Das kann man von außen nicht wahrnehmen und sich nicht vorstellen. Es ist auch dann, wenn man es selbst erlebt hat, schwer zu beschreiben. Die Power, die da drinsteckt, die Energie, die da zurückkommt – einfach gewaltig!
Der heutige Rallye-Schnuppertag hatte natürlich wenig mit den realen Bedingungen zu tun. Christian Allkofer, wie steigt man wirklich ins Rallye-Business ein, wie haben Sie selbst Ihre Rallye-Karriere gestartet?
Allkofer: Eigentlich fängt man schon in jungen Jahren mit dem Jugend-Kartslalom an. Das habe ich allerdings ausgelassen, zu dem Zeitpunkt hatte ich einfach andere Interessen. Weiter geht es dann mit dem Slalom. Das war auch für mich der Einstieg. Als ich 16 war durfte ich Slalom Einsteiger fahren. Und mit 18 und dem Führerschein in der Tasche habe ich dann mit dem Rallye-Fahren angefangen. Das ist der klassische Weg, aber man kann natürlich auch als Späteinsteiger zum Rallye-Sport kommen. Das Beste ist, man sucht sich einen Verein in der Umgebung. Da gibt es genügend ADAC Motorsport-Ortsclubs. Da lernt man die Leute kennen, fährt mit denen zu Veranstaltungen, schaut sich alles an und wird an die Hand genommen. Denn so ganz als Frischling einzusteigen, wenn man keine Ahnung hat, ist schwierig und nicht ratsam.
Und wie sieht es auf dem Beifahrersitz aus? Wie lange dauert es, bis man ein guter Co-Pilot wird, wie hat das bei Ihnen alles angefangen, Kathrin Götzenberger?
Götzenberger: Ich bin auch klassisch über den Jugend-Kartslalom zum Motorsport gekommen. Dann Slalom Einsteiger. Ich habe es dann aber aufgegeben und mein Talent eher auf der rechten Seite gefunden. Heute überlasse ich das Fahren lieber dem Christian. Wir sind heute privat und im Cockpit ein eingeschworenes Team. Wenn man als Fahrer-Beifahrer-Team neu anfängt, dann dauert es aber mindestens eine Saison, vielleicht auch zwei, bis man gut abgestimmt ist und sich blind vertrauen kann. Es war daher auch für mich heute eine spannende Angelegenheit, mit einem Neuling hinterm Steuer unterwegs zu sein.
Christian Allkofer, Sie sind bereits ein erfahrener Rallye-Fahrer, welche Eigenschaften sollte man aus Ihrer Sicht mitbringen, damit man das Potenzial zum guten Rallye-Fahrer hat?
Allkofer: Das Wichtigste ist Freude an dem, was man macht. Ohne Spaß an der Sache wird auch der Talentierteste nicht erfolgreich. Danach Gespür für Geschwindigkeit und eine gewisse Faszination für Technik und Sport, dann ist man schon ganz vorne mit dabei für den Anfang. Auch finanzielle Aspekte spielen aber eine Rolle, der Rallye-Sport geht durchaus ins Geld.
Hat Ihr heutiger Schützling denn echtes Rallye-Potenzial und wie war es für Sie, heute in die Schuhe des Rallye-Lehrers zu schlüpfen?
Allkofer: Es hat Spaß gemacht. Christian und ich haben uns auch direkt gut verstanden. Man hat gemerkt, dass er Interesse für den Sport mitbringt, was einfach wichtig ist. Dann kann man Grundlagen erklären und mitgeben, worauf es ankommt – und den Rest muss natürlich die Zeit bringen. Rallye-Fahrer wird man nicht über Nacht. Aller Anfang ist schwer. Aber ich glaube, dass Christian das schon hinbekommen würde. Und er wäre auch ein Typ, bei dem es mich echt freuen würde, wenn er tatsächlich einmal Rallye fahren würde.
Und ist auch beim Schüler der Funke Faszination für den Motorsport übergesprungen?
Riedl: Ich muss gestehen, ich bin von vornherein motorsportbegeistert. Vielleicht nicht der allergrößte Fan. Ich sehe auch die Kritik, die auf den Motorsport einprasselt. Aber ich bin ganz generell ein Sport-Fan und habe ein großes Faible für Sportler und das, was sie leisten. Das gilt auch für Motorsportler. Das ist nicht nur ein bisschen Autofahren. Bei dem, was da am Lenkrad und auf dem Beifahrersitz passiert, da gehört viel mehr dazu. Ich bin sehr froh, dass ich das heute so miterleben durfte, was im Cockpit geleistet wird. Das ist Hochleistungssport!
Echte Höchstleistungen dürfen wir auch bei der Central European Rally im Herbst erwarten. Christian und Katrin, Sie beide wollen mitfahren, was nehmen Sie sich vor?
Allkofer & Götzenberger: Im Moment ist unsere Teilnahme noch nicht sicher. Wir arbeiten noch an den Sponsoren. Das ist ein großer Lauf, den stemmt man finanziell nicht mehr einfach selbst. Aber wenn wir das Budget zusammenbekommen, dann wollen wir natürlich fahren. Und dann geht es uns vor allem darum, dabei zu sein und Spaß zu haben. Da fahren ganz erfolgreiche WM-Starter mit und es wäre falsch zu glauben, wir könnten vorne mitspielen. Einfach mitfahren, Spaß haben – so gehen wir da ran.
Christian Riedl, als Journalist kennen Sie die Region bestens und sind im Austausch mit den unterschiedlichsten Personen. Die CER bei uns in der Region, sehen Sie das als Chance oder Risiko?
Riedl: Chance und Risiko zugleich. Man muss natürlich abwägen. Motorsport hat Risiken, hat auch Kritik. Der muss man sich stellen. Muss in den Austausch gehen, offen diskutieren, Argumente anhören, dann eine Entscheidung treffen und das Beste daraus machen. Jetzt kommt der WRC-Lauf. Ich persönlich als motorsportbegeisterter Mensch freue mich drüber. Ich bin gespannt, die Größen des Rallye-Sports live zu erleben und denke, die CER kann für die Region ein gigantischer Werbeträger sein.
Filmische Einblicke zum Schnuppertag im Rallye-Fahrzeug gibt es im Oktober beim BR. Ein genauer Sendehinweis wird zu gegebener Zeit hier nachgereicht.