ADAC Sommerempfang 2024: Hoher Besuch in der Ridlerstraße
Sind Nachhaltigkeit und Wohlstand vereinbar? Dieser Frage ging Prof. Dr. Dr. Clemens Fuest, Präsident des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung, beim Sommerempfang des ADAC Südbayern auf den Grund. Wir fassen die wichtigsten Gedanken und Thesen des renommierten Wissenschaftlers zusammen.
Rund 70 Gäste aus Wirtschaft, Politik und Presse folgten der Einladung des ADAC Südbayern und kamen am 16. Juli 2024 zum Sommerempfang ins Clubhaus nach München. Bei der Veranstaltung stand ein brisantes und hochaktuelles Thema im Mittelpunkt: "Sind Nachhaltigkeit und Wohlstand vereinbar?" Prof. Dr. Dr. Clemens Fuest, renommierter Ökonom und Präsident des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung, lieferte in einem umfangreichen Vortrag fundierte Einsichten, die zeigen, dass Nachhaltigkeit und (wirtschaftlicher) Wohlstand vereinbar sind, wir unsere Bemühungen im Bereich Nachhaltigkeit jedoch deutlich verstärken und verändern müssen.
Nachhaltigkeit: Nicht nur gut fürs Klima, sondern auch für die Wirtschaft
Nachhaltigkeit voranzutreiben ist dabei nicht nur wichtig für den Klimaschutz. Fuest betonte, dass langfristig sonst auch unsere wirtschaftlichen Grundlagen beeinträchtigt werden. Der Klimawandel und die Zunahme extremer Wetterereignisse sind gute Beispiele. Irgendwann werden die Kosten für Klima bedingte Schäden und Anpassungen so hoch, dass wirtschaftliches Wachstum ohne Nachhaltigkeit nicht mehr funktioniert. Dies verdeutlicht: Wirtschaft und Nachhaltigkeit sind zwei Seiten derselben Medaille. So herausfordernd das Thema auch sein mag, sich nicht mit Nachhaltigkeit zu beschäftigen ist damit keine Alternative.
Die globale Perspektive und die Rolle Deutschlands
Da CO2 seit Jahrhunderten emittiert wird und in der Atmosphäre verbleibt, ist eine Reduktion dieser Emission in der heutigen Zeit unerlässlich: Deutschland hat es bereits geschafft, dass die CO2-Emissionen seit den 70ern nicht mehr weiter steigen. Ähnliches gilt für Europa. Ganz anders stellt sich die Situation jedoch in China und in Schwellenländern dar, die sehr viele Treibhausgase emittieren. Die Errungenschaften Deutschlands und Europas, so wichtig sie auch sind, sind im globalen Maßstab betrachtet nur marginal. Ziel muss es daher sein, emissionsfreie Technologien zu entwickeln und diese global zu etablieren. So warnte Fuest auch davor, sämtliche Ressourcen nur in die Dekarbonisierung zu stecken, während der Rest der Welt weiterhin die Temperaturen in die Höhe treibt. Vielmehr sind neben der Dekarbonisierung massive Investitionen in die Anpassung an den Klimawandel notwendig. Dazu zählen etwa Hochwasserschutz, klimafreundliche Bauten und eine angepasste Landwirtschaft.
Der Verkehrssektor – Klimasünder oder Wirtschaftsmotor?
Anlässlich des Sommerempfangs des Automobilclubs äußerte Fuest sich selbstverständlich auch dezidiert zum Verkehrssektor. Er betonte, Mobilität beeinflusst die Lebensqualität und die wirtschaftliche Produktivität maßgeblich. Wird die Verkehrsinfrastruktur unterbrochen, führt dies zu erheblichen wirtschaftlichen Verlusten. Der Erhalt und Ausbau der Verkehrsinfrastruktur sind daher entscheidend für die wirtschaftliche Stabilität. Deutschland hat hier einen großen Sanierungsstau aufzuholen, was jedoch sinnvoll und mit Bedacht erfolgen muss.
Den Verkehrssektor – der die Klimaschutzziele nicht erreicht – pauschal an den Pranger zu stellen, ist daher zu kurz gedacht. Fuest appelliert im Bereich der Dekarbonisierung des Verkehrssektors für ein bedachtes Vorgehen. Um die wirtschaftliche Kraft des Landes nicht zu schwächen, sei es sinnvoll, ganzheitliche Maßnahmen zu treffen – vom Ausbau der Ladeinfrastruktur bis zur CO2-Bepreisung. Vielversprechend ist hier ein sektorübergreifender Emissionshandel. Statt für einzelne Sektoren dezidierte Vorgaben zu machen, stellt ein solches System sicher, dass CO2 dort eingespart wird, wo es am kostengünstigsten ist. Den Regeln der Marktwirtschaft folgend, werden teure Einsparungen vermieden und stattdessen Emissionsrechte gehandelt. Gelingt ein solches ganzheitliches Vorgehen, wäre dies aus seiner Sicht eine deutlich sinnvollere Förderung der E-Mobilität als ein reines Verbrennerverbot oder höhere Zölle auf den Import von E-Autos.
Ein Ziel, viele Handlungsfelder und reger Diskussionsbedarf
Prof. Dr. Dr. Fuest machte deutlich, dass Nachhaltigkeit und Wohlstand untrennbar miteinander verbunden sind und dass die Erreichung beider Ziele vor allem durch intelligente, koordinierte Maßnahmen und erhebliche Investitionen möglich ist.
Wie sehr das Thema und seine Ausführungen den Nerv der geladenen Gäste getroffen hat, zeigte sich im Anschluss. Beim nachfolgenden Get-Together, mit dem der Abend ausklang, gab es kaum ein Gespräch unter den Anwesenden, das nicht die Thesen und Gedanken des Ökonomen wieder aufgriff. Dies zeigt auch, welch exponierte Stellung die Mobilität im alltäglichen Diskurs hat. Denn egal ob zu Fuß, mit dem Auto, per Bahn oder mit dem Rad: Verkehrspolitik betrifft alle Menschen auf der ganzen Welt.
Zur Gesamtaufzeichnung der Veranstaltung
Einen Mitschnitt der Veranstaltung finden Sie hier.