Karriere-Turbo: Claire Schönborn erobert die Berg- und Rallye-Szene
![Claire Schönborn behauptet sich in mehreren Motorsport-Disziplinen. Claire Schönborn behauptet sich in mehreren Motorsport-Disziplinen.](https://assets.adac.de/image/upload/ar_16:9,c_fill,f_auto,g_auto,q_auto:eco,w_1500/v1/ADAC-Regionalclubs/Suedbayern/Bilder/News/Interview%20Sch%C3%B6nborn/FIA_Motorsport_Games_1_r7mkyq.jpeg,https://assets.adac.de/image/upload/ar_16:9,c_fill,f_auto,g_auto,q_auto:eco,w_1500/v1/ADAC-Regionalclubs/Suedbayern/Bilder/News/Interview%20Sch%C3%B6nborn/FIA_Motorsport_Games_1_r7mkyq.webp)
Claire Schönborn triumphierte 2024 sowohl im KW Berg-Cup als auch bei der Central European Rally. Als eine von nur noch zwei verbliebenen Frauen in einem Förderprogramm kämpft sie um ein Ticket für die Junior WRC. Ihr Erfolg ist das Ergebnis von Ehrgeiz, Erfahrung und Verständnis von Technik.
Claire Schönborn erlebte in diesem Herbst in Südbayern die Highlights ihrer bisherigen Karriere: Beim ADAC Bergrennen Mickhausen entschied die 25-Jährige aus Rheinland-Pfalz die Gesamtwertung des KW Berg-Cups als erste Rennfahrerin für sich. Bei der Central European Rally (CER) erreichte sie ebenfalls einen wichtigen Meilenstein. Sie stellte bei der Förderung “Beyond Rally Women's Driver Development Programme” ihr Können unter Beweis. Den Gewinn, die Teilnahme an der Junioren-Wertung der FIA Rallye-Weltmeisterschaft in diesem Jahr, hat sie noch nicht in der Tasche. Darum geht es bei der Schweden Rallye, bei der sie sich mit ihrer einzig verbliebenen Gegnerin duelliert.
Interview mit Claire Schönborn
In der abgelaufenen Saison hast du bei der Central European Rally deine Premiere in der WRC gemeistert und als erste Frau die Gesamtwertung im KW Berg-Cup gewonnen. War das die perfekte Saison für dich?
Ja, absolut. Die Saison 2024 war das Highlight meiner bisherigen Motorsportkarriere, obwohl ich das am Anfang niemals gedacht hätte. Denn der Saisonstart war alles andere als perfekt und einfach. Mit einem technischen Defekt musste ich den Saisonauftakt im KW Berg-Cup leider vorzeitig beenden. Deswegen bin ich umso glücklicher, wie alles am Ende verlaufen ist und mit dem Gewinn des Berg-Cups und der Qualifikation zur finalen Runde im Beyond-Rally-Programm bin ich sehr stolz und hoffe, dass sich die Saison 2025 so anschließt, wie 2024 zu Ende ging.
Im Bergsport bist du ja schon länger aktiv. Wie kam es dazu, dass du auch das Rallyefahren ausprobiert hast?
Ich bin durch meine Eltern zum Motorsport gekommen und bei Bergrennen aufgewachsen. Mein Traum war es schon immer, mit unserem Golf zu starten. Dieser Traum ging 2022 endlich in Erfüllung. Allerdings hat mich der Rallyesport schon immer fasziniert. Nur war diese Faszination leider finanziell nicht darstellbar, wodurch ich es bis dato nicht ausprobieren konnte. 2022 konnten Marcel Hellberg und ich die FIA Motorsport Games auf einem Rallyeauto vom ADAC Opel Electric Rally Cup gewinnen und dieses Jahr hat Opel mich zu einem Gaststart bei der Rallye Stemweder Berg eingeladen. Das war die Chance, mich im Rallyesport auszuprobieren. Und was soll ich sagen: Mir hat es sehr, sehr gut gefallen. Das Beyond-Rally-Programm des WRC Promoters wurde dieses Jahr neu ins Leben gerufen und so stand es sehr schnell fest, dass ich mich dort bewerben werde. Denn dieses Programm ist die einzige Chance, dass ich diesen Sport betreiben kann.
Bei deiner Rallye-Premiere war Lisa Kiefer deine Beifahrerin, die ja als langjährige Beifahrerin von Raffael Sulzinger auch Verbindungen zum ADAC Südbayern hat. Wie kam es dazu, dass ihr gemeinsam gefahren seid?
Lisa kenne ich schon länger, da wir schon gemeinsam Autoslalom gefahren sind. Lisa war die Erste, die mir in den Sinn kam, als die Frage nach einem Beifahrer aufkam. Sie hatte bereits im Opel Electric Rally Cup teilgenommen und sehr viel Erfahrung in anderen Serien und Fahrzeugen. Lisa konnte mir sehr viel zeigen und beibringen und wir konnten unsere erste Rallye sehr gut beenden.
![](https://assets.adac.de/image/upload/ar_16:9,c_fill,f_auto,g_auto,q_auto:eco,w_1500/v1/ADAC-Regionalclubs/Suedbayern/Bilder/News/Interview%20Sch%C3%B6nborn/ADAC_Opel_Electric_Rally_Cup_qbdb6o.jpeg,https://assets.adac.de/image/upload/ar_16:9,c_fill,f_auto,g_auto,q_auto:eco,w_1500/v1/ADAC-Regionalclubs/Suedbayern/Bilder/News/Interview%20Sch%C3%B6nborn/ADAC_Opel_Electric_Rally_Cup_qbdb6o.webp)
Du hast vor der CER lediglich zwei Rallyes bestritten. Wie verlief die Aufnahme in das Beyond-Rally-Women's-Programm?
Die Sichtung des Beyond Rally Programmes war in Polen bei M-Sport. Hier waren drei Tage lang verschiedene Module, wie beispielsweise Fitness, Medienarbeit, handwerkliche Fähigkeiten und natürlich auch Fahren auf Asphalt und Schotter gefragt. Aus diesen Modulen wurde ein Punktesystem entwickelt, um uns zu bewerten. Ich bin ehrlich, ich habe mir keine großen Hoffnungen gemacht. Denn bei der Sichtung waren Teilnehmerinnen, die schon seit mehr als fünf Jahren Rallye fahren und teilweise auch in der Europameisterschaft unterwegs sind. Ich hingegen bin bis dato eine einzige Rally gefahren und dazu noch nie auf Schotter. Als dann am dritten Tag bei der Verkündung mein Name zur Qualifikation zur CER gefallen ist, konnte ich das Ganze gar nicht richtig realisieren. Ich bin dem WRC Promoter sehr dankbar für diese Chance, die er mir gegeben hat.
Wie hast du dich auf die CER vorbereitet?
Da ich nur die Rally Stemweder Berg gefahren habe und somit meine zweite Rallye ein WM-Lauf gewesen wäre, habe ich mich auf die Suche nach Sponsoren gemacht, um noch eine Rallye vor der CER fahren zu können. Glücklicherweise hat alles funktioniert und somit konnte ich gemeinsam mit meiner Beifahrerin Jara Hain und PSH Motorsport die Herbst Rallye in Österreich direkt eine Woche vor der CER fahren. Das war die perfekte Vorbereitung, denn die Witterungsbedingungen waren ähnlich wie bei der CER. Hier konnte ich sehr viel lernen in Bezug auf Aufschrieb und natürlich wichtige Kilometer sammeln, wo die Konkurrentinnen voraus waren.
Du hast bei der Rallye Schweden nochmal die Chance, dich im WRC-Feld zu beweisen und eine Wildcard für die Junior WRC zu gewinnen. Bestreitest du bis dahin noch Rallyes auf Eis und Schnee, um Erfahrungen zu sammeln?
Das hoffe ich! Leider ist das sehr kostspielig, da ich eine Rallyeteilnahme vorher selber organisieren und bezahlen muss. Deswegen bin ich aktuell noch auf der Suche nach Sponsoren. Ich hoffe, dass es klappen wird. Denn Schnee und Eis ist nochmal eine ganz andere Hausnummer.
![](https://assets.adac.de/image/upload/ar_16:9,c_fill,f_auto,g_auto,q_auto:eco,w_1500/v1/ADAC-Regionalclubs/Suedbayern/Bilder/News/Interview%20Sch%C3%B6nborn/CER_exkbyx.jpeg,https://assets.adac.de/image/upload/ar_16:9,c_fill,f_auto,g_auto,q_auto:eco,w_1500/v1/ADAC-Regionalclubs/Suedbayern/Bilder/News/Interview%20Sch%C3%B6nborn/CER_exkbyx.webp)
Du hast in diesem Jahr auch wieder für Deutschland an den FIA Motorsport Games in Valencia im Autoslalom teilgenommen. Dort warst du nach den ersten Trainings überhaupt nicht zufrieden mit dem ungewohnten Fahrzeug und dem Parcours. Am Ende bist du jedoch in all deinen Heats die Bestzeiten gefahren – zum Teil mit einem deutlichen Vorsprung. Kannst du dich schnell auf neue Situationen einstellen?
Ich würde schon sagen, dass ich mich recht schnell auf neue Situationen und Gegebenheiten einstellen kann. Sonst hätte das mit dem Rallyefahren auch nicht auf Anhieb so gut funktioniert. Deswegen bin ich sehr gespannt, wie die Schweden Rallye verlaufen wird, da Lyssia (Baudet, weitere Teilnehmerin am Beyond-Rally-Programm, Anm. d. R.) und ich beide von null auf anfangen. Bei den FIA Motorsport Games hat der Umstieg von Heat zu Heat besser funktioniert. Ich glaube, da hilft mir mein Job auch sehr, da ich hier auch in vielen verschiedenen Fahrzeugmodellen unterwegs bin.
Motorsport nimmt in deinem Leben einen großen Stellenwert ein. Du bist nicht nur Fahrerin, sondern auch Ingenieurin. Was war bei dir zuerst da: das Interesse am Fahren oder das Interesse an der Technik?
Von klein auf bin ich im Motorsport unterwegs und habe bei meinem Papa auf dem Schoß gesessen und wir sind ein paar Runden mit dem Kart gefahren. Deswegen war meine erste Liebe das Fahren. Im Jugendalter durfte ich an unserem Rennauto mitschrauben und da entstand das große Interesse an Technik. Ich kannte die fahrerische Seite, aber nicht die komplette Technik dahinter, wieso man jetzt genau mit diesem Fahrstil schnell ist. Deswegen habe ich mich recht schnell und klar für das Fahrzeugtechnikstudium entschieden.
Was machst du als Ingenieurin genau? Du bist ja auch außerhalb der Motorsportsaison beruflich viel unterwegs.
Ich bin hauptberuflich als System Engineer bei der ZF Active Safety GmbH in Koblenz in der Applikation tätig. Ich entwickle und appliziere dort verschiedene Fahrzeuge im Bereich ESP. Das bedeutet, dass ich viel im Fahrzeug sitze und auf Teststrecken weltweit unterwegs bin, um das System bestmöglich für den Endkunden zu entwickeln und abzustimmen. Ich habe versucht, meine Leidenschaft des Fahrens und der Technik zum Beruf zu machen. Nebenbei bin ich selbstständig als Renningenieur auf der Rundstrecke unter anderem in der Nürburgring Langstrecken Serie und im Porsche Sports Cup. Irgendwie muss ich mir ja auch meinen eigenen Motorsport finanzieren. Deswegen bin ich immer sehr viel unterwegs – hauptberuflich oder nebenberuflich.
![](https://assets.adac.de/image/upload/ar_16:9,c_fill,f_auto,g_auto,q_auto:eco,w_1500/v1/ADAC-Regionalclubs/Suedbayern/Bilder/News/Interview%20Sch%C3%B6nborn/Ingenieur_1_c7auit.jpeg,https://assets.adac.de/image/upload/ar_16:9,c_fill,f_auto,g_auto,q_auto:eco,w_1500/v1/ADAC-Regionalclubs/Suedbayern/Bilder/News/Interview%20Sch%C3%B6nborn/Ingenieur_1_c7auit.webp)
Sicherlich ist es für dich eine Hilfe, beide Seiten zu kennen. In welchen Situationen profitierst du vom Know-how aus dem anderen Bereich?
Ja definitiv! Ich glaube, dass das auch ein Schlüssel ist, weshalb ich mich schnell von Fahrzeug zu Fahrzeug umstellen kann. Gerade im Rallyebereich hat mir das sehr weitergeholfen. Beispielsweise waren bei der CER sehr schnelle Passagen dabei. Dort habe ich teilweise auf dem Gas stehend kurz und leicht die Bremse angelegt und damit die Radlasten nach vorne geschoben, um so mehr Druck auf der Vorderachse zu generieren, damit das Auto nicht so viel untersteuert.
Weißt du schon, wie dein Motorsportprogramm 2025 aussieht?
Das weiß ich aktuell leider noch nicht, da das Ganze vom Ausgang der Rallye Schweden abhängig ist. Ich hoffe aber sehr auf die Junior WRC.
Was sind deine langfristigen Ziele im Motorsport?
Ich hoffe sehr, dass dieser Weg, den ich jetzt gerade beschreite, so weitergeht und somit in den Profisport geht. Das wäre ein großer Traum, Motorsport beruflich zu machen. Ich sehe das ganze aber sehr realistisch. Deswegen mal abwarten, was noch alles passiert und wie weit der Weg führen wird.