ADAC Kampagne #handyweg gegen Ablenkung am Steuer
Der ADAC Nordrhein hat unter dem Motto #handyweg – Dein Leben: Mehr als eine Story. eine Kampagne gegen Handyablenkung am Steuer gestartet. Zielgruppe sind vor allem junge Erwachsene im Alter von 16 bis 24 Jahren. Im Mittelpunkt steht ein emotionales Video mit Influencerin Kati Karenina aus Köln (121.000 Abonnenten auf YouTube und 294.000 Follower auf Instagram), an dessen Ende sie selbst die schlimme Folgen von Handynutzung während der Autofahrt erfährt.
„Wenn man drei Sekunden aufs Handy guckt, eins, zwei, drei, während man 50 km/h fährt, also eine sehr normale Geschwindigkeit innerhalb der Stadt, dann ist man 42 Meter gefahren, ohne auf die Straße zu gucken. Und jetzt überlegt mal, wie lang 42 Meter sind und was auf 42 Metern passieren kann. Fahrt kurz ran, wenn Ihr irgendwas dringend machen müsst! Und alles andere kann die paar Minuten bis Ihr an Eurem Ziel seid immer warten. Das muss warten können!“
Kati Karenina, Influencerin©ADAC Nordrhein
Das Video wird nicht nur via Social Media verbreitet, sondern auch in 1000 Partnerfahrschulen des Regionalclubs gezeigt und erreicht damit ca. 100.000 Führerscheinanwärter pro Jahr. Weitere Regionalclubs des ADAC (z.B. Südbayern, Württemberg, Nordbaden, Südbaden) und der ADAC e.V. nutzen den Clip ebenfalls für ihre Verkehrssicherheitsarbeit.
„Gerade bei Jugendlichen ist das Handy aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken. Der Wunsch nach ständiger Erreichbarkeit und die Angst, etwas zu verpassen, verleiten dazu, dann auch im Auto ‚online‘ zu sein und sich mit dem Handy zu beschäftigen“, betonte Andrea Schmitz, Vorstand des ADAC Nordrhein. "Wer bei einer Geschwindigkeit von 50 km/h aber nur zwei Sekunden lang unachtsam ist, legt schon 28 Meter im totalen Blindflug zurück."
Appelle mit erhobenem Zeigefinger sind bei der Generation Z, die von Kindesbeinen an mit digitalen Technologien aufgewachsen ist, wenig erfolgversprechend und nicht nachhaltig. Der ADAC Nordrhein setzt deshalb auf das Format Video/Bewegtbild und holt die Jugendlichen gemeinsam mit einer Influencerin auf emotionaler Ebene dort ab, wo sie sich aufhalten – „online“ auf Social-Media-Kanälen wie Instagram und YouTube und offline in der Fahrschule während der Führerscheinausbildung.
Anders als bei Menschen im fortgeschrittenen Erwachsenenalter geht es nicht darum, die Handynutzung am Steuer wieder abzugewöhnen. Das Ziel: Wenn die Fahrschüler ihren Führerschein in der Tasche haben, sollen sie sich gar nicht erst angewöhnen, auch am Steuer (wie selbstverständlich) das Handy zu nutzen.
Über die Social-Media-Kanäle von Influencerin Kati Karenina (Instagram, YouTube, Twitter), des ADAC Nordrhein (Facebook, Instagram) und ADAC e.V. (YouTube, Facebook) erreichte das #handyweg-Video bisher mehr als 250.000 Personen.
Auch TV-Sender sind auf die Kampagne aufmerksam geworden. Sequenzen des Videos liefen unter anderem bereits in der ARD-Sendung „Hirschhausens Quiz des Menschen“ (29.8.2020) sowie in verschiedenen Beiträgen von WDR, RTL West und Sat1.NRW.
#handyweg: Botschaft gegen die Handynutzung bei Fahrt im Auto
Im Rahmen einer Medienpartnerschaft mit Radio Köln setzte der ADAC Nordrhein von Oktober 2020 bis März 2021 auch im Hörfunk sechs Monate lang jeden Morgen (2x pro Stunde zwischen 6 und 10 Uhr) im Wetter- und Verkehrsupdate die klare Botschaft: „Handy weg am Steuer! Dein Leben ist mehr als eine Story“. In einer Aktionswoche zum Auftakt strahlte der größte Lokalsender NRWs zudem mehr als 20 Beiträge zum Thema Handyablenkung ab Steuer aus.
„Jeden Tag melden wir im Radio Köln-Verkehrs-Service Staus in Folge von Unfällen. Und viel zu oft ist Unachtsamkeit die Unfall-Ursache. Deshalb begleiten wir aus voller Überzeugung die ADAC-Kampagne „#handyweg“ und hoffen, dass es uns mit dieser gemeinsamen Kooperation gelingt, hinsichtlich der Gefahren zu sensibilisieren und letztlich dazu beitragen, Unfälle zu vermeiden“, sagt Claudia Schall, Chefredakteurin von Radio Köln.
Interesse am Video?
Fahrschulen, die das Video oder Aufkleber nutzen möchten, können sich an den ADAC Nordrhein (fahrschulservice@nrh.adac.de) wenden.
Hintergrund
Junge Erwachsene (18 bis 24 Jahre) gehören nach wie vor zu den besonders gefährdeten Verkehrsteilnehmern. Risikofaktoren sind u.a. mangelnde Fahrroutine, Selbstüberschätzung, Alkohol am Steuer oder Ablenkung, insbesondere durch Smartphones.
Laut einer Online-Umfrage (Kantar TNS, 2017) nutzen 48 Prozent aller Verkehrsteilnehmer ihr Mobiltelefon, um im Straßenverkehr privat erreichbar zu sein.
Experten gehen davon aus, dass bei etwa einem Drittel aller Verkehrsunfälle auf deutschen Straßen Ablenkung eine Rolle spielt.
Wer bei einer Geschwindigkeit von 50 km/h nur zwei Sekunden lang unachtsam ist, legt schon 28 Meter im totalen Blindflug zurück.
Es kommt zu der so genannten „Inattentional Blindness“, einer Unaufmerksamkeits-Blindheit: Man fokussiert die Aufmerksamkeit so auf das Smartphone, dass Umgebungsreize und Hinweise auf mögliche Gefahren komplett ausgeblendet werden. Deshalb haben Unfälle, die auf Ablenkung zurückzuführen sind, häufig so verheerende Folgen.
Studien von ADAC/ÖAMTC (2015/2020) zeigen, dass Menschen die Folgen von ablenkenden Tätigkeiten auf ihr Fahrverhalten unterschätzen. Das Ergebnis: 76 Prozent der Fahrer hätten vor einem plötzlich auftretenden Hindernis nicht mehr bremsen können. Außerdem fuhr ein Drittel der Teilnehmer während des Lesens und Beantwortens einer Textnachricht über die Mittellinie in den Gegenverkehr und blieb teilweise für 3,5 bis vier Sekunden bzw. 35 Meter auf der falschen Straßenseite.
Egal wie fit und leistungsbereit die einzelnen Teilnehmer an den ADAC/ÖAMTC Studien zum Testzeitpunkt waren und wie scheinbar trivial die Nebenaufgaben – sie führten zu großen Schwierigkeiten mit unkalkulierbaren Risiken. Niemand war/ist in der Lage, alles gleichzeitig zu erfassen. Der ADAC appelliert deshalb, Gefahren zu vermeiden und nicht darauf zu vertrauen, diese bewältigen zu können.
Ablenkung an Steuer ist nicht nur gefährlich, sondern kann auch teuer werden. Im Straßenverkehr ist das Telefonieren mit dem Handy am Ohr nach §23 Absatz 1a der StVO verboten.
Auch sämtliche andere Funktionen von Mobil- oder Autotelefonen darf man als Fahrer nicht verwenden, also zum Beispiel keine Textnachrichten schreiben oder lesen, Anrufe ablehnen oder einfach nur auf dem Display nach der Uhrzeit schauen.
Das gilt für alle elektronischen Geräte, die der Kommunikation, Information oder Organisation dienen. Damit sind in erster Linie Smartphones, aber auch alle anderen Handys, Autotelefone, Tablet-Computer, Touchscreens, elektronische Terminplaner, E-Book-Reader, MP3-Player, Personal Computer, DVD- und Blu-Ray-Player, Smartwatches, Notebooks, Laptops, Diktier- und Navigationsgeräte, Fernseher, iPods und Abspielgeräte mit Videofunktion sowie Videobrillen (Virtual-Reality-Brille oder Google-Glass-Brille) gemeint.
Das Verbot gilt auch für Fahrradfahrer.
Smartphone, Tablet & Co. dürfen während der Fahrt nur dann eingeschränkt benutzt werden, wenn sie nicht in der Hand gehalten werden, sondern sich in einer Halterung befinden oder fest eingebaut sind. Aber auch dann ist Vorsicht geboten: Autofahrer dürfen nur kurz zum Gerät hin- und vom Verkehrsgeschehen wegblicken, und das nur dann, soweit es die Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnisse erlauben.
Der ADAC Nordrhein empfiehlt aber, besser generell auf Telefongespräche und weitere Nutzungsformen während der Fahrt zu verzichten und ansonsten die Freisprechanlage zu verwenden oder kurz anzuhalten. Auch das Handy während der Fahrt in den Flugmodus schalten oder außer Griff- und Sichtweite aufbewahren, hilft gegen eine Nutzung am Steuer. Die Handy-Navigation, Playlists oder Podcasts sollten zudem immer vor der Fahrt eingestellt werden.
Das Bußgeld für die Handynutzung am Steuer beträgt 100 Euro, außerdem gibt es einen Punkt in Flensburg. Wer andere gefährdet, etwa weil er mit Handy am Ohr Schlangenlinien fährt, zahlt 150 Euro. Bei Sachbeschädigung sind es sogar 200 Euro. Dazu kommen je zwei Punkte und ein Monat Fahrverbot. Teuer ist es auch für Radfahrer mit Handy in der Hand: Das Bußgeld liegt bei 55 Euro.
Drei Fragen an NRW-Innenminister Herbert Reul
Warum liegt Ihnen das Thema Handy-Ablenkung am Steuer so am Herzen?
Herbert Reul: Ablenkung im Straßenverkehr durch Smartphones und andere Geräte ist ein ernstes Thema. Experten gehen davon aus, dass mehr als die Hälfte aller Verkehrsunfälle auf deutschen Straßen durch Ablenkung verursacht wird. Bei vielen dieser Unfälle werden Menschen verletzt oder sogar getötet. Dieser Preis ist mir deutlich zu hoch. Deswegen gehen wir so konsequent dagegen vor.
Wieso unterschätzen viele Autofahrer die Gefahren?
Weil sie unterschätzen, mit welchem Tempo sie im Auto unterwegs sind. Schon der kurze Blick auf das Handy bei einer Geschwindigkeit von 50 Stundenkilometern bedeutet 30 Meter Blindflug. Jedem muss klar sein, dass er sich und andere damit in Lebensgefahr bringt.
Wie lässt sich das Problem in den Griff bekommen?
Erstens durch Aufklärung. Wir dürfen nicht nachlassen, den Menschen die möglichen Folgen von Telefonieren oder Chatten beim Fahren klarzumachen. Deshalb bin ich dankbar, dass sich hier auch der ADAC engagiert. Und zweitens durch Kontrollen. Ablenkung im Straßenverkehr ist einer der Schwerpunkte bei der Verkehrsüberwachung der nordrhein-westfälischen Polizei. Allein im ersten Halbjahr 2019 haben wir mehr als 70.000 Autofahrer mit dem Handy erwischt. Viele haben offenbar immer noch nicht begriffen, dass sie damit leichtfertig Menschenleben aufs Spiel setzen.
Behind the scenes: Glasscherben aus Silikon
Damit das Video zur Kampagne #handyweg so authentisch aussieht, ist ein aufwendiger Dreh nötig. Ein Besuch am Filmset.
Mit Brustgurt und Seil am Oberkörper sitzt die YouTuberin Kati Karenina im Auto, ihr Handy in der Hand. Am anderen Ende des Seils steht Stunt-Koordinator Carl Stück und zählt runter: „Drei, zwo, eins…“ Plötzlich knallt es, Glasscherben aus Silikon fliegen in Katis Auto, ihr nachgebauter Airbag explodiert und Carl zieht sie mit einem Ruck am Seil Richtung Beifahrersitz. Ein heftiger Unfall, perfekt inszeniert.
Dazu gehören auch die zwei überdimensionalen Fernseher, die in der Halle der Produktionsfirma Action Concept in Hürth stehen. Sie sind neben und hinter Katis Auto platziert, auf den Bildschirmen läuft die vorher abgedrehte Fahrt. Im Video zur ADAC Kampagne „#handyweg – Dein Leben: Mehr als eine Story.“ sieht es später so aus, als wäre Kati wirklich durch Köln gefahren. Carl und seine Kollegen kennen sich aus: Seit 1996 produziert Action Concept die Erfolgsserie „Alarm für Cobra 11“, dazu viele weitere Actionfilme und -serien.
Nur kurz nach dem Unfall wird Kati geschminkt. Eine klaffende Wunde an der rechten Schläfe, Kunstblut läuft ihr die Wange herunter. „Vielleicht etwas viel“, sagt die Visagistin, „aber ich finde, es sieht richtig stark aus.“ Ein letztes Mal setzt sich Kati ins Auto, für die Einstellung direkt nach dem Unfall.
Knapp sechs Stunden dauert der Dreh, 13 Personen sind am Set – für 50 Sekunden Video. Aber am Ende sieht es täuschend echt aus und alle sind sehr zufrieden.