Motorwelt: Linda Zervakis trifft Peter Lohmeyer

Radfahren, Respekt statt Rassismus und Leben in Corona-Zeiten: Darum geht es im Interview mit "Tagesschau"-Sprecherin Linda Zervakis und Schauspieler Peter Lohmeyer. Eine Leseprobe aus der aktuellen ADAC Motorwelt, die exklusiv und kostenfrei für Mitglieder bei Edeka, teilnehmenden Netto-Märkten und beim ADAC erhältlich ist.
"Tor zur Welt" nennen die Hamburger ihren Hafen – der selbst ein eigener Kosmos ist. Das erleben Linda Zervakis und Peter Lohmeyer, als sie an einem Vormittag den Museumshafen Övelgönne am Fähranleger Neumühlen erkunden. Sie klettern auf ausrangierte Hochseekutter, besteigen den ehemaligen Leuchtturm einer Elbinsel, der hier 2015 als Ausstellungsstück aufgestellt wurde, und haben sichtlich ihren Spaß dabei.
Obwohl die zwei, die zu den bekanntesten Fernsehgesichtern Deutschlands zählen, sich nur flüchtig kennen, wirken sie im Umgang miteinander vertraut. So wie ihre Stimmen auf das Team der ADAC Motorwelt. Während sich bei "Tagesschau"-Sprecherin Linda Zervakis, 45, jenseits des Nachrichtenstudios ein Hamburger Einschlag Bahn bricht, klingt Schauspieler Peter Lohmeyer, 58, hundertprozentig nach Ruhrpott. Dazu gesellen sich das Rauschen der Elbe und das Kreischen der Möwen. Eine fernsehreife Kulisse.

Motorwelt: Frau Zervakis, wenn Peter Lohmeyer
ein Auto wäre, welches Modell wäre er?
Zervakis: Oh, mein Lieblingsauto: ein
Mercedes W123. Ich hatte selbst mal
einen. Ein stabiles Ding, einfach klassisch,
mittlerweile ein Oldtimer, aber im
guten Sinne. Nicht böse sein, Peter.
Denn auf das Auto kann man sich verlassen.
Und Peter ist so einer, wenn der
Ja sagt, dann meint er auch Ja.
Motorwelt: Über
Sie beide wird erzählt, Sie wären passionierte
Fahrradfahrer. Stimmt das?
Zervakis: Ja! Ich habe mir mal ein Singlespeed gekauft, weil es so leicht war.
Aber wenn man in Hamburg damit
fährt, braucht man Polster am Po, sonst
denkt man jedes Mal, man hätte einen
Steißbeinbruch. Jetzt habe ich ein
dickes Hollandrad. Irrsinnig schwer, so
ein Mutti-Transporter mit Kindersitz
hinten.
Lohmeyer: Auch ich bin begeisterter
Fahrradfahrer und besitze viele. Früher
hatte ich in jedem Hafen eine Braut,
heute habe ich in jeder Stadt ein Fahrrad.
Oder ich besorge mir vor Ort eins.
Ich finde auch, es sollte selbstverständlich
sein, dass Hotels Fahrräder haben –
ohne dass du zwölf Euro die Stunde
zahlst.
Motorwelt: Es gibt in dieser ADAC Motorwelt einen
Artikel zum Thema "Neue Mobilität
nach Corona". Ihr Thema, Herr Lohmeyer?
Lohmeyer: Die Mobilität muss sich
ändern, ja. Ich fahre inzwischen keine
Verbrenner mehr, sondern einen elektrischen
Opel Corsa. Und bald kommt
mein elektrischer Schwalbe-Motorroller
dazu. Aber das Fahrrad ist natürlich der
beste Weg. Wenn ich nach Berlin will,
dann fahre ich hier mit dem Fahrrad
zum Bahnhof, und in Berlin am Bahnhof
steht auch eins – wenn es nicht
geklaut wurde. Zu den Salzburger Festspielen
bin ich zwar mit dem Auto
gefahren, hatte aber zwei Räder dabei.
Ich finde das herrlich.
Zervakis: Ich auch. Wenn ich in der
Hamburger Innenstadt was zu erledigen
habe, dann fahre ich lieber mit dem
Fahrrad als mit dem Bus. Es sei denn, es
ist Schneesturm oder sintflutartiger
Regen. Im Sommer bin ich sogar zur
Nachtschicht mit dem Fahrrad los. Da
fahre ich um viertel vor zwölf hin und
habe um fünf Uhr morgens Feierabend.
Dann fährst du morgens durch die frische
Luft. Danach kannst du schlafen
wie ein Baby.
Motorwelt: Sie sind beide beruflich normalerweise
viel unterwegs. Wie war die erzwungene
Ruhe im Corona-Jahr für Sie?
Zervakis: Ich muss sagen, dass ich die
erste Zeit eigentlich genossen habe. Es
war wie ein aufgedrücktes Sabbatjahr:
Du hast nichts vor, du kannst niemanden
treffen und dafür zu Hause machen,
was du willst. In deinem Rhythmus. Und keiner kann meckern. Mitte Mai bin ich dann das erste Mal mit dem Zug
nach Berlin gefahren – mit Maske und
Gummihandschuhen, weil ich echt
Angst hatte. Ich wäre natürlich gern
nach Griechenland geflogen, aber das ist
Jammern auf hohem Niveau. Ich habe
meine Arbeit noch, und der Familie geht
es gut. Ich darf wirklich nicht klagen.
Lohmeyer: Mein Bewegungsradius
war auch nach der Zeit zu Hause erst
limitiert: zwischen Hamburg und Berlin,
weil ich da Familie habe. Drei meiner
Kinder leben dort, eins in Köln. Ich
kenne das mit dem Zug also auch. Ganz
allein in einem Triebwagen zu sitzen,
das war schon merkwürdig. Aber es ist
so, wie Linda sagt: Wenn du vorher
Arbeit hattest und wusstest, dass du hinterher
wieder Arbeit hast, dann hatte das
auch etwas Stressfreies. Keine Termine,
alle gleich: Robert De Niro und ich hatten
beide nichts zu tun.

Motorwelt: Frau Zervakis, in Ihrem neuen Buch
"Etsikietsi" beschreiben Sie eine Reise
mit Ihrer Mutter in die Vergangenheit
der Familie in Griechenland. Und für
Ihren Podcast "Gute Deutsche" auf
Spotify treffen Sie Deutsche mit Migrationshintergrund,
die ihre Geschichte
erzählen. Wie kam es dazu?
Zervakis: Die Idee trage ich seit Jahren
mit mir herum. Ich wollte ein Fernsehformat
daraus machen, aber das war
zum Höhepunkt der Flüchtlingswelle
und deshalb allen zu heikel.
Motorwelt: Sie engagieren sich beide gegen Rassismus.
Bei Ihnen, Frau Zervakis, kam das
quasi automatisch, oder? Wegen Ihrer
exponierten Rolle als erste Sprecherin
der 20-Uhr-"Tagesschau" mit Migrationshintergrund
…
Zervakis: Da geht es schon los – mir
war bis zu dem Moment mein Migrationshintergrund
nicht besonders bewusst.
Dann wurde ich von Medien zu etwas
gemacht, habe das gelesen und gedacht:
Bin ich das? Warum heißt die Schlagzeile
nicht: Linda Zervakis ist neue
"Tagesschau"-Sprecherin? Ich gehe ja
davon aus, ich habe den Job nicht wegen
meines Hintergrunds, sondern weil ich ihn ganz gut kann.
Kurz vorgestellt: Linda Zervakis und Peter Lohmeyer
Peter Lohmeyer
Geboren: am 22. Januar 1962 in Niedermarsberg,
NRW
Sein Durchbruch: Seit Mitte der 80er
spielt er im Theater, in Kino- und TV-Filmen.
Und war schon vor dem größten
Erfolg "Das Wunder von Bern"
2003 einer von Deutschlands bekanntesten
Schauspielern
Kurz notiert: Der begeisterte Fahrradfahrer
repariert oft Räder, die andere
weggeworfen haben
Linda Zervakis
Geboren: am 25. Juli 1975 in Hamburg
Ihr Durchbruch: Seit 2006 moderiert
die gelernte Nachrichtenredakteurin
die "Tagesschau", seit 2013 auch die
Hauptausgabe um 20 Uhr
Kurz notiert: Als "Tagesschau"-Sprecherin
beherrscht Zervakis natürlich
immer noch die korrekte Aussprache
des isländischen Asche-Vulkans
Eyjafjallajökull. Ihr schwierigstes
Wort bisher
"Etsikietsi - Auf der Suche nach meinen Wurzeln" ist bei Rowohlt Polaris (16 Euro) erschienen. Wenn Corona es zulässt, geht Linda Zervakis damit auf Lesereise. Infos finden Sie auf ihrer Homepage*.
Motorwelt: Herr Lohmeyer, Ihr Sohn hat eine
dunkle Hautfarbe. War das auch Grund
für Ihr Engagement gegen Rassismus?
Lohmeyer: Heftig aufgestoßen ist mir
eine Postkarte aus dem Sauerland, die
ich als Fanpost vor mehr als 20 Jahren
im Briefkasten fand. Da stand wortwörtlich
mit Schreibmaschine geschrieben:
"Sie sind ein gern gesehener Schauspieler
und Mensch, doch nichts für ungut,
muss man deshalb dann auch einen farbigen
Menschen zeugen?" Also, ich bin
im Pott aufgewachsen, und einer meiner ersten echten Freunde mit sechs Jahren
hieß Laiki, der war Türke, das war nie
Thema. Hauptsache, Mensch und Mensch
kommen klar miteinander.

Motorwelt: Eine Frage fehlt noch. Wenn Linda Zervakis
ein Auto wäre, welches Modell
wäre sie?
Lohmeyer: Bei Linda denke ich sofort
an Offenheit, also ein Cabriolet, wie
mein erstes Auto, ein Fiat Cinquecento
mit Faltdach. Da musste ich mich nur
etwas aufrichten, dann war ich mit dem
Kopf draußen. Ich war damals 18, und
meine Klassenkameraden haben sich
erlaubt, das Auto über einen kleinen
Zaun zu heben. Ich will jetzt natürlich
nicht sagen, dass man das mit Linda
machen kann…
Zervakis: Ich bin gespannt, wie du da
jetzt wieder rauskommst!
Lohmeyer: Also, Linda nimmt das
ganze Auto ein, sie ist raumfüllend. Und
immer mit großer Offenheit.
Alle Infos zur ADAC Motorwelt finden Sie hier.
Interview: Michalis Pantelouris
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