Hochspannung im Lehrgang: Wie Pannenhelfer und -helferinnen an E-Autos geschult werden

Immer mehr E-Autos heißt auch immer mehr E-Auto-Pannen. Damit die Helfenden darauf perfekt vorbereitet sind, gibt es die Hochvolt-Schulung des ADAC. Denn batterieelektrische Autos haben durchaus ihre Tücken.
"Da parkt ein Fahrer vor seiner Garage, steigt aus und was sieht er da plötzlich unter seinem Auto?" Heribert Wildmoser blickt erwartungsvoll in die gelbe Runde, die sich da im Technik Zentrum Landsberg vor ihm aufgebaut hat. "Eine riesige Lache Wasser. Und da ruft er natürlich uns an, den ADAC. Und wir sagen dann: 'Schauen Sie, Herr Meyer, das ist ganz normal, keine Angst. Nichts kaputt!'"
Denn das Szenario, das Ausbilder Wildmoser hier für die 15 angehenden Pannenhelfer entwirft, mag bei einem normalen Verbrenner beunruhigend sein, für ein Wasserstoffauto ist es aber ganz normal. Und nicht nur der fiktive Herr Meyer hat so ein Auto. Alternative Antriebe, vor allem solche mit Elektromotor, den auch ein Wasserstoffauto nutzt, kommen in Deutschland immer häufiger zum Einsatz. Und werden deswegen auch zum Thema für die Pannenhelferinnen und Pannenhelfer des ADAC.
Hilfe zur Pannenhilfe: E-Autos im Fokus

Mehr als eine Million E-Autos sind inzwischen schon auf deutschen Straßen unterwegs. Damit diese auch mobil bleiben, steht "Hochvolttechnik" im Lehrplan der angehenden Pannenhelfer und -helferinnen: Ein Tag der insgesamt siebenwöchigen Ausbildung ist also ganz Lithium-Ionen-Batterien, orangenen Hochvoltkabeln, Pilotleitungen und eigensicheren Systemen gewidmet.
Für den Praxisteil haben Heribert Wildmoser und sein Kollege Michael Seidel (ADAC Berlin-Brandenburg) sich vor der Motorhaube des Tesla Model Y aufgebaut. Wildmoser hat das Spannungsmessgerät an der Starterbatterie angeschlossen: "Das ist für den ein oder anderen jetzt sicher eine Neuigkeit: Bei einer Versorgungsbatterie erwarten wir im Normalfall ja zwölf Volt. Doch bei Tesla haben wir plötzlich 16 Volt." Eine technische Besonderheit, die sich etwa auch bei Modellen des chinesischen Herstellers BYD finden lässt, und sich von der jahrzehntelang gewohnten Batterietechnik abhebt.
Und auf diese müssen die gelben Engel im Einsatz vorbereitet sein. Bei Tesla lässt sich nicht einmal die Motorhaube manuell öffnen. Ist die Starterbatterie leer, muss man an einem kleinen Einlass in der Front Strom anlegen, damit die Haube aufpoppt. Seidel zeigt den Umstehenden, wo sich der winzige Einlass versteckt, den man als Laie auch für eine Vorrichtung für den Abschlepphaken halten könnte.
"Hauptsache, ich bekomme die Panne hin!"

Solche Feinheiten zu kennen, gehört bei der Pannenhilfe zum Alltag. Und bis auf ein paar Kniffe unterscheidet sich die Arbeit an havarierten E-Autos im Vergleich zu Verbrennern kaum. Das ist zumindest die erste Erfahrung von Justin Wessel aus Frankfurt, einem der Kursteilnehmer. "Ich hatte schon eine E-Auto-Panne, da war aber nur die Starterbatterie das Problem." Absolute Pannenroutine also.
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"Einmal klemmte der Ladestecker fest", erinnert, sich Julian Komorek aus Dortmund, "Die Software hat ihn nach dem Laden nicht freigegeben. Viele Hersteller haben dafür in der Motorhaube einen Notfall-Seilzug, aber der Kunde zieht zu fest daran und hat dann das ganze Seil in der Hand. Dann muss man teilweise die ganze Seitenverkleidung abbauen." Angst vor unlösbaren E-Auto-Tücken hat Komorek aber nicht. "Viel kommt da über die Erfahrung. Eigentlich ist mir egal, ob es ein Hyundai Ioniq 5 oder ein alter 3er BMW ist. Hauptsache ich bekomme die Panne hin!"
Wessel lobt vor allem die Zeit, die sich die Ausbilder beim ADAC nehmen, nicht nur beim Thema Hochvolt. "Die Lehrer sind woanders nicht so offen, hier kann man viele Fragen stellen." Und von den praktischen Tipps der Ausbilder lernen, denn mit Autoreparatur kennen sich die Kursteilnehmer sowieso gut aus. Die allermeisten sind ausgebildete KfZ-Mechatroniker, manche sogar Meister. Die Arbeitsweise in der Pannenhilfe unterscheidet sich aber doch vom Werkstattalltag: "Wir schauen, dass die Leute eigenständig in die Werkstatt kommen", vergleicht Wessel lachend. "Aber wir machen keine Langzeittherapie."
Vieles am E-Auto ist tabu
Und bei wirklichen großen Defekten an der Batterie und der verbauten Hochvolttechnik sind die Einsatzmöglichkeiten der Pannenhelfer und -helferinnen allerdings begrenzt. Zwar sind tödliche Stromschläge durch Fehlfunktionen sehr unwahrscheinlich, aber eben nicht völlig ausgeschlossen. Da zudem die Lithium-Ionen-Batterien meist am Fahrzeugunterboden montiert sind, ist eine Reparatur am Fahrbahnrand schon gleich gar nicht möglich. Davon abgesehen bräuchte es dafür auch eine spezielle Werkstatt, extra geschultes Personal und besondere Schutzbedingungen.
Die allermeisten E-Auto-Pannen sind auch schon aus dem Verbrenner-Zeitalter wohlbekannt. Steht der Stromer zu lange in der Einfahrt und wird lange nicht bewegt, streikt auch bei ihm irgendwann die Starterbatterie. Übrigens teils unabhängig davon, ob das Auto z.B. zwischendurch an der Wallbox geladen wurde. Und bei Problemen mit der Software, die durchaus häufig vorkommen, helfen Routine und Improvisationstalent sowieso am besten, verrät Wildmoser mit einem Lachen.
Mit Unterstützung von Heribert Wildmoser, Michael Seidel und Ingo Rabe/ Technik Zentrum Landsberg