Carsharing: Ein Leben ohne eigenes Auto

ADAC Blog

Christof Henn steht vor einem Carsharing Auto von Share Now
Es geht auch ohne eigenes Auto: ADAC Redakteur Christof Henn profitiert in München von einem großen Angebot an Carsharing-Anbietern.© ADAC/Antonia Knoblauch

Erfahrungsbericht von ADAC Redakteur Christof Henn, der das Carsharing-Angebot in München nutzt. Eine Zwischenbilanz nach einem Jahr ohne eigenes Auto.

Das Aus für unseren Opel Zafira kommt im Sommer 2023 auf der Autobahn: Motorschaden, eine Reparatur nicht mehr rentabel. Ein Abschied, auf den meine Frau und ich bei einem 21 Jahre alten Auto vorbereitet sind. Wir entscheiden uns gegen einen Neuwagen-Kauf, wollen es zumindest mal eine Weile ohne eigenes Auto probieren.

Die Rahmenbedingungen sind ideal: Wir leben in München, haben die U-Bahn vor der Haustüre, gute Fahrradwege, kurze Entfernungen in die Arbeit sowie in die Innenstadt. Und eine große Auswahl an Carsharing-Autos in der Nähe.

Vier Apps und eine Versicherung

Ein Parkplatz des Münchner Carsharing Unternehmens stattauto
Stattauto ist ein stationärer Carsharing-Anbieter mit festen Stellplätzen, oft in Tiefgaragen – hier wird der Wagen übernommen und am Ende der Miete auch wieder abgestellt© picture alliance/SZ Photo

Der Start ins Carsharing-Leben ist einfach: Ich registriere mich bei Miles, Sharenow (heißt inzwischen Free2move) und Sixt Share – nach der Prüfung meiner Fahrerlaubnis durch die Anbieter kann ich loslegen.

Drei neue Apps auf meinem Smartphone, die mir zeigen, welche Autos in meiner Nähe verfügbar sind. Meine vierte App ist von Stattauto München, ein stationärer Anbieter: Die Autos stehen in München verteilt in Tiefgaragen oder auf festgelegten Parkplätzen. Dort hole ich sie ab und muss sie auch wieder hinbringen.

Bei allen anderen Anbietern kann ich das Auto überall am Straßenrand abstellen, wo es erlaubt ist. Die Parkgebühren bezahlt innerhalb des Geschäftsgebiets (entspricht etwa den Stadtgrenzen) das Carsharing-Unternehmen. Die Miete muss im Geschäftsgebiet beendet werden. Kein Carsharing-Unternehmen möchte, dass sein Auto am Tegernsee stehen bleibt. Wer das macht, zahlt eine Gebühr.

Eine wichtige Investition: Ich schließe eine Versicherung ab, die bei von mir verursachten Schäden meinen Selbstbehalt für alle Carsharing-Autos auf null reduziert.

Öffentliche Verkehrsmittel habe ich zwar auch schon genutzt, als ich noch ein eigenes Auto hatte. Aber jetzt fahre ich etwas häufiger U-Bahn als vorher – auch, weil es das Deutschland-Ticket gibt.

Die Kosten für Carsharing

Ein Mann tankt ein Miles Carsharing Auto
Tanken wird bei vielen Carsharing-Anbietern mit einer Gutschrift honoriert© Miles

Natürlich wollen wir wissen, was uns Carsharing im Vergleich zum eigenen Auto kostet. Die 100 Euro monatlich für den Tiefgaragen-Stellplatz im Haus sparen wir uns. Und auch sonst fallen einige Kosten nicht mehr an: Kfz-Steuer, Haftpflicht- und Kaskoversicherung, Parkgebühren sowie die bei einem älteren Auto oft hohen Werkstatt- und Tankrechnungen – Kraftstoff ist bei allen Carsharing-Anbietern inklusive, bei Stattauto sogar im Ausland. Sharenow, Miles und Sixt share honorieren, wenn das Auto fast leer übernommen wird, das Tanken mit ein paar Euro.

In unserem Carsharing-Tagebuch halten wir alle Kosten fest: Die Aufnahmegebühr (40 Euro) und den Monatsbetrag (6 Euro) für Stattauto, alle übrigen Carsharer haben keine Fixkosten sowie die 0-Selbstbehalt-Versicherung (54 Euro pro Jahr). Und natürlich unsere Fahrten: Ausreißer sind die Monate mit kilometerintensiven Urlauben in Kärnten (749 Euro) und Südtirol (562 Euro, jeweils inklusive Benzin), die übrigen Monate liegen weit darunter – 104, 123, 157, 201, 215, 220, 228, 231, 284 und 351 Euro.

Macht zusammen 3425 Euro für ein Jahr, 285 Euro im Durchschnitt pro Monat. Das bestätigt, was wir beim Start unseres Carsharings vermutet haben: Wir fahren ohne eigenes Auto günstiger. Auch sehr gute Leasing- oder Auto-Abo-Angebote sind teurer.

Und das gilt auch für den Kauf eines Neuwagens in der von uns gewünschten Größe. Die günstigste Version des VW Tiguan kostet laut Listenpreis rund 39.000 Euro. Bei einer Fahrleistung von 10.000 Kilometern pro Jahr und einer Haltedauer von fünf Jahren kommt der ADAC Autokostenrechner auf 645 Euro pro Monat, inklusive aller Kosten und Wertverlust.

Und bei einem Gebrauchtwagen lässt sich nicht zuverlässig kalkulieren, ob er so wenig Reparaturen braucht wie unser Zafira über viele, viele Jahre.

Autos für jeden Zweck

Ohne eigenes Auto ist es natürlich nicht mehr so bequem. Statt einfach in die Tiefgarage zu gehen und loszufahren, müssen wir jetzt flexibel sein und auch mal ein paar Meter zu Fuß in Kauf nehmen. Aber in der Regel finden wir einen Kombi, wenn wir einen Großeinkauf machen oder den Weihnachtsbaum auf dem Land kaufen. Oder einen Kleinwagen, am liebsten ein Cabrio, für die Fahrt am Wochenende zum See oder den Besuch bei Freunden außerhalb des Carsharings-Gebiets.

Und inzwischen wissen wir, welcher Anbieter wofür am günstigsten ist: für kurze Zeit, für wenige Kilometer, für viele Stunden, völlig flexibel oder für einen vorher festgelegten Zeitraum, ein Wochenende oder den Urlaub – hier vergleichen wir auch mit Mietwagenanbietern.

Eine emotionale Beziehung bauen wir natürlich zu keinem Auto auf, wir fahren, was wir gerade benötigen und gut zu erreichen ist. Wir freuen uns, dass wir immer ein modernes Auto haben, bei dem wir uns – unser treuer Zafira möge diesen Hinweis verzeihen – keine Gedanken machen müssen, welche kostspielige Schwäche als Nächstes auftritt.

0,0 Promille und Mängel bei Sauberkeit

Eine Frau hat die Sixt Share App auf ihrem Handy geöffnet und steht damit vor einem Carsharing Auto
Auto reservieren, mieten und mit der App öffnen: Carsharing ist einfach© SIXT Share

Früher bin auch mal nach einem Bier oder einem Glas Wein ins Auto gestiegen. Das mache ich jetzt nicht mehr, bei den meisten Carsharern gilt 0,0 Promille. Außerdem halte ich mich noch ein bisschen konsequenter an Tempolimits und Parkverbote – schließlich möchte ich kein Knöllchen mit Bearbeitungsgebühr bekommen.

Das ist gewöhnungsbedürftig, aber vernünftig. Andere Dinge im Carsharer-Leben sind lästig, wie das Dokumentieren von Schäden des Vorgängers abends um 23 Uhr im Nieselregen. Oder das Suchen nach dem genauen Standort eines Autos, das in der App angezeigt wird. Oder wenn die Technik beim Öffnen oder Schließen mal hakt. Beides kommt selten vor, und ich habe bisher gute Erfahrungen mit den Hotlines der Anbieter gemacht.

Was leider häufig vorkommt: Nicht ganz saubere Innenräume, leere Colaflaschen, Kaffeebecher oder andere Dinge, mit denen Menschen Autos zumüllen, ohne an den nächsten Nutzer zu denken. In der App wird nach Zustand und Sauberkeit des Wagens gefragt. Hoffentlich führen die Carsharing-Unternehmen eine Müllsünder-Liste.

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Fazit: Wir machen weiter

Wir wissen, dass unsere Voraussetzungen nahezu ideal für Carsharing sind. Nur selten muss ich, wie vor ein paar Tagen, mal einen guten Kilometer bis zu einem Auto laufen. Ich finde fast immer ohne langes Suchen, während die Mietzeit läuft, in der Nähe unserer Wohnung einen Parkplatz – das ist sicher in anderen Stadtvierteln von München anders. Ganz zu schweigen von den Vororten, kleineren Städten und Dörfern.

Wir haben unseren Autofahrkonsum nicht eingeschränkt – jedenfalls nicht bewusst. Uns fehlt das eigene Auto nicht, wir bleiben Carsharer.