Eingeheizt: So versorgt der ADAC sein Testzentrum mit Biowärme
Andreas Rigling ist beim ADAC für das neue Testzentrum Mobilität in Penzing zuständig. In einem Pionierprojekt ist es ihm mit seinem Team gelungen, das Hauptgebäude mit nachhaltiger Energie aus Biogasanlagen zu versorgen.
Wie lassen sich Privathäuser, Büros oder Betriebe klimafreundlich heizen? Diese Frage treibt viele Menschen um. Auch Andreas Rigling, der für das neue ADAC Testzentrum Mobilität im oberbayerischen Penzing zuständig ist.
Seit über zehn Jahren nutzt Rigling auf dem Dach seines Hauses eine Solarthermie-Anlage zum Erwärmen von Wasser. Dazu dient auch ein holzbeheizter wasserführender Kaminofen im Wohnzimmer. Außerdem hat er eine Photovoltaik-Anlage zur Stromerzeugung. "Privat beschäftige ich mich schon länger intensiv mit dem Thema erneuerbare Energie."
Lösung für nachhaltiges Heizen
Auch am Arbeitsplatz suchte Rigling nach einer Lösung zum "nachhaltigen Heizen": Der Diplomingenieur Fahrzeugtechnik leitet seit Mitte 2022 das Testzentrum Mobilität des ADAC in Penzing bei Landsberg. Dort werden Assistenzsysteme, autonomes Fahren, E-Mobilität und weitere innovative Entwicklungen erprobt. Im Rahmen seiner Aufgabe rückte die Frage in den Fokus, wie sich das Hauptgebäude des Testzentrums heizen lässt.
Ersatz für Wärme aus einem zentralen Heizkraftwerk
Denn das Testzentrum des ADAC befindet sich auf einem ehemaligen Fliegerhorst der Bundeswehr. Sie betrieb dort ein zentrales Heizkraftwerk – das mit ihrem endgültigen Auszug Anfang 2022 abgeschaltet wurde. Einen Anschluss an das Netz anderer Gas- oder Fernwärmeanbieter gab und gibt es nicht. Als Ersatz musste also laut Andreas Rigling recht kurzfristig eine "Brückenlösung" her, die spätestens bis zum Herbst 2022 funktionieren musste.
Abwärme aus Biogasanlagen als nachhaltige Alternative
"Planer für technische Geräteausrüstung hatten uns zu Öl- oder Flüssiggastanks geraten. Doch dann brachte uns ein Tipp von Reinhard Kolke, dem Leiter des ADAC Ressorts Test und Technik, auf eine andere Idee", sagt Andreas Rigling. "Er erzählte, dass das Lechtalbad Kaufering mit Abwärme aus Biogasanlagen zuheizt, die von mobilen Wärmespeichern angeliefert wird. Für mich klang das nach einer interessanten und nachhaltigeren Möglichkeit, also setzten wir uns mit dem Thema tiefer auseinander." Und dabei wurde keine Zeit verloren.
Wärme als Nebenprodukt der Stromerzeugung
"In Biogasanlagen entsteht Abwärme als Nebenprodukt der Stromerzeugung und wird meist zu 60 Prozent in die Atmosphäre geblasen. Warum also nicht diese vorhandene Energie nutzen?", fragten sich Andreas Rigling und sein Team.
Nun musste geklärt werden, wie der Energietransfer funktionieren kann. Eine patentierte Technik, die die Landsberger LENA Service GmbH in Kooperation mit Swilar Eetec, einem Dienstleister für mobile Wärmetransportsysteme, entwickelt hat, macht es möglich, die Abwärme in einer wässrigen Lösung mit Natriumacetat-Trihydrat zu speichern und im Tankwagen zu transportieren.
Dieses Salz verflüssigt sich unter Wärmeeinfluss und wird – wie in Taschenwärmern – unter Freisetzung von viel Energie wieder fest. Über einen Wärmetauscher kann sie in Heizungsanlagen eingespeist werden.
Container als Übergabestation vor Ort
Genau das passiert jetzt auf dem Testgelände beim ADAC, direkt neben dem Hauptgebäude. Dort steht seit Oktober 2022 ein blau-gelber Container mit der Aufschrift "Nachhaltiger Energielieferant". Zwei schwarze Schläuche versorgen ihn mit der Wärme aus den mobilen Wärmetransportern. Von ihm weg verläuft ein dickes Edelstahlrohr zum Hauptgebäude, das das warme Wasser in die Büros, Meeting- und Eventräume leitet.
Jeder per Lkw angelieferte Wärmespeicher entspricht der Leistung von 250 Litern Heizöl und spart bis zu 650 kg CO₂ pro Fahrt ein. "Im milden Herbst reichte uns das für eine Woche, an kalten Wintertagen nur einen Tag", erklärt Andreas Rigling.
Aufwendiges Pionierprojekt
Bis das "Pionierprojekt zur Solitärversorgung eines Industriegebäudes im Altbestand" an den Start gehen konnte, waren viele Abstimmungsrunden, Investitionen von rund 100.000 Euro und viel Unterstützung der erfahrenen Gebäudespezialisten des ADAC nötig. Um das Thema Energieversorgung wird sich Andreas Rigling zusammen mit der ADAC-eigenen Fachabteilung Haustechnik auch weiter kümmern.
Wärmepumpe und weitere erneuerbare Energiequellen
Um die Versorgung an kalten Tagen zu verbessern, plant der Innovator LENA den zusätzlichen Einbau einer Wärmepumpe. Auch könnten langfristig weitere erneuerbare Energiequellen ins Spiel kommen – wie Photovoltaik oder Geothermie.
"Unsere mobilen Wärmespeicher wollen wir übergangsweise einsetzen, bis unser Mietvertrag mit dem Bund in fünf Jahren ausläuft." Danach will der ADAC Teile des ehemaligen Fliegerhorsts erwerben, dann steht auch eine umfassendere Renovierung des denkmalgeschützten Gebäudes an. Andreas Rigling: "Die Entscheidung soll 2023 fallen – das wäre der nächste Schritt zu einem echten Innovations-Campus."
Text: Antoinette Schmelter-Kaiser