Der ADAC warnt: Smart Kid Belt ist kein Ersatz für einen Kindersitz

Der Kinder-Dummy wurde mit dem Fahrzeuggurt und dem Smart Kid Belt gesichert ∙ Bild: © ADAC, Video: © ADAC e.V.

Der "Smart Kid Belt" soll einen Kindersitz überflüssig machen. Doch Crashversuche des ADAC zeigen: Die Konstruktion schützt Kinder beim Frontalunfall nicht hinreichend, das Verletzungsrisiko ist hoch. Der Zusatzgurt kann daher nicht empfohlen werden.

Die gesetzlichen Vorgaben sind eigentlich klar: Kinder bis zum 12. Lebensjahr bzw. bis zu einer Größe von 1,50 Metern müssen in einem Auto in "zugelassenen Rückhalteeinrichtungen" befördert werden. In der Regel ist das ein Kindersitz. Grund: Der herkömmliche Autogurt ist für Kinder ungeeignet. Bei einem Crash kann er Verletzungen nicht zuverlässig verhindern.

Was taugt der Smart Kid Belt?

Smart Kid Belt
Ein Zusatzgurt soll den Gurt des Fahrzeugs kindertauglich machen© Consumentenbond

Das Gurtsystem "Smart Kid Belt" – im Handel für rund 35 Euro – soll einen regulären Kindersitz überflüssig machen und schaffte sogar eine offizielle Zulassung für Europa. Das Prinzip: Der Zusatzgurt wird zwischen dem regulären Dreipunktgurt des Fahrzeugs befestigt und passt so die Gurthöhe an die Größe des Kindes an. Laut Hersteller sollen dann Kinder genauso gut geschützt sein wie Erwachsene. Doch ist das wirklich so? Erfahrene ADAC Experten hatten Zweifel und überprüften den Smart Kid Belt in Zusammenarbeit mit der Stiftung Warentest.

Dafür wurden zwei Crashversuche in Anlehnung an den Standard-Frontal-Crash von Euro NCAP mit einer Geschwindigkeit von 64 km/h durchgeführt – einmal wurde der 1,15 Meter große Kinder-Dummy nur mit dem Fahrzeuggurt (in Europa unzulässig!) und einmal mit dem Zusatzgurt Smart Kid Belt angeschnallt. Das Versuchsszenario entspricht dem des ADAC Kindersitztests.

Das Ergebnis ist erschreckend: Beim Crashtest des ADAC schneidet der Beckengurt tief in den Bauch des Dummys ein. Er kann dabei schwerste innere Verletzungen verursachen. Zudem gelingt es der Konstruktion nicht, den oberen Fahrzeuggurt vom sensiblen Nacken des Kindes fernzuhalten. Auch hier drohen Verletzungen.

„Der Smart Kid Belt reduziert die auf den Dummy wirkenden Belastungen nicht“, sagt ADAC Kindersitzexperte Andreas Ratzek. Beim durchgeführten Versuch sei keine Verbesserung im Vergleich zur Sicherung rein mit dem Fahrzeuggurt festzustellen. "Der Smart Kid Belt kann daher nicht empfohlen werden. Ein herkömmlicher Kindersitz bietet einen erheblich besseren Schutz", sagt Ratzek.

Der ADAC rät zum Kindersitz

ADAC Test Smart Kid Belt
Keine Schutzfunktion beim Seitencrash mit Smart Kid Belt© ADAC/Test und Technik

Was auch für einen seitlichen Aufprall gilt. Die hohen Wangen im oberen Bereich eines Kindersitzes verhindern schwere Verletzungen im Kopf- und Halswirbelbereich. Doch diese Schutzfunktion fehlt dem Gurtsystem gänzlich. ADAC und Stiftung Warentest warnen daher davor, das Produkt als Ersatz für einen Kindersitz zu verwenden und raten stattdessen zu einem Kindersitz mit guten Ergebnissen beim Front- und Seitencrash.

Hier finden Sie aktuelle Testergebnisse zu verschiedenen Kindersitzmodellen und hier alles Wissenswerte rund um das Thema Kindersitz.

Warum ist ein Kindersitz so wichtig?

Um Verletzungen von empfindlichen Körperbereichen (z. B. dem Bauch) zu vermeiden, dürfen diese beim Aufprall keinen hohen Belastungen ausgesetzt werden. Sicherheitsgurte müssen deshalb so geführt werden, dass sie den Insassen ausschließlich an den stabilen Knochen zurückhalten. Um diese Anforderung zu erfüllen, reicht es nicht aus, Kinder mit den für Erwachsene ausgelegten Dreipunktgurten zu sichern.

Während Beckenknochen, Schambein und Ischium eines Erwachsenen zu einer "starren" Hüfte zusammengewachsen sind, sind die Hüftknochen bei Kindern noch nicht verknöchert. Drückt der Gurt zu stark auf die (gegenüber dem Erwachsenen deutlich kleineren und flexibleren) Beckenhörner, kann der Gurt in den Bauchraum rutschen und dort innere Verletzungen verursachen. Ein Kindersitz muss den Beckengurt daher so umlenken, dass er so tief wie möglich verläuft und einen größeren Teil der Belastung über die Oberschenkel überträgt.

Für eine optimale Rückhaltung muss der Gurt die Hüfte eng umschließen. Der Kindersitz muss das Kind mittig auf dem Sitzplatz positionieren und die Beckengurtführungen müssen möglichst nahe an der Hüfte des Kindes liegen.

Wichtig ist, dass ein für Alter, Größe und Gewicht des Kindes geeigneter Kindersitz verwendet wird.