Erste Hilfe beim Kind: Was im Notfall zu tun ist

Kommt es bei Kindern zu Atem- oder Kreislaufversagen, sollten Sie schnell handeln. So leisten Sie Erste Hilfe bei einem Baby oder Kind.
Prüfen Sie Bewusstsein und Atmung des Kindes
Bei einem Atemstillstand sofort mit der Reanimation beginnen
Sie können nichts falsch machen – außer nichts zu tun
Kinder sind neugierig, aktiv und wollen die Welt entdecken. Kleinere, meist harmlose Verletzungen bleiben dabei nicht aus. Schwere Unfälle mit ernsthaften Folgen wie Bewusstlosigkeit, Atem- und Kreislaufstillstand sind glücklicherweise selten, ganz ausschließen oder verhindern lassen sie sich jedoch bei aller Vorsicht nicht.
Kommt es zu einer Notfallsituation, in der ein Kind oder ein Baby reanimiert – also wiederbelebt – werden muss, ist es für Eltern und andere Betreuungspersonen besonders wichtig, schnell zu handeln: Die Organe eines Kindes reagieren auf einen Sauerstoffmangel empfindlicher als die eines Erwachsenen, sodass bereits ein kurzer Atem- oder Herzstillstand lebensbedrohlich sein kann. Zögern Sie deshalb nicht, sofort mit den notwendigen Erste-Hilfe-Maßnahmen zu beginnen. Bei einem Atem- und Kreislaufstillstand können Sie nichts falsch machen, außer nichts zu tun.
Damit Sie sich im Ernstfall sicherer fühlen und es Ihnen leichter fällt, die Ruhe zu bewahren, ist es ratsam, sich bereits im Vorfeld über die notwendigen Maßnahmen zu informieren. Das ist auch deshalb sinnvoll, weil die Reanimation beim Kind und Baby ein wenig anders durchgeführt wird als bei einem Erwachsenen.
Notfallcheck: Atmung und Bewusstsein
Ist es in Ihrem Beisein zu einem Unfall gekommen oder finden Sie ein Kind reglos auf, kontrollieren Sie zunächst, ob es bei Bewusstsein ist und atmet. Sprechen Sie es dazu laut mit seinem Namen an und berühren Sie es gleichzeitig. Wichtig ist, dass die Berührung nicht zu sanft ist, damit das Kind sie gut spüren kann. Greifen Sie es beispielsweise fest am Oberarm.
Bei einem Säugling ist unter Umständen ein leichter Schmerzreiz hilfreich, beispielsweise indem Sie sanft in die Innenseite des Oberarms kneifen. Keinesfalls sollten Sie ein Kind oder ein Baby schütteln, auch nicht sanft, da die Gefahr eines Schütteltraumas besteht. Das gilt auch für ein verunfalltes Baby oder Kind, da es sich dabei unter Umständen noch schwerer verletzen kann. Reagiert das Kind auf Ansprache und Berührung, indem es antwortet, sich bewegt oder zu weinen beginnt, verständigen Sie im nächsten Schritt den Rettungsdienst unter der Rufnummer 112.
Reagiert das Kind nicht, überprüfen Sie dessen Atmung. Dazu bringen Sie es in Rückenlage. Ist das Kind über ein Jahr alt, legen Sie seinen Kopf leicht in den Nacken, sodass sich das Kinn etwas anhebt. Bei Babys bis zu einem Jahr ist das sogenannte Überstrecken des Kopfes hingegen nicht üblich. Halten Sie nun Ihr Ohr an Nase und Mund des Kindes: Atmet es, können Sie Atemgeräusche hören oder einen Luftstrom spüren. Schauen Sie gleichzeitig auf die Brust des Kindes, damit Sie sehen, ob sich der Brustkorb hebt und senkt.
Achten Sie dabei unbedingt auf die Zeit: Die Kontrolle der Atmung sollte nicht länger als etwa zehn Sekunden in Anspruch nehmen, da die Beatmung bei Babys und Kindern sehr schnell eingeleitet werden muss.
Wann atmet das Kind normal?
Diese Frage ist für Laien unter Umständen schwer zu beantworten. Manchmal kommt es zum Beispiel zu einer sogenannten Schnappatmung mit langen Atempausen, gefolgt von einigen dicht aufeinanderfolgenden, schnappenden Atemzügen. Sind Sie sich nicht sicher, ob das Kind "normal“ atmet, behandeln Sie es so, als würde es nicht mehr atmen.
Stabile Seitenlage bei Bewusstlosigkeit
Ist das Kind bewusstlos, atmet aber noch, bringen Sie es in die stabile Seitenlage, um die Atemwege freizuhalten. Je nach Ursache der Bewusstlosigkeit kann es passieren, dass sich das Kind erbricht. Durch die stabile Seitenlage ist sichergestellt, dass der Speisebrei dabei nicht in die Luftröhre oder die Lunge gerät. Auch die Zunge kann in dieser Position nicht nach hinten rutschen und die Luftröhre blockieren. Die stabile Seitenlage funktioniert bei Kindern genauso wie bei Erwachsenen.
Reanimation beim Kind: Beatmung
Atmet das Kind nicht, bringen Sie es nicht in die stabile Seitenlage. Führen Sie stattdessen umgehend eine Mund-zu-Mund-Beatmung durch. Diese unterscheidet sich von der Beatmung bei Erwachsenen vor allem dadurch, dass die Lunge von Babys und Kindern viel kleiner ist und deshalb noch nicht so viel Luft aufnehmen kann. Es ist deshalb wichtig, besonders behutsam vorzugehen – allerdings nicht langsam. Ein Atemstillstand bei einem Kind erfordert immer schnelles Handeln.
Legen Sie das Kind zuerst auf eine feste Unterlage, beispielsweise auf den Boden.
Legen Sie den Kopf des Kindes ganz leicht in den Nacken, sodass das Kinn ein wenig nach oben kommt. So ist sichergestellt, dass die Atemwege frei sind. Bei Säuglingen wird der Kopf bei der Beatmung nicht überstreckt. Befinden sich noch Essensreste oder Ähnliches in der Mundhöhle, entfernen Sie diese sehr behutsam mit den Fingern, sofern nicht die Gefahr besteht, dass Sie sie dabei weiter in den Rachen oder Hals drücken.
Bei einem älteren Kind erfolgt die Beatmung wie bei Erwachsenen über den Mund. Atmen Sie normal ein, halten Sie die Nase des Kindes mit den Fingern zu, umschließen Sie den Mund fest mit ihren Lippen und atmen sie dann in den Mund des Kindes aus. Beachten Sie, dass die Lunge umso weniger Luft fasst, je kleiner das Kind ist. Einer Ihrer Atemzüge entspricht daher nicht dem Atemzug eines Kindes. Als Faustregel gilt: Atmen Sie für etwa eine Sekunde gleichmäßig aus. Schauen Sie dabei auf die Brust des Kindes: Sie sollte sich erkennbar heben.
Bei einem Säugling gehen Sie genauso vor, allerdings umschließen Sie hier sowohl die Nase als auch den Mund mit Ihren Lippen und atmen in Nase und Mund des Babys hinein.
Herzdruckmassage bei Kindern
Gibt das Kind nach 5 Beatmungszyklen weiterhin kein Lebenszeichen von sich, müssen Sie als nächstes eine Herzdruckmassage durchführen.
Bei der Reanimation eines Babys nutzen Sie nicht – wie bei einem Erwachsenen – den gesamten Handballen, um Druck auf den Brustkorb auszuüben. Stattdessen verwenden Sie lediglich zwei Finger, im Regelfall Zeige- und Mittelfinger. Legen Sie die Finger aneinander und setzen Sie sie senkrecht mit den Fingerspitzen im unteren Bereich des Brustkorbs auf das Brustbein auf, etwa mittig vom Oberkörper und unmittelbar unterhalb der Brustwarzen. Drücken Sie nun insgesamt 30-mal mit einer Frequenz von 120/min (also zweimal drücken innerhalb einer Sekunde) auf die Brust. Dabei sollten Sie das Brustbein etwa drei bis vier Zentimeter tief nach unten drücken. Es ist wichtig, dass Sie den Brustkorb nach jedem Druck kurz vollständig entlasten, damit sich das Herz ausreichend mit Blut füllen kann.
Nach insgesamt 30 Kompressionen setzen Sie zunächst die Beatmung mit zwei Atemstößen fort und beginnen danach wieder mit der Herzdruckmassage, gefolgt von zwei Atemstößen. Führen Sie die Herz-Lungen-Wiederbelebung so lange durch, bis der Rettungsdienst eintrifft oder das Kind ein Lebenszeichen von sich gibt. Dazu zählen zum Beispiel eine normale Atmung, Husten, Schlucken, Bewegungen oder Lautäußerungen.
Für die Wiederbelebung eines Kleinkindes (ein bis drei Jahre) verwenden Sie nicht zwei Finger, sondern Ihren Handballen, den Sie im unteren Bereich des Brustbeins auf den Brustkorb aufsetzen. Dann drücken Sie den Brustkorb mit durchgestrecktem Arm etwa fünf Zentimeter tief nach unten. Bei älteren Kindern können Sie, wie bei Erwachsenen, beide Hände übereinanderlegen, um stärkeren Druck ausüben zu können. Drücken Sie auch in diesem Fall insgesamt 30-mal mit einer Frequenz von 120 pro Minute und beatmen Sie das Kind danach zweimal.
Reanimation mit einem Defibrillator
An öffentlichen Plätzen steht für die Wiederbelebung oft ein sogenannter Defibrillator (AED-Gerät, Automatisierter Externer Defibrillator) zur Verfügung, der die Herzdruckmassage ersetzt. AED sind für Kinder ab einem Jahr geeignet und auch für Laien leicht zu bedienen. Ist ein AED vorhanden, schließen Sie ihn entsprechend der Sprachanweisungen an. Verwenden Sie dabei für Kinder bis etwa acht Jahre die speziellen Kinderelektroden.
Wichtig ist, dass es durch das Beschaffen des AED nicht zu Verzögerungen oder Unterbrechungen bei den Erste-Hilfe-Maßnahmen kommt. Bitten Sie daher unbedingt umstehende Personen um Hilfe, um den AED zu holen, wenn sich dieser nicht in unmittelbarer Reichweite befindet, und führen Sie bis dahin eine normale Herz-Lungen-Wiederbelebung durch.
Rettungsdienst einschalten: Der richtige Zeitpunkt
Ist ein Kind bewusstlos, ist ein Notruf (112) immer unverzichtbar. Grundsätzlich gilt: Verständigen Sie den Rettungsdienst so früh wie möglich. Der genaue Zeitpunkt hängt von zwei Faktoren ab, nämlich:
der Anwesenheit weiterer Personen
dem Zustand des Kindes
Sind andere Menschen in der Nähe, bitten Sie sie um Hilfe: Kümmern Sie sich umgehend um das Kind, während die andere Person zeitgleich den Notruf absetzt.
Sind Sie allein, prüfen Sie zunächst Bewusstsein und Atmung des Kindes. Ist das Kind bei Bewusstsein, rufen Sie den Notarzt sofort. Ist es nicht bei Bewusstsein, überprüfen Sie erst die Atmung. Atmet das Kind, informieren Sie im nächsten Schritt den Notarzt und bringen es danach in die stabile Seitenlage. Atmet es nicht, beginnen Sie stattdessen unmittelbar mit der Beatmung. Reagiert das Kind auf die ersten fünf Beatmungen und gibt ein Lebenszeichen von sich, rufen Sie nun den Notarzt und bringen Sie das Kind danach in die stabile Seitenlage.
Reagiert das Kind nicht, machen Sie stattdessen ohne Verzögerungen mit der Herzdruckmassage weiter. Rufen Sie den Notarzt in diesem Fall erst, wenn Sie die vollständige Herz-Lungen-Wiederbelebung mit Beatmung und Herzdruckmassage für eine Minute durchgeführt haben. Haben Sie ein Mobiltelefon mit Freisprecheinrichtung zur Hand, können Sie den Notarzt auch direkt nach den ersten fünf Beatmungen einschalten, allerdings müssen Sie währenddessen parallel mit der Herz-Lungen-Wiederbelebung fortfahren. Die Reanimation steht also immer im Vordergrund.
Die folgende Abbildung fasst zusammen, wann Sie den Rettungsdienst verständigen, wenn Sie mit einem reanimationsbedürftigen Kind allein sind.
Der Rettungsdienst ist europaweit unter der Rufnummer 112 zu erreichen. Die Mitarbeitenden der Leitstelle, die den Anruf entgegennehmen, sind im Umgang mit Notfällen geschult: Sie stellen zum einen alle notwendigen Fragen, um sich rasch ein Bild von der Situation zu machen. Zum anderen bleiben sie bei Bedarf so lange in der Leitung, bis professionelle Hilfe eintrifft und unterstützen in dieser Zeit bei den Erste-Hilfe-Maßnahmen.
5-W-Regel: Das müssen die Rettungskräfte wissen
Wer ruft an? Geben Sie Ihren vollständigen Namen sowie eine Rufnummer an, unter der Sie erreichbar sind.
Was ist passiert? Geben Sie eine kurze, genaue Beschreibung dessen, was Sie beobachtet haben.
Wo wird Hilfe benötigt? Machen Sie genaue Angaben zur Adresse, einschließlich Ort und Stadtteil, Straße, Hausnummer und Etage, und geben Sie weitere Informationen, die es dem Notdienst erleichtern, den Unfallort schnell zu finden.
Wie viele Verletzte? Geben Sie an, wie viele Kinder verletzt sind.
Welche Verletzungen? Beschreiben Sie den Zustand des verletzten Kindes, also z.B. welche Verletzungen erkennbar sind und ob das Kind bei Bewusstsein ist.
Erste-Hilfe-Kurs für Eltern

Muss ein Baby oder Kind wiederbelebt werden, ist dies für die Eltern oder andere Angehörige eine extreme Stresssituation. Und dennoch ist es entscheidend, Ruhe zu bewahren und sehr schnell zu reagieren. Dies gelingt am besten, wenn man zuvor gelernt hat, was im Notfall zu tun ist. Viele Hilfsorganisationen wie Malteser oder Johanniter, aber auch einige Krankenhäuser und andere Einrichtungen, bieten deshalb Erste-Hilfe-Kurse, die sich speziell an Eltern und Großeltern, Erzieherinnen und Erzieher sowie andere Betreuungspersonen richten.
Erste-Hilfe-Kurse sind keineswegs nur für Erwachsene sinnvoll: Auch für die Kleinen gibt es mittlerweile entsprechende Angebote. In den Kursen werden bereits Kindergarten- und Grundschulkinder altersgerecht und spielerisch an das Thema herangeführt. Wenn man weiß, wie man sich im Notfall verhält, wird es leichter und selbstverständlicher, anderen zu helfen.
Informationen zur Reanimation bei Erwachsenen finden Sie im Beitrag "Erste Hilfe: Das sollten Sie im Notfall beachten“.
Hinweis: Diese Informationen wurden sorgfältig recherchiert, ersetzen jedoch nicht die Beratung durch eine Ärztin oder einen Arzt. Alle Angaben ohne Gewähr.
Autorin: Brit Neuhaus, Medizinredakteurin
Malteser: Anleitung stabile Seitenlage: Richtig handeln, wenn jemand bewusstlos wird, unter: https://www.malteser.de/aware/hilfreich/stabile-seitenlage-darauf-musst-du-achten.html (Abruf: 22.10.2024)
Universitätsklinikum Bonn: Wiederbelebung (Reanimation) bei Säuglingen/Babys, unter: https://www.kindernotfall-bonn.de/wiederbelebung-kind/ (Abruf: 22.10.2024)
Universitätsklinikum Bonn: Wiederbelebung/Reanimation Kind, unter: https://www.kindernotfall-bonn.de/wiederbelebung-reanimation-kind/ (Abruf: 22.10.2024)
Malteser: Erste Hilfe für Babys und Kinder – das solltest du wissen, unter: https://www.malteser.de/aware/hilfreich/erste-hilfe-fuer-babys-und-kinder-die-wichtigsten-tipps.html (Abruf: 22.10..2024)
Bundesministerium Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz: 1x1 der Ersten Hilfe bei Kindern, Stand 01/2019, unter: https://www.gesundheit.gv.at/krankheiten/erste-hilfe/kindernotfaelle/erste-hilfe-bei-kindern.html (Abruf: 22.10.2024)
Malteser: Erste Hilfe bei Kindernotfällen, unter: https://www.malteser.de/kursangebote/kindernotfaelle.html (Abruf: 22.10.2024)
Johanniter: Erste Hilfe am Kind, unter: https://www.johanniter.de/dienste-leistungen/medizinische-hilfe/erste-hilfe/erste-hilfe-kurse-fuer-privatpersonen/erste-hilfe-am-kind/ (Abruf: 22.10.2024)
Gewerkschaft der Polizei: Erste-Hilfe-Kurse für Kinder, unter: https://www.polizei-dein-partner.de/themen/schule/detailansicht-schule/artikel/erste-hilfe-kurse-fuer-kinder.html (Abruf: 22.10.2024)
Deutsches Rotes Kreuz: Herz-Lungen-Wiederbelebung bei Säuglingen und Kleinkindern, unter: https://www.drk.de/hilfe-in-deutschland/erste-hilfe/wiederbelebung-bei-kindern-und-saeuglingen/ (Abruf: 22.10.2024)
Eich, C. & Landsleitner, B. Die kardiopulmonale Reanimation von Kindern (Paediatric Life Support), unter: https://www.thieme-connect.de/products/ejournals/pdf/10.1055/s-0042-113436.pdf (Abruf: 22.10.2024)