Zukunftsforum Verkehrspolitik: Das Auto bleibt die Nummer eins
Wie steht es um die Verkehrspolitik des Freistaats? Beim Zukunftsforum des ADAC Südbayern debattierte Geschäftsführer Björn Dosch mit dem bayerischen Verkehrsminister Christian Bernreiter und Mobilitätsforscher Klaus Bogenberger den Status quo sowie kommende Herausforderungen. Wir fassen die wichtigsten Aussagen zusammen.
Ein Jahr ist seit den letzten Landtagswahlen in Bayern vergangen — Grund genug, einen kritischen Blick auf die Herausforderungen der bayerischen Verkehrspolitik zu richten und eine erste Zwischenbilanz zu ziehen. Dafür lud der ADAC Südbayern am Dienstag, dem 19. November 2024 zur verkehrspolitischen Podiumsdiskussion nach München. Den Beginn machte der Bayerische Staatsminister für Wohnen, Bau und Verkehr, Christian Bernreiter, mit einem knapp halbstündigen Impulsvortrag.
Minister wünscht sich deutlich verlässlichere Investitionen durch den Bund
Mit seinen rund zwei Millionen Mitgliedern in Südbayern sei der ADAC ein wichtiger Gesprächspartner für die bayerische Landespolitik, gab CSU-Verkehrsminister Bernreiter zu Beginn seines Vortrags zu verstehen. Er zog eine positive Bilanz der bisherigen Legislaturperiode und nannte Rekordsummen im Straßenausbau, hohe Investitionen in den Erhalt der Bundesstraßen sowie Verbunderweiterungen im öffentlichen Verkehr. Es fehle allerdings vielerorts die entsprechende finanzielle Ausstattung durch den Bund, beispielsweise bei der Digitalisierung oder einem flächendeckenden Ausbau des Bahnnetzes. Auf Länderebene sei auch die Finanzierung des Deutschlandtickets ein großer Kostenpunkt.
Keine restriktive Autopolitik
Beim Blick auf die zukünftige Mobilität in Bayern gab sich der Minister diplomatisch: „Für uns ist wichtig, dass wir die gesamte Infrastruktur im Blick haben, alle Verkehrsmittel sind gleich wichtig.“ Man müsse in neue Mobilitätsformen investieren, dabei aber die Wahlfreiheit weiter garantieren. Gerade im ländlichen Raum werde man in Zukunft weiterhin auf den Individualverkehr angewiesen sein. Auch wenn der Personalverkehr auf der Schiene in Zukunft wachsen und der Radverkehr deutlich ausgebaut werde, machte der Minister unmissverständlich klar: „Das Auto bleibt das am meisten genutzte Verkehrsmittel.“ Auch deshalb warnte Bernreiter mit Blick auf die Zulieferer im Freistaat vor den Auswirkungen einer möglicherweise zu restriktiven Autopolitik seitens des Bundes. Stattdessen machte er sich für mehr Vertrauen in E-Mobilität stark und kritisierte das Auslaufen der E-Auto-Förderung.
Weitestgehend Einigkeit auf dem Podium
Im Anschluss stellte sich der Minister einer von BR-Moderator Andreas Bachmann geführten Podiumsdiskussion mit ADAC Südbayern-Geschäftsführer Björn Dosch sowie Mobilitätsforscher Prof. Dr. Klaus Bogenberger von der TU München. Beim Thema Deutschlandticket war sich die Runde einig: Der Gedanke sei gut und wichtig, die Umsetzung allenfalls fragwürdig, vor allem die Infrastruktur und das Angebot müssten zunächst verbessert werden. Auf die anschließende Frage, wie der ADAC die Zukunft gerade in Konkurrenz zu alternativen Mobilitätsformen gerne sehen und gestalten würde, meinte Geschäftsführer Björn Dosch, dass natürlich auch alle anderen Verkehrsmittel genutzt werden sollen. Dennoch wünschte er sich ein „Mobilitätsland mit Blick aufs Automobil.“ Einer Meinung waren die Diskutanten auch beim Thema Verkehrsinfrastruktur, die seit Jahren „auf Verschleiß“ gefahren werde. Forscher Bogenberger merkte am Beispiel der Dresdener Carolabrücke an, dass es nach derzeitiger finanzieller Lage vor allem um den Erhalt der Verkehrsinfrastruktur gehen müsse: „Beim Ausbau muss man dann genau schauen und abwägen.“
Finanzierung der Mobilitätswende
Auch in puncto Mobilitätswende war die Forderung nach mehr Investitionen durch den Bund Thema. Könnte eine PKW-Maut, wie jüngst erneut von Wirtschaftsweisen ins Spiel gebracht, die Lösung sein? „Eine Nutzerfinanzierung macht absolut Sinn — allerdings nur zweckgebunden“, meinte Bogenberger. Viel zu häufig würden auf solche Weise generierte Gelder politisch zweckentfremdet. „Ich halte das für keinen übermäßig innovativen Vorschlag“, meinte Dosch vom ADAC hingegen und führte aus: „Ich glaube, es ist in Deutschland nicht das Problem, dass Autofahrer zu wenig zum Steuerhaushalt beitragen.“ Bernreiter stattdessen fordert eine Rückbesinnung auf einer stärker leistungsorientierte Gesellschaft und Kürzungen an anderen Stellen. Den Wohlstand müsse man sich eben auch erarbeiten.
Hat Deutschland die E-Mobilität verschlafen?
Bezüglich der E-Mobilität in Deutschland konstatierte Bogenberger anschließend: Die deutsche Autoindustrie sei tatsächlich sehr weit hinter Tesla oder die chinesische Konkurrenz zurückgefallen — möglicherweise bereits zu weit. Auch Dosch hob hervor, dass man sich von Seiten des ADAC gewünscht hätte, „dass man breiter an das Thema herangeht“ und Innovation vor allem „durch attraktive Angebote“ angekurbelt hätte. Dennoch betrachtete die Runde das Thema nicht als verloren: Angesichts der kommenden Bundestagswahl forderte Dosch für die Parteiprogramme mehr „marktwirtschaftliche Prinzipien“ bei der Verkehrswende, ohne die soziale Komponente aus den Augen zu verlieren. Mobilitätsforscher Bogenberger warf abschließend derweil einen Blick in die mittelbare Zukunft und wünschte sich eine bessere Förderung der Forschung hinsichtlich autonomer Fahrsysteme, während Minister Bernreiter klarstellte: „Ich kämpfe für das Vorankommen der Verkehrsinfrastruktur sowie die finanzielle Absicherung des öffentlichen Verkehrs durch die Regionalisierungsmittel.“
Zur Gesamtaufzeichnung der Veranstaltung
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